Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle. (Bild: StMBW)
G8 / G9

„Mehr Flexibilität für Bayerns Gymnasien“

Die Entscheidung zum acht- und neunjährigen Gymnasium in Bayern sorgt für mehr Wahlfreiheit und gerechtere Bildungschancen, sagt Kultusminister Spaenle. Der BAYERNKURIER fasst zusammen, was sich ändert, wann es sich ändert - und was bleibt, wie gehabt.

Bayerns Gymnasien sollen künftig selbst festlegen können, ob sie eine achtjährige (G8) oder eine neunjährige (G9) Ausbildung anbieten. Das hat das Bayerische Kabinett bei seiner Klausurtagung in St. Quirin am Tegernsee beschlossen.

Wahlfreiheit für Schulen, Eltern und Schüler

„Ich stelle fest: das G8 für alle ist ebenso überholt wie das G9 für alle“, sagte Kultusminister Ludwig Spaenle bei der Vorstellung der Beschlüsse. Daher biete der Freistaat den Schulen – und damit auch den Schülern und Eltern – künftig eine echte Wahlfreiheit „und mehr Flexibilität“, wie es der CSU-Politiker formulierte. Die Schülerschaft an Bayerns Gymnasien sei „so heterogen wie noch nie“ – und damit auch individuell. Dieser Entwicklung müsse Rechnung getragen werden.

Mehrheit der Gymnasien auf dem Land würde wohl G9 wählen

Dem Willen der Staatsregierung zufolge sollen die Gymnasien im Freistaat ab dem Schuljahr 2018/2019 entweder als G8 oder als G9-Schule firmieren – oder, das ist laut Minister Spaenle auch möglich, beide Versionen anbieten. Bildungseinrichtungen, die beide Züge anbieten, dürften allerdings eher die Ausnahme sein – davon gehen Experten jedenfalls aus. Für die meisten Schulen wäre der Organisations- und Finanzaufwand zu groß. „Die Mehrheit unserer Gymnasien wird sich für eine der beiden Varianten entscheiden.“ Dabei zeigten einige Umfragen, dass sich besonders auf dem Land viele Gymnasien für eine Rückkehr zum G9 entscheiden würden. „Das ist jetzt kein Pauschalurteil, aber eine Tendenz ist erkennbar“, so Spaenle.

Keine neuen Lehrpläne

Bis zum Frühjahr 2018 will das Kultusministerium von den Verantwortlichen der Schulen wissen, ob sie zur neunjährigen Ausbildung zurückkehren wollen. Unverändert bleibt aber auch beim G9: Nach Vollendung des sechsten Gymnasiumjahres wird den Schülern auch weiterhin die Mittlere Reife verliehen. Gleich bleiben wird auch der Lehrplan. „Wir arbeiten auf Basis des Lehrplans für das G8“, erklärte Spaenle. Beim G9-Zug würde der Stoff lediglich für die verlängerte Lernzeit anders aufgeteilt. Die Oberstufe soll auch weiterhin aus zwei Schuljahren bestehen.

Die Schulen sollen entscheiden, wie es für sie passt.

Ludwig Spaenle

Auch wenn der Startschuss – nach Abschluss der Pilotphase im Juli 2017 – zum Schuljahr 2018/2019 fallen soll, können sich Bayerns Gymnasien auch länger Zeit lassen, um zu entscheiden, ob sie zum G9 wechseln wollen oder nicht. „Wir geben den Verantwortlichen auch die Chance, sich das Ganze vielleicht erst einmal ein oder zwei Jahre anzuschauen“, betonte der Kultusminister. „Die Schulen sollen Entscheidungen treffen, wie es für sie passt.“

Spaenle verspricht Kompensation für weite Schulwege

Die Sorge mancher Eltern, ihre Kinder müssten künftig längere Schulwege – und damit höhere Kosten – in Kauf nehmen, um zu der bevorzugten Schulart zu gelangen, versuchte Spaenle zu entkräften. Die sogenannten „Sachaufwandsträger“ – also Landkreise und Gemeinden – würden für zusätzliche Fahrtkosten aufkommen, wenn ein Schüler beispielsweise in einem anderen Landkreis auf ein G9 gehen will. Dabei sei es ihm klar, so der Minister, dass es nicht immer und überall die gewünschte Schulart für jeden Schüler geben könne. „Es wird nicht immer das nächstgelegene Gymnasium sein, das das gewünschte Angebot hat. Aber das spiegelt die Lebenswirklichkeit in einem Flächenstaat wie Bayern wider“, erklärte Spaenle.

Eine einheitliche Lösung, die von Hof bis Lindau gültig wäre, mag vielleicht einfach erscheinen. Doch das ist nicht der Fall.

Ludwig Spaenle

Die jetzt beschlossene Wahlfreiheit sei dabei keinesfalls die „einfache Lösung“ für Bayerns Bildungspolitik. „Eine einheitliche Lösung, die von Hof bis Lindau gültig wäre, mag vielleicht einfach erscheinen. Doch das ist nicht der Fall“, erklärte Spaenle. „Wir müssen auf die Bedürfnisse vor Ort eingehen.“ Und genau dort, so betonte der Minister, müssten jetzt auch die Diskussionen und Entscheidungsrunden starten – „mit allen Beteiligten“, wie Spaenle mahnte. Die Gymnasien müssten jetzt mit Eltern- und Lehrervertretungen, der Politik vor Ort und auch den Schülervertretungen in den Dialog treten, „um die beste Lösung für ihre jeweilige Schule zu finden.“

Das ist Bayerns neues Gymnasium

  • Individuelle Wahlfreiheit für alle Gymnasien in Bayern
  • Keine neuen Lehrpläne
  • Weiterhin Mittlere Reife nach dem sechsten Gymnasialjahr
  • Bayerns Schulgesetze sollen zum 1. August 2017 an eine G8/G9-Wahlfreiheit angepasst werden
  • Entscheidungsfindung innerhalb der Gymnasien bis spätestens Frühjahr 2018
  • Erste offizielle Umstellung ab dem Schuljahr 2018/2019
  • Möglichkeiten für Gymnasien, auch später noch umzustellen
  • Erstattung zusätzlicher Schulwegkosten für Schüler mit weiterer Anreise zum gewünschten Gymnasium