Abgelehnte Asylbewerber aus Afghanistan sollen schon bald im Rahmen eines Abkommens in ihre Heimat zurückgeführt werden. (Foto: imago/ Horst Rudel)
Flüchtlinge

Können Afghanen abgeschoben werden?

Es könnte ein Durchbruch beim Dauerthema Rückführung sein: Der Bund steht offenbar kurz vor dem Abschluss einer Rückführungsvereinbarung mit Afghanistan. Bis zum Jahresende soll der Vertrag in trockenen Tüchern sein. Tausende Afghanen müssten dann in ihre Heimat zurückkehren.

Die Bundesregierung will bis Ende des Jahres ein Abkommen zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber mit Afghanistan vereinbaren. Das berichten mehrere Medien unter Berufung auf das Innenministerium.

Dabei sollen abgelehnte Asylbewerber in erster Linie zur freiwilligen Rückkehr in ihr Heimatland bewogen werden. Und tatsächlich scheint diese Methode wirksam zu sein: Während es laut Ministerium im ersten Halbjahr 2016 nur 18 Abschiebungen gab, reisten im selben Zeitraum 2305 Menschen freiwillig aus. Der Vorteil für sie: Die Transportkosten werden vom Bund übernommen. Dazu gibt es eine finanzielle „Reisebeihilfe“ sowie eine zusätzliche Starthilfe in Höhe von 500 Euro.

Verhandlungen machen Fortschritte

Jetzt also scheint bei den Verhandlungen um ein klar definiertes Rückführungsabkommen ein Durchbruch kurz bevor zu stehen. Die Verhandlungen hätten Fortschritte erbracht, hieß es aus dem Bundesinnenministerium. In Berlin erhofft man sich einen Abschluss bis zum Jahresende. Die Bundesrepublik verhandelt seit Anfang des Jahres mit Afghanistan über ein Rückführungsabkommen.

Afghanistan ist zweithäufigstes Herkunftsland

Derzeit leben rund 14.500 ausreisepflichtige Afghanen in Deutschland,13.800 von ihnen haben einen Duldungs-Status. Hinter Syrien liegt Afghanistan aktuell auf Platz zwei der Herkunftsländer von Flüchtlingen – das gaben die Bundesländer nach einer Auswertung ihres Erfassungssystems „Easy“ bekannt. Bis Ende August wurden 43.000 Afghanen registriert. Damit liegt das Land hinter Syrien (79.000), aber noch vor dem Irak (40.500). Die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus Afghanistan ist allerdings nicht sehr hoch: Mehr als 50 Prozent der Asylanträge wurden abgelehnt.

Wie die Bild-Zeitung berichtet, ist die Regierung in Kabul bereit, Flugzeuge für die Rückreise zu chartern – an Bord sollen allerdings jeweils immer nur maximal 50 Passagiere sein, was die Abschiebungen verzögern würde. Konkrete Inhalte des geplanten Abkommens sind bislang nicht bekannt.

Merkel kritisiert Berlins Regierenden Bürgermeister

Unterdessen kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel deutsche Politiker für deren Verhalten in der Asylkrise. Besonders Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller sieht die Kanzlerin stärker in der Pflicht. Mit Blick auf die Zustände beim LaGeSo sagte Merkel der Tagesschau über diesen, dass er „eine Zeit lang so getan hat, als wenn man eine solch große Aufgabe auf einzelne Senatoren delegieren kann“. Sie wisse „aus meiner eigenen Erfahrung, dass man als Regierungschef immer auch verantwortlich ist und nicht sagen kann, da muss sich einer alleine drum kümmern“. Der SPD-Politiker Müller, der sich in wenigen Tagen zur Wiederwahl stellt, hatte CDU-Sozialsenator Mario Czaja für die Zustände vor dem LaGeSo heftig kritisiert.

Kanzlerin kündigt weitere Konzepte zur Integration an

Und auch die deutschen Unternehmer müssten mehr tun, um anerkannte Asylbewerber stärker und schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. „Da muss mehr passieren“, sagte Merkel. Doch auch die Politik müsse noch weitere Vereinfachungen schaffen – etwa beim Umschreiben von syrischen Führerscheinen. „Das Umschreiben einer syrischen Fahrerlaubnis auf eine deutsche kostet rund 500 Euro“, erklärte die Kanzlerin. „Natürlich hat ein Flüchtling nicht sofort 500 Euro – also geht das vielleicht mit einem Darlehens-Programm, um das Geld später zurückzuzahlen, wenn man was verdient. Denn es werden überall Kraftfahrer gesucht.“

Bei einigen ist es im Augenblick schwer, sie mit Argumenten zu erreichen. Und trotzdem müssen wir es immer und immer wieder versuchen.

Angela Merkel

Bei jenen Wählern in Deutschland, die sich von der CDU und ihrer Politik abgewandt haben, will die Kanzlerin weiter kämpfen, um Vertrauen zurückzugewinnen. „Bei einigen ist es im Augenblick schwer, sie mit Argumenten zu erreichen“, sagte Merkel. „Und trotzdem müssen wir es immer und immer wieder versuchen.“ Die Sorgen der Menschen – gerade in der Flüchtlingsfrage – müssten unbedingt ernst genommen werden, sagte die Kanzlerin. „Aber die Politik muss auch auf die Realität hinweisen, dass etwa beim sozialen Wohnungsbau oder der Kita-Förderung nichts gekürzt worden ist.“