Jetzt beginnt der Kampf um’s Geld
Nach dem Unwetter räumen die Menschen im Landkreis Aichach-Friedberg auf. Die Solidarität und Hilfe wird allseits gelobt - der Kampf um Versicherungsgelder steht den Betroffenen aber noch bevor
Tornado in Aichach

Jetzt beginnt der Kampf um’s Geld

Nach dem Unwetter räumen die Menschen im Landkreis Aichach-Friedberg auf. Die Solidarität und Hilfe wird allseits gelobt - der Kampf um Versicherungsgelder steht den Betroffenen aber noch bevor

Die Bilanz des Tornados, der Mitte Mai im nordostschwäbischen Landkreis Aichach-Friedberg wütete, ist verheerend:  178 Gebäude wurden binnen weniger Minuten beschädigt, 33 sogar so sehr, dass sie einsturzgefährdet sind – 12 waren vorübergehend sogar unbewohnbar. Die Solidarität der Bevölkerung hingegen war einzigartig. Schon am Vatertag – dem Tag nach dem Tornado – machten sich Hunderte Helfer aus der Region auf in die am stärksten betroffenen Orte Affing, Gebenhofen und Stettenhofen, zahlreiche Unternehmen stellten ihre Arbeitskraft und Materialien zur Verfügung, sogar ein Aichacher Baumarkt öffnete seine Pforten am Vatertag für die Betroffenen.

Die Aufräum- und Reparationsarbeiten laufen also auf Hochtouren – ein weiterer Kampf steht für die Tornado-Geschädigten aber noch aus: Denn nach dem Wiederaufbau ist vor den Diskussionen mit der Versicherung. Davor fürchtet sich zum Beispiel Franz H. (Name von der Redaktion geändert): Sein Auto hat beim Tornado enormen Schaden genommen, ein Baum ist auf den Pkw gefallen. „Ich hatte den Wagen an dem Abend ausnahmsweise an der Straße geparkt und nicht mehr in die Garage gefahren“, erzählt Franz H. Der Baum knickte um und fiel auf das Auto. „Bei meiner Versicherung habe ich angegeben, dass das Auto stets in der Garage steht. Das könnte mir jetzt Probleme machen“, erzählt H. Er hat Angst, auf dem Schaden sitzenzubleiben – und diese Angst ist wahrscheinlich sogar berechtigt.

Verwunderung über Details von Elementarversicherungen

Auch über manche Elementarschädenversicherung ärgert man sich in der betroffenen Region. Frau B., die unerkannt bleiben möchte, hat bei dem Tornado schwere Schäden an ihrem Haus erlitten, der Schaden könnte bis zu 75.000 Euro betragen. Ein Blick in ihren Versicherungsvertrag lässt die 73-Jährige wütend werden.

„Bei Sturmschäden ist meine Versicherungssumme auf 50.000 Euro gedeckelt. Jetzt weiß ich erstmal nicht, was ich tun soll, wenn der Schaden am Haus diese Summer übersteigt“, beklagt die Rentnerin. Beim Abschluss der Versicherung vor vielen Jahren habe man sie auf diesen Umstand nicht hingewiesen. „Mir wurde gesagt, mit dieser Versicherung wäre ich in jedem Fall auf der sicheren Seite.“ Eine Sache aber ärgert Frau B. ganz besonders: „Meine Sturmversicherung ist eingeschränkt, dafür bin ich auch gegen Vulkanausbrüche versichert – wofür ich diese Versicherung bei uns in der Region brauche, verstehe ich aber nicht.“

Jetzt droht die Diskussion um Versicherungsgelder

Dennoch: Für die Versicherungsunternehmen wird der Tornado teuer. Für die Folgen von Naturgewalten zahlten die Versicherer im Jahr 2014 rund zwei Milliarden Euro aus. Angesichts des Klimawandels und der damit verbundenen Häufung von Naturkatastrophen und Unwettern auch in Deutschland dürfte diese Zahl noch größer werden.

Der Haus- und Grundbesitzerverein Bayern rät daher allen Immobilienbesitzern dazu, eine derartige Versicherung abzuschließen. Bisher sei die sogenannte „Marktdurchdringung“ noch nicht zufriedenstellend, heißt es dort. Auch in der Region um Affing, die jetzt mit den Folgen des Tornados zu kämpfen hat, seien zahlreiche der betroffenen Häuser nicht versichert gewesen. Aller Kritik an manchen Versicherungen zum Trotz: Eine Elementarversicherung hat mehr Vor- als Nachteile, findet der Verein.

Wenn die größten Schäden in Affing, Gebenhofen und der Region beseitigt sind, wird das Thema Versicherungsgelder in den Fokus der Betroffenen rücken. Sollten die Versicherer nicht bezahlen, hat der Freistaat Bayern bereits schnelle Hilfe angekündigt.