Minderjährige Flüchtlinge, die allein nach Deutschland kommen, werden in der Jugendhilfe betreut. (Foto: imago/Becker&Bredel)
Migranten

Wer zahlt für die jungen Flüchtlinge?

Die bayerischen Bezirke verlangen vom Freistaat, dass er die Kosten für volljährige Migranten in der Jugendhilfe übernimmt. Das Sozialministerium dagegen sieht die hohe Zahl der jungen Flüchtlinge, die in den Einrichtungen bleiben, kritisch.

Die bayerischen Bezirke fordern vom Freistaat mehr Geld für die Betreuung junger, erwachsener Flüchtlinge, wenn diese auch nach ihrem 18. Geburtstag in der Jugendhilfe bleiben. Die Staatsregierung übernimmt bislang die Kosten für minderjährige Ausländer, die ohne ihre Eltern nach Deutschland gekommen sind. Ein großer Teil der jungen Asylbewerber brauche aber auch nach dem 18. Geburtstag noch eine Zeit lang die Hilfe der kommunalen Jugendämter, sagte der Präsident des Bayerischen Bezirketages, Josef Mederer (CSU), jetzt in Nürnberg. „Die können nichts für diese Situation“, verteidigt Mederer die Verlängerung der Jugendhilfe. „Sie müssen die Hilfe bekommen, die sie brauchen.“

Bezirke rechnen mit bis zu 400 Millionen Euro Betreuungskosten

Dadurch entstünden den Bezirken laut Mederer in diesem Jahr Kosten in Höhe von rund 140 Millionen Euro. In den nächsten zwei Jahren wachse dieser Betrag voraussichtlich auf 300 bis 400 Millionen Euro – sofern die Flüchtlingszahlen nicht wieder steigen. „Das sind beängstigende Entwicklungen“, sagte Mederer. Über die Bezirksumlage fallen die Kosten am Ende auf die Landkreise und kreisfreien Gemeinden zurück.

Zuvor hatte sich bereits der Bezirk Schwaben in der gleichen Angelegenheit an die Staatsregierung gewandt. In einem Brief, über den unter anderem der Bayerische Rundfunk berichtet hat, fordert Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert (CSU) ebenfalls eine komplette Kostenübernahme für Flüchtlinge, die, auch nachdem sie volljährig geworden sind, eine Betreuung in der Jugendhilfe benötigen.

Viele Volljährige zu Jahresbeginn

Momentan zahlen nach Reicherts Angaben die schwäbischen Kommunen für rund 350 volljährige Flüchtlinge die Leistungen der Jugendhilfe. Viele Asylbewerber kommen allerdings ohne einen Pass nach Deutschland. Bei ihrer Registrierung nehmen die Behörden daher häufig den 1. Januar als Geburtsdatum. Viele Flüchtlinge werden daher zum Jahresanfang volljährig und auf die Kommunen könnten auf einen Schlag hohe Kosten zukommen. Der Bezirk Schwaben schätzt, dass im kommenden Jahr 731 Flüchtlinge die Volljährigkeit erreichen. Dies würde den Bezirk mit rund 40 Millionen Euro im Jahr belasten.

Wohnung und Job statt Jugendhilfe

Das bayerische Sozialministerium sieht den Verbleib so vieler Flüchtlinge in der Jugendhilfe und die damit verbundenen hohen Kosten kritisch. „Die spezifischen Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, die in der Verantwortung der Kommunen angesiedelt ist, sollten sich auf die Versorgung Minderjähriger konzentrieren“, schreibt das Ministerium in einer Stellungnahme. Junge Volljährige erhielten zum Teil deutlich länger als erforderlich Jugendhilfeleistungen im Rahmen der stationären Heimerziehung und besetzten so Plätze, die in erster Linie Kindern und Jugendlichen vorbehalten sein sollten. „Bei nahender Volljährigkeit rücken erzieherische Bedarfe jedoch immer mehr in den Hintergrund“, so das Sozialministerium. Vorrangig seien dann die Versorgung mit Wohnraum, Hilfe bei der Integration in den Arbeitsmarkt, Bildung und Sprache. Hierfür stünden andere Unterstützungssysteme außerhalb der Jugendhilfe, zum Beispiel die Arbeitsförderung, zur Verfügung. „Aufgabe der Jugendhilfe ist, junge Menschen auf ihrem Weg zu einem selbstständigen und eigenverantwortlichen Leben zu unterstützen“, heißt es weiter in der Stellungnahme aus dem Sozialministerium. „An einer frühen Verselbstständigung sind auch die jungen Menschen selbst interessiert.“

Bayern zahlt bereits 632 Millionen Euro

Das Ministerium verweist darauf, dass der Freistaat seit vergangenen November die Kosten für in Bayern untergebrachte und versorgte unbegleitete Minderjährige trage. Im Haushalt 2016 seien dafür rund 632 Millionen Euro eingestellt. Die Kosten für junge Volljährige übernehme der Freistaat Bayern derzeit nicht. Man stehe aber darüber mit den Kommunalen Spitzenverbänden in Kontakt.

Laut Sozialministerium kamen im Jahr 2015 rund 16.800 unbegleitete minderjährige Ausländer nach Bayern. Bis zum 31. August dieses Jahres seien weitere 4266 registriert worden. Nach Angaben Ministeriums werden derzeit knapp 11.000 unbegleitete minderjährige und junge erwachsene Flüchtlinge in Jugendhilfeeinrichtungen betreut. Bei Tagessätzen von mindestens 150 Euro kostet jeder junge Flüchtling den Staat etwa 60.000 Euro pro Jahr.