100 Jahre nach der Schlacht von Verdun haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande die Freundschaft ihrer einst verfeindeten Länder beschworen. Der Name Verdun stehe „für unfassbare Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Krieges wie auch für die Lehren daraus und die deutsch-französische Versöhnung“, sagte Merkel bei einer Zeremonie im Rathaus der Stadt im Nordosten Frankreichs. Gemeinsam gedachten die beiden Politiker der mehr als 300.000 Todesopfer der „Hölle von Verdun“.
„Europa wurde aus dem Unglück geboren“
Merkel warnte während der Gedenkfeier vor nationalstaatlichem Denken und Handeln in Europa. Verdun stehe für die Grausamkeit und Sinnlosigkeit schlechthin. Zugleich sei Verdun „ein Symbol der Sehnsucht nach Frieden, der Überwindung von Feindschaft und der deutsch-französischen Aussöhnung“.
Hier ist die Geschichte beklemmend nah. Verdun lässt uns nicht los, Verdun kann und darf uns nicht loslassen.
Angela Merkel, Bundeskanzlerin
Hollande warnte bei der Gedenkzeremonie vor Problemen für die Europäische Union. „Die Kräfte der Spaltung, der Abriegelung, der Abschottung sind wieder am Werk“, sagte er am Beinhaus von Douaumont. „Sie denunzieren Europa als Ursache des Übels und vergessen dabei, dass Europa aus dem Unglück geboren wurde“, sagte der Präsident unter Verweis auf die beiden Weltkriege. Er erinnerte daran, dass die Europäische Union für viele Völker, die von Frieden träumten, eine Referenz bleibe.
Mörderische Kämpfe in Verdun
Über zehn Monate im Jahr 1916 hatten sich deutsche und französische Soldaten bei Verdun mörderische Kämpfe geliefert, die letztlich aber den Frontverlauf im Ersten Weltkrieg nicht veränderten. Die Schlacht begann am 21. Februar 1916 mit einer deutschen Offensive. Mit Blick auf den Frieden und die deutsch-französische Freundschaft sagte der Präsident:
Verdun ist eine Stadt, die das Schlechteste repräsentiert, als Europa verloren ging, und zugleich das Beste.
François Hollande, Französischer Präsident
Kranzniederlegung in strömenden Regen
Als erste Stätte an ihrem gemeinsamen Gedenktag hatten Merkel und Hollande den deutschen Soldatenfriedhof Consenvoye nahe Verdun aufgesucht. Dort legten sie bei strömendem Regen begleitet von vier deutschen und französischen Kindern einen Kranz nieder. 11.148 deutsche Soldaten liegen auf dem Friedhof begraben. Am Nachmittag suchten Merkel und Hollande die renovierte Verdun-Gedenkstätte auf. Die Hauptzeremonie fand am Beinhaus von Douaumont statt, einer Grabstätte für 130.000 nicht identifizierte gefallene Soldaten aus Frankreich und Deutschland. Einen Teil der Gedenkfeier mit fast 4000 Jugendlichen hatte der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff vorbereitet.
Symbolhafte Geste
Der gemeinsame Besuch Merkels und Hollandes erinnert an das historische Händehalten ihrer Vorgänger Helmut Kohl und François Mitterrand. Über den Gräbern von Verdun hatten die beiden Politiker damit 1984 ein Zeichen deutsch-französischer Versöhnung gesetzt. „Dieses Bild hat sich tief in das Gedächtnis unserer Nationen eingebrannt“, betonte Merkel. Die beiden Spitzenpolitiker zeichneten die Stadt Verdun für ihre Verdienste um die deutsch-französische Versöhnung mit dem Adenauer-de Gaulle-Preis aus.
Verdun ist nicht in einem Kult der Toten erstarrt, sondern hat ständig nach vorne geblickt, um seine Friedensmission zu erfüllen.
François Hollande, Französischer Präsident
Auch Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer, CSU, nahm an der Gedenkzeremonie teil: „Die Lehre aus diesem fürchterlichen europäischen Bürgerkrieg, genannt der Erste Weltkrieg, lautet: Das Friedensprojekt Europäische Union ist das Vermächtnis millionenfachen Leidens vor 100 Jahren.“
dpa/AS