Im hohen Bogen: Ein Bauer im Allgäu verteilt Gülle auf seinem Acker. (Foto: Imago/Imagebroker)
Landwirtschaft

Klares Wasser und trübe Brühe

Zum Auftakt der deutschen G20-Präsidentschaft beschließen die Agrarminister der wichtigsten Industrieländer, den nachhaltigen Umgang mit Wasser zu verbessern. Die EU-Kommission hat die Bundesrepublik im vergangenen Herbst sogar wegen zu starker Nitrat-Verunreinigung deutscher Gewässer verklagt. Hauptursache: Überdüngung mit Gülle und Mist.

Zum Auftakt der deutschen G20-Präsidentschaft haben sich die Agrarminister der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf einen Aktionsplan zum nachhaltigen Umgang mit Wasser verständigt. Das Treffen war die erste Ministerkonferenz im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt wertete dies als „ein gutes und wichtiges Signal“. Als Erfolg wertet er, dass unter der deutschen G20-Präsidentschaft ein eigener Agrar-Arbeitsstrang eingerichtet wurde. „Die deutsche Präsidentschaft trägt damit der fundamentalen Rolle der Landwirtschaft bei der Bewältigung globaler Zukunftsaufgaben Rechnung: Der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung, dem Klimaschutz und der Bekämpfung sozialer und ökonomischer Fluchtursachen“, sagte Schmidt.

Die G20 stehen für 60 Prozent der global bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche sowie 80 Prozent Erzeugung der gehandelten Grundnahrungsmittel.

Christian Schmidt, Bundeslandwirtschaftsminister

Nach Ansicht des Ministers werden sich die großen Zukunftsaufgaben ohne eine leistungsfähige, innovative, nachhaltige und regional verwurzelten Landwirtschaft nicht bewältigen lassen. Da die Weltbevölkerung weiter wächst, müssten die Bauern noch produktiver, nachhaltiger und verantwortungsvoller mit den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen.

Konzertierte Aktion

Der so genannte „Action-Plan“ der G20-Agrarminister sieht Verpflichtungen vor, die den nachhaltigen Umgang mit Wasser sichern sollen. Sie betreffen die Bereiche Politik, Technik, Forschung sowie den Wissens- und Erfahrungsaustausch. Der Aktionsplan enthält eine Reihe von Absichtserklärungen der beteiligten Minister, in denen sie sich zu „Ansätzen bekennen, die den nachhaltigen Gebrauch von Wasser in der Lebensmittel-Herstellung und der landwirtschaftlichen Produktion verbessern“. Sie versprechen, „Wasser und wasser-bezogene Ökosysteme zu schützen, indem wir wasser-freundliche, nachhaltige Agrar-Praktiken und -Technologien unterstützen“. Und kündigen an, „den Austausch von Forschungsergebnissen, Technologien und Wissen zu fördern zwischen Staaten, aber auch zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor“.

Entscheidend für die Produktion auf Feldern und in Ställen ist nach Einschätzung von Minister Schmidt, dass die Landwirtschaft über genügend sauberes Wasser verfügt. Als größter Wassernutzer trage der Agrar-Sektor aber auch Verantwortung für den schonenden Umgang mit Wasser. „Das haben wir heute mit unserer gemeinsamen Erklärung unterstrichen, dafür bringen wir den ‚Action Plan‘ auf den Weg“, sagte Schmidt.

EU verklagt die Bundesrepublik

Beim Gewässerschutz sieht sich der deutsche Landwirtschaftsminister allerdings mit widerspenstigen Bauern konfrontiert – und mit Ärger aus Brüssel. Die EU-Kommission hat die Bundesrepublik im vergangenen November vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen zu hoher Nitratbelastung des Grundwassers und der Oberflächengewässer verklagt. Als Hauptursache dafür gilt die Überdüngung der Böden mit Gülle und Mist, insbesondere in Gegenden mit großen „Agrarfabriken“ und Großställen wie Niedersachsen.

Dem „Nitratbericht 2016“ des Bundesumweltministeriums zufolge übersteigen die Nitratgehalte an 28 Prozent aller untersuchten Grundwassermessstellen den zulässigen Grenzwert von 50 Milligram pro Liter. Bis zu 15 Milligramm pro Liter können maximal natürlicher Herkunft sein, so das Bayerische Landesamt für Umwelt. Anders beim Trinkwasser: Hier wird noch unbelastetes Wasser hinzugemischt, so dass fast nirgendwo der Grenzwert überschritten wird. Seit Jahren streiten sich Landwirtschaftsministerium, Umweltministerium und Agrar-Interessenverbände über die Novelle der Düngeverordnung, welche spürbare Einschränkungen für Landwirte bringen könnte. In Kraft treten konnte die neue Bestimmung bislang nicht. Die Bundesregierung geht allerdings davon aus, dass mit den vorgesehenen Regelungen des Entwurfs die Vorgaben der europäischen Nitratrichtlinie erfüllt werden könnten.

Spätestens 2012 hätten Bund und Länder laut Klageschrift der EU-Kommission die Vorschriften zum Schutz der Gewässer vor zu viel Nitrat aus der Landwirtschaft verschärfen müssen. Trotz weiterhin hoher Nitratwerte habe Deutschland keine strengeren Gegenmaßnahmen ergriffen, zu denen das Land aber laut EU-Recht verpflichtet ist. Im Falle einer Verurteilung durch den EuGH drohen Deutschland Strafzahlungen in bis zu sechsstelliger Höhe pro Tag. Im Extremfall könnte das Urteil aber auch Deutschland dazu zwingen, bestimmte Punkte sofort in Gesetzesform zu bringen, sogar das Verbot von Landwirtschaft in besonders nitratbelasteten Gebieten wäre möglich. 2014 gab der EuGH einer Klage der Kommission gegen Frankreich wegen zu hoher Werte statt, da das Land gegen die EU-Nitratrichtlinie verstoßen hatte. Das Strafmaß wird derzeit verhandelt: Diskutiert wird dabei über eine Geldstrafe von bis zu drei Milliarden Euro.