Kein Nikab zur besten Sendezeit
Der Auftritt einer vollverschleierten Muslimin in der Talkshow von Anne Will ruft scharfe Kritik und Empörung hervor. Zuschauer und Politiker von CDU und CSU sprechen von einer Plattform für radikalen Islamismus, den die ARD durch die Einladung der Frau geboten hätte. Der Sender wehrt sich gegen die Vorwürfe - und das, obwohl die Schweizer Justiz die ARD sogar noch vor der Einladung gewarnt hatte.
TV-Debatte

Kein Nikab zur besten Sendezeit

Der Auftritt einer vollverschleierten Muslimin in der Talkshow von Anne Will ruft scharfe Kritik und Empörung hervor. Zuschauer und Politiker von CDU und CSU sprechen von einer Plattform für radikalen Islamismus, den die ARD durch die Einladung der Frau geboten hätte. Der Sender wehrt sich gegen die Vorwürfe - und das, obwohl die Schweizer Justiz die ARD sogar noch vor der Einladung gewarnt hatte.

Die Ausgabe der ARD-Talkshow „Anne Will“ sorgt weiterhin für heftige Diskussionen. Die Verantwortlichen der Sendung hatten die Schweizer Muslima Nora Illi eingeladen, die überzeugte Trägerin der Vollverschleierung „Nikab“ und Frauenbeauftragte des höchst umstrittenen „Islamischen Zentralrates“ der Schweiz (IZRS) ist. In der Sendung war die Frau mit anderen Gästen wie dem CDU-Politiker Wolfgang Bosbach oder dem Islamwissenschaftler Ahmad Mansour teils heftig aneinander geraten – für besondere Empörung sorgte etwa ihre Aussage, sie fühle sich durch den Nikab „als Frau befreit“.

Kritik an Einladung umstrittener Muslima

Für noch hitzigere Diskussionen sorgt im Nachgang der Sendung jetzt aber die Frage, ob die ARD überhaupt eine vollverschleierte Frau in die Sendung hätte einladen dürfen. Neben einem regelrechten Shitstorm der TV-Zuschauer, die ihrem Ärger besonders in den sozialen Netzwerken Luft machten, kommen auch aus der Politik kritische Reaktionen.

Für die CSU meldete sich Innenexperte Stephan Mayer zu Wort: „Wer unverhohlen für die islamistische Ideologie wirbt und die Verbrechen von Islamisten relativiert, hat im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nichts verloren“, sagte Mayer der BILD-Zeitung. Er verwies auch auf die GEZ-Gebühren, die nicht zur Verbreitung „islamistischer Propaganda“ benutzt werden dürften. Ins selbe Horn stößt auch der Welt-Journalist Henryk Broder. In einem Kommentar kündigte er an, aus Protest keine Rundfunkgebühren mehr bezahlen zu wollen.

Mit GEZ-Gebühren darf islamistischer Propaganda keine Bühne geboten werden.

Stephan Mayer (CSU)

Und auch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach – selbst Gast in der Sendung vom Sonntag – äußerte sich im Nachhinein skeptisch, ob es richtig war, Nora Illi einzuladen und deren radikaler Auslegung des Islams eine derart prominente Plattform zu geben. Er habe nach der Sendung lange mit dem Redaktionsleiter von „Anne Will“ gesprochen, um dessen Beweggründe für die Einladung zu erfahren. „Wenn überhaupt, ist die Einladung nur verständlich vor dem Hintergrund des Tatorts vorher“, sagte Bosbach mit Blick auf den Krimi, der vor „Anne Will“ in der ARD zu sehen war und der das Thema Vollverschleierung zum Thema hatte.

Die Auswahl der Gäste, stellte der CDU-Politiker fest, habe wohl „das ganze Meinungsspektrum innerhalb des Islams“ widerspiegeln sollen. Offenbar hatte Bosbach sich während der Sendung auch überlegt, das Studio aus Protest zu verlassen – allerdings hatte er sich dagegen entschieden, wie er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mitteilte: „Sitzen bleiben und argumentieren ist die bessere Form des Protests.“

Bekam Illi Geld für ihren Auftritt?

Zusätzlich steht die Frage im Raum, ob Nora Illi für ihren Auftritt in der Sendung sogar noch Geld bekommen haben könne. Zwar wollte die Muslima gegenüber der BILD dazu keine konkreten Angaben machen – generell ist es bei „Anne Will“ aber gängig, den Gästen zumindest eine Aufwandsentschädigung von 500 Euro zu zahlen.

Schweizer Justiz ist irritiert

Im Heimatland Nora Illis zeigte man sich über den Auftritt der Nikab-Trägerin überrascht. In einem Pressestatement teilte die Staatsanwaltschaft in Zürich mit, man sei „irritiert“ darüber, „dass dem IZRS im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eine Plattform geboten wird“. Man habe die ARD im Vorfeld der Sendung darüber in Kenntnis gesetzt, dass in der Schweiz ein Strafverfahren gegen ein Vorstandsmitglied des Zentralrats laufe. Dabei werde wegen Verstoßes gegen das Verbot von „Al-Qaida“ und weiterer islamistischer Gruppen ermittelt.

ARD verteidigt Entscheidung

Die ARD dagegen verteidigte die Einladung der Frau in die Talkshow. Sie sei „sorgfältig abgewogen“ worden, teilte die verantwortliche NDR-Redakteurin Juliane von Schwerin mit. „Die umstrittene Haltung von Frau Illi zum Beispiel zur Problematik der Ausreise von Jugendlichen nach Syrien ist deutlich zutage getreten und heftig debattiert worden.“ Die Zusammensetzung der Diskussionsrunde habe zu einer „angemessenen wie notwendigen Auseinandersetzung“ geführt, heißt es aus der ARD. Immerhin zeigt sich die Redaktion auch selbstkritisch: Die Tatsache, dass man nicht auf die Mitteilung der Schweizer Justiz reagiert habe, sei „ein Versäumnis“ gewesen. Senderintern hat die Einladung nun jedenfalls Konsequenzen: Wie der NDR bestätigte, will sich der Rundfunkrat in seiner nächsten Sitzung mit dem Fall befassen.