Bayerns Bildungssystem schneidet gut ab. (Bild: Fotolia/Oksana Kuzmina)
G8 oder G9

Gymnasien: Die Entscheidung steht an

Die CSU lehnt eine sofortige Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums in Bayern ab. Die Entscheidung soll aber noch vor Ablauf der derzeitigen zweijährigen Testphase kommen, wie sowohl Ministerpräsident Horst Seehofer als auch Kultusminister Ludwig Spaenle am Mittwoch am Rande der CSU-Fraktionssitzung im Landtag sagten.

Denn eine eventuelle neue Gymnasialreform soll zum übernächsten Schuljahr 2017/18 nahtlos an den derzeitigen Test anknüpfen: Der Pilotversuch gehe nächstes Jahr zu Ende, „und natürlich muss man rechtzeitig vor dem übernächsten Jahr entscheiden“, sagte Seehofer – gemeint ist damit das übernächste Schuljahr 2017/18, das im September 2017 beginnt. Die Anmeldungen zu den Gymnasien stehen bereits im späten Frühjahr auf dem Terminkalender, so dass allerspätestens bis dahin entschieden sein müsste, wenn Klarheit für die Eltern bestehen soll. Kultusminister Spaenle nannte im Landtag die Forderung der Freien Wähler nach einer sofortigen Entscheidung einen „billigen Schaufensterantrag“.

Der Pilotversuch

In diesem und im nächsten Schuljahr wird an 47 Gymnasien in Bayern die „Mittelstufe plus“ erprobt. Die Schüler können die Mittelstufe an diesen Testgymnasien in vier anstelle von drei Jahren absolvieren, so dass sich die Gymnasialzeit insgesamt wieder auf neun Jahre verlängert. Pro Schuljahr haben sie dann aber weniger Pflichtstunden als im G8-Zug. Die Mittelstufe plus war von der Staatsregierung konzipiert worden, um den jahrelangen Dauerstreit um eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium zu befrieden.

Da besteht jetzt kein Anlass, hektisch und oberflächlich etwas vorwegzunehmen.

Horst Seehofer

Ministerpräsident Seehofer betonte im Landtag: „Da besteht jetzt kein Anlass, hektisch und oberflächlich etwas vorwegzunehmen.“ Die Bildungspolitik der Staatsregierung werde verlässlich bleiben. „Das geschieht nur, wenn man sich nicht treiben lässt, sondern die Dinge in aller Ruhe aufbereitet.“ Seehofer hatte bereits vor einigen Jahren Sympathien für eine Wiedereinführung des G9 erkennen lassen. Eine neunjährige Gymnasialzeit lasse mehr Zeit für die Persönlichkeitsentwicklung, so Seehofer. „Wir sollten alle dazu beitragen, dass wir junge Menschen ausbilden, damit sie ein glückliches Leben führen können.“ Das resultiere nicht nur aus angelerntem Wissen, sondern eben auch aus der Persönlichkeitsentwicklung.

Die Mehrheit ist offenbar für G9

Die betroffenen Schüler und Eltern wollen offenbar mehrheitlich wieder neun Jahre Gymnasium. An den 47 Pilotschulen haben sich in diesem Jahr mehr als 60 Prozent der Siebtklässler und damit noch einmal mehr Schüler als im vergangenen Jahr für die längere Variante entschieden. Kultusminister Spaenle bestätigte entsprechende Berichte der „Süddeutschen Zeitung„. Die genauen Zahlen sollen Anfang Mai vorliegen. „Wir haben einen klaren Fahrplan“, sagte Spaenle vorab der SZ. Er wolle dem Kabinett und der Fraktion nicht vorgreifen. Wenn sich die CSU für eine Ausweitung von G9-Zügen entscheide, sollten seiner Überzeugung nach die einzelnen Gymnasien selbst entscheiden dürfen, ob sie ihren Schülern eine Mittelstufe plus anbieten wollen oder nicht.

Eine übereilte Reform

Vor dreizehn Jahren kündigte der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber überraschend die Verkürzung der Gymnasialzeit an. Bis heute wird jedoch über die Reform der übereilten Gymnasialreform debattiert. Insbesondere bei der notwendigen Kürzung der Lehrpläne gab es erhebliche Probleme.

Auch durch den zwischenzeitlichen Wegfall der Wehrpflicht hat sich die damalige Forderung der Wirtschaft nach einem früheren Berufseinstieg eigentlich erledigt. Zudem klagen viele Vereine, dass durch die längeren Unterrichtszeiten des G8 weniger Gymnasiasten in den Vereinen tätig seien. Die zweigleisige Planung der Gymnasien erfordert obendrein einen hohen finanziellen und personellen Aufwand.

Der Landesvorstand der bayerischen Direktorenvereinigung forderte zuletzt, sich eindeutig entweder für ein achtjähriges oder für ein neunjähriges Gymnasium zu entscheiden. Eine dauerhafte und flächendeckende Einführung der Mittelstufe plus lehnten die Gymnasialdirektoren ab.