Die Debatte um ein Burka-Verbot ist in Deutschland in vollem Gange. (Bild: Imago/ZUMA Press)
Vollschleier

Stimmen für Burkaverbot werden lauter

Die Debatte um ein Burkaverbot in Deutschland kocht wieder hoch. Jetzt erklären Politiker verschiedener Parteien und Vertreter der Gesellschaft, was die Vollverschleierung für sie repräsentiert - und warum sie dagegen sind.

Spätestens nach Bekanntwerden des neuen Sicherheitskonzeptes von Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist die Debatte um ein Burka- und Niqabverbot in der Bundesrepublik wieder in vollem Gange. Zwar hatten sich der Minister und weitere Politiker gegen ein Verbot ausgesprochen – in erster Linie aus juristischen Gründen, weil das zweite Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts leider eine solche Ablehnung befürchten lässt. Kritiker des Urteils fragten allerdings schon damals, warum zwei der fundamentalsten Werte des Grundgesetzes, die Gleichheit von Mann und Frau sowie die Würde des Menschen (hier der Frau), hinter der in der Abwägung weniger wichtigen Religionsfreiheit zurücktreten musste. Noch dazu, wo fraglich ist, ob der Islam überhaupt ein Kopftuch oder gar eine Burka beziehungsweise einen Niqab vorschreibt. Beim Burkaverbot kämen zudem Sicherheitsaspekte bei der Abwägung hinzu, weil sie – im Gegensatz zum Kopftuch – eine Identifizierung unmöglich macht.

Eine große Zahl von Politikern verschiedener Parteien sowie Vertreter von Verbänden und Gesellschaft haben sich jetzt allerdings für das Burkaverbot ausgesprochen – und begründen unter anderem in der BILD-Zeitung, warum sie gegen die Vollverschleierung sind.

„Die Burka steht für ein abwertendes Frauenbild“

Aus der CSU etwa erklärt Verkehrsstaatssekretärin Dorothee Bär ihre Ablehnung mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die in Deutschland verfassungsrechtlich verankert ist. „Jemand, der sich in unsere Gesellschaft integrieren möchte, hat keinen Grund, sein Gesicht zu verstecken“, so Bär. Man habe lange genug für die Gleichberechtigung von Frauen gekämpft. „Wir müssen diese wertvolle Errungenschaft schützen.“ Ihre Bundestagskollegin Katrin Albsteiger nennt in der Bild noch ein anderes Argument:

Wenn ich jemand anlache, will ich wissen, ob er zurück lacht. Nur so geht offene Gesellschaft. Eine Vollverschleierung sorgt für eine Atmosphäre des Misstrauens im öffentlichen Raum.

In die gleiche Kerbe schlägt die Vorsitzende der CDU in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner. Die Vollverschleierung sei kein Zeichen religiöser Vielfalt, sondern stehe für ein „abwertendes Frauenbild“, sagte die stellvertretende CDU-Bundeschefin. „Deutschland ist ein aufgeklärtes und emanzipiertes Land – vormoderne, antiquierte Frauenbilder dürfen wir nicht akzeptieren.“

Vormoderne, antiquierte Frauenbilder dürfen wir nicht akzeptieren.

Julia Klöckner

Der frühere Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), sieht in einem Burkaverbot ein notwendiges gesellschaftlichspolitisches Signal, das laute: „Die Philosophie, die hinter der Burka steht, ist hier unerwünscht.“ Im Sender N24 sagte er: „Das ist auch kein Kleidungsstück, was in eine demokratische Gesellschaft passt. Das ist die Abkapselung, die Unterwerfung der Frau schlechthin.“ Ähnlich sieht es der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. „Ich kenne keinen namhaften Islamwissenschaftler, der mir bislang erklärt hat, aufgrund welcher zwingenden religiösen Vorschrift eine Burka zu tragen ist“, betonte Schuster. Die türkischstämmige Autorin Seyran Ates sieht in der Burka ein Mittel, mit dem die Menschenwürde für die Frauen ausgeschaltet werden könne. „Frauen werden entmenschlicht und verdinglicht, sie werden zum Besitzobjekt für Männer.“

Bosbach: Burka ist Ausdruck von Integrationsfeindlichkeit

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach schreibt der Burka auch Auswirkungen auf die Integrationsbemühungen der Menschen zu. Das Tragen der Vollverschleierung sei „Ausdruck für eine integrationsfeindliche Abgrenzung zu unseren Werten und unserer Tradition, unseren Mitbürgern offen und unverhüllt entgegenzutreten.

Mit ihren Äußerungen treffen die Genannten offenbar den Nerv einer Mehrheit der Bevölkerung: Eine neue Umfrage des Instituts YouGov ergab eine Mehrheit von 62 Prozent der Befragten – sie sprachen sich für ein Verbot der Vollverschleierung in Deutschland aus.

Auch die Sicherheitsbehörden und die Justiz plädieren für ein Burkaverbot, damit man Menschen überhaupt identifizieren und ihre Gesichtszüge bei Aussagen beurteilen kann. In anderen Ländern wie Belgien, Frankreich oder dem Schweizer Kanton Tessin existieren solche Verbote, in den Niederlanden soll es kommen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sie abgesegnet. Aus der Schweiz ist zu hören, dass es keinerlei Probleme damit gebe, das werde von den Frauen klaglos akzeptiert. Die Schleier würden einfach abgenommen.

Verbot als eine Art Hausarrest?

Das Hauptargument der Kritiker eines Verbotes (neben der juristischen Situation in Deutschland) ist, dass man Frauen unter Umständen dazu zwingen würde, nur noch zu Hause zu leben. Dieses Argument unterschlägt allerdings, dass dann deren muslimischen Männer alle Einkäufe und Botengänge machen müssten, die sonst ihre Frauen machen. Das dürfte ihrer patriarchalischen Ansicht nicht gerade entsprechen.

(Bild/dos/avd)