Das 70. Jubiläum der Bayerischen Verfassung wurde mit einem Festakt des Freistaats gewürdigt. (Foto: Wolfram Göll)
70. Geburtstag

Ein Festakt für die „beste Verfassung“

Im Nationaltheater in München haben die Spitzen von Landtag, Staatsregierung und Justiz einen Festakt zu 70 Jahren Bayerische Verfassung begangen. Ministerpräsident Seehofer lobte sie als die „beste Verfassung“, Landtagspräsidentin Stamm nannte sie eine „gute Richtschnur“ auch für die Zukunft. Festredner Paul Kirchhof riet allen Nichtbayern, die Verfassung zweimal zu lesen.

Die Bayerische Verfassung ist für Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die „beste Verfassung“ – darum sei auch Bayern in bester Verfassung. Bei einem Festakt zum 70. Jubiläum der Verfassung im Nationaltheater in München sagte er vor mehreren hundert geladenen Gästen aus Landtag, Staatsregierung und Justiz, die Verfassungsväter hätten „mit großem Weitblick einen Garanten für Stabilität geschaffen. Daher leben wir heute in der stabilsten Demokratie, die wir je hatten“. Der Freistaat sei „fraglos weltanschaulich neutral, aber nicht werteneutral“. Die Verfassung sei das Fundament, das der Demokratie in Bayern eine belastbare Statik und ein Vertrauen gebe.

Die Demokratie stützt sich nicht nur auf Paragraphen, sondern auf die Tag für Tag gelebte Verantwortung der Bürger.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer

Was man aber nicht in der Verfassung festschreiben könne, sei „die Verantwortung voreinander, der Einsatz für Demokratie und Rechtsstaat, gegen Extremismus von rechts und von links, gegen Antisemitismus“, so Seehofer. Dabei nahm er – wie das auch die Verfassung selbst tut – das Engagement der Bürger in die Pflicht: „Die Demokratie braucht Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht. Wir legen heute Bekenntnis ab für Demokratie, Grundwerte und Verfassung.“ Die Bürger in Bayern bewiesen Folgendes, sagte der Ministerpräsident: „Die Demokratie ist lebendig, sie stützt sich nicht nur auf Paragraphen, sondern auch auf die Tag für Tag gelebte Verantwortung der Bürger.“

Richtschnur auch für die Zukunft

„Bei der Werteorientierung war uns die Verfassung immer eine gute Richtschnur und das muss sie auch in Zukunft sein, denn die Herausforderungen sind außergewöhnlich groß“, sagte Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU). Die Gesellschaft müsse alles tun, um eine Spaltung zu vermeiden. Dabei müssten auch all jene mitgenommen werden, die Angst vor Veränderungen in der Welt haben.

In unserem Land müssen Jung und Alt, Stadt und Land die gleichen Chancen haben.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm

„Das Land braucht auch künftig einen starken Zusammenhalt, wir müssen eine Spaltung verhindern. In unserem Land müssen Jung und Alt, Stadt und Land die gleichen Chancen haben“, sagte Stamm.

Gerade in einer schnellen Zeit mit „überhand nehmenden Zentrifugalkräften“ sei die Stabilität gebende Verfassung besonders wichtig, sagte der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Peter Küspert. Zwar seien 1946 heutige Fragen wie zu Windkraft, Kopftüchern oder Rauchverbot kein Thema gewesen, jedoch gebe die Verfassung die Möglichkeit, auf alles einzugehen.

Die Verfassung schützt die Freiheit

Der langjährige Bundesverfassungsrichter und frühere Präsident des Deutschen Juristentages, Paul Kirchhof, sagte als Festredner: „Die Bayerische Verfassung trotzt der Zeit, aber sie lebt in der Zeit.“ Die Verfassung garantiere nicht nur die Freiheit, sondern schütze auch deren Voraussetzungen: Ehe und Familie, Schule und Hochschule sowie den Mittelstand. „Gerechtigkeit ist nicht nur eine Utopie, die der Mensch sowieso nie erreicht“, so Kirchhof weiter. Aber das Streben nach Gerechtigkeit sei ein Auftrag an die politisch Handelnden.

Liebe Bayern: Ziehen Sie sich in ein stilles Kämmerchen zurück und lesen Sie die Verfassung. Liebe Nichtbayern: Kaufen Sie sich eine Bayerische Verfassung, ziehen Sie sich in ein stilles Kämmerchen zurück und lesen Sie die Verfassung – zweimal.

Paul Kirchhof, langjähriger Bundesverfassungsrichter

Abschließend forderte Kirchhof die Bayern auf, sich mit der Verfassung in ein stilles Kämmerchen zurückzuziehen und sie zu lesen. Die Nichtbayern sollten sich eine Bayerische Verfassung kaufen, sich ebenfalls zurückziehen und sie sogar zweimal lesen.

(BR/dpa/wog)