Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) will höhere Schulden in Europa zulassen. (Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka)
Europa

Gabriel will mehr Schulden erlauben

Der neue Außenminister Sigmar Gabriel möchte einigen europäischen Ländern höhere Haushaltsdefizite zugestehen. Bei der Union trifft der SPD-Politiker damit auf einhellige Ablehnung. CDU und CSU bestehen darauf, dass getroffene Vereinbarungen eingehalten werden.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich erneut für eine weniger strenge Finanz- und Schuldenpolitik in der EU ausgesprochen. Es mache „keinen Sinn“, Frankreich „keinen Millimeter Spielraum“ zu geben, oder mit Italien über 0,2 Prozent des Haushaltsdefizits „bis aufs Mark zu streiten“, sagte der Vizekanzler am Sonntag im Bericht aus Berlin. Den Ländern, die Reformen durchführten, solle die EU Zeit geben, ihre Defizite abzubauen. Als Beispiele nannte er Frankreich, Italien und Portugal. Zugleich müsse in Wachstum und Beschäftigung investiert werden, „damit die Menschen sehen, dass sie was von Europa haben“.

Laxe Regeln für Griechenland?

Damit positioniert sich Gabriel erneut gegen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der auf strikte Einhaltung der Abmachungen pocht. Bereits in der vergangen Woche hatte sich Gabriel in einem Brief an das Bundeskanzleramt über die aus seiner Sicht zu harte Haltung des Bundesfinanzminister gegenüber Griechenland beschwert. Das hatte zuerst das Handelsblatt berichtet. Demnach verlangte Gabriel, Berlin solle „eine konstruktive Rolle einnehmen“, damit sich die Lage in Europa in diesem Frühjahr nicht wieder zuspitze. Er schlug vor, die Auflagen für Griechenland zu lockern. So sollte das Primärüberschuss-Ziel ab 2018 für begrenzt werden begrenzen. Danach könnte es reduziert werden, ohne dass ein Schuldenschnitt nötig werde. Griechenland hat mit seinen Gläubigern vereinbart, ab 2018 einen Haushaltsüberschuss in Höhe von 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erzielen – ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen und des Schuldendienstes.

Schäuble warnt vor Milliarden-Risiken

Schäuble wies Gabriels Vorstoß umgehend zurück.  Eine Lockerung der Sparauflagen würde die Geldgeber teuer zu stehen kommen. Denn je geringer die Etatüberschüsse in Athen, desto weniger könne es seine langfristigen Schulden selbst abtragen und desto höher müssten später die Schuldenerleichterungen der Geldgeber ausfallen. Nach Berechnungen des Finanzministeriums würde Deutschland dadurch 100 Milliarden Euro verlieren. Das sei nicht im deutschen Interesse, so Schäuble.

Um den Euro stabil zu halten, müssten Regeln und Vereinbarungen eingehalten werden, erklärte der Finanzminister. „Wenn Griechenland wieder und wieder nicht macht, wozu es sich verpflichtet hat, wird es auf die Dauer nicht gehen“, warnte er.

Wir lehnen es ab, die Haushaltsregeln aufzuweichen oder vom Konsolidierungskurs abzuweichen.

CSU-Landesgruppe im Bundestag

Auch andere Unionspolitiker übten deutliche Kritik an Gabriels Vorschlag. „Wer die Rechtspopulisten Petry in Deutschland, Wilders in Holland und Le Pen in Frankreich stärken will, muss genau das machen, was Gabriel jetzt macht: Schuldenerleichterungen für Griechenland fordern“, warnte der europapolitische Sprecher der Union, Gunther Krichbaum in der Rheinischen Post. Noch deutlicher äußerte sich der Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Union, Christian von Stetten: „Trotz des Wahljahres sollten wir den Bürgern keinen Sand in die Augen streuen, sondern offen und ehrlich das griechische Problem ansprechen und den Weg Griechenlands aus dem Euro in freundschaftlicher Art und Weise begleiten.“

CSU verlangt weitere Reformen

Die CSU-Bundestagsabgeordneten haben sich auf ihrer Klausurtagung in Kloster Seeon zu Beginn des Jahres ebenfalls dafür ausgesprochen, den eingeschlagenen Weg von Reformen und Schuldenabbau konsequent weiter zu verfolgen. „Wir lehnen es ab, die Haushaltsregeln aufzuweichen oder vom Konsolidierungskurs abzuweichen“, schreiben die Parlamentarier in einem Papier zu Europa. Besonders kritisch sieht die CSU die Entwicklung in Italien und Frankreich – den Ländern, denen Gabriel jetzt entgegen kommen möchte. Dort würden linke Regierungen bei Reformen bremsen. Ganz eindeutig ist die Haltung der CSU-Politiker mit Blick auf Griechenland: „Ein einseitiges Abgehen von den vereinbarten Reformanstrengungen darf es nicht geben.“