Bayerns Zahlungen in den Länderfinanzausgleich erreichen wieder Rekordwerte. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Länderfinanzausgleich

„Ein solider Haushalt ist die Grundlage für Erfolg und Wohlstand“

Gastbeitrag Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Seit zehn Jahren kommt Bayern ohne neue Schulden aus. Wachstum und Investitionen finanziert der Freistaat aus eigener Kraft. Diesen Weg wird die Staatsregierung weitergehen – trotz der enormen Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise. Eine Bilanz von Markus Söder.

Der Haushalt ohne Neuverschuldung ist ein Markenzeichen Bayerns. Er ist ein finanzpolitisches Statement, das angesichts der bestehenden Herausforderungen gar nicht hoch genug geschätzt werden kann. Seit zehn Jahren schon kommt Bayern im allgemeinen Haushalt ohne neue Schulden aus. Zehn Jahre, in denen wir viele Herausforderungen zu bewältigen hatten und unseren haushaltspolitischen Idealen dennoch treu geblieben sind.

Ein solider Haushalt ist kein Selbstzweck, sondern Grundlage für den Erfolg und den Wohlstand unseres Landes. In einer Niedrigzinsphase, wie wir sie derzeit erleben, mag die Neuverschuldung manchem Verantwortlichen kurzfristig als einfache Lösung für seine finanziellen Probleme erscheinen. Die übrigen westlichen Flächenländer etwa haben den Schuldenstand in ihren Kernhaushalten in den letzten zehn Jahren insgesamt um rund 27 Prozent erhöht – während Bayern im allgemeinen Haushalt nicht nur keine neuen Schulden aufgenommen hat, sondern darüber hinaus sogar noch über drei Milliarden Euro alte Schulden getilgt hat. Nordrhein-Westfalen zum Beispiel macht pro Sekunde 66 Euro neuer Schulden, die sich mittlerweile zu einem Schuldenberg von insgesamt 194 Milliarden Euro Schulden auftürmen. Bayern hingegen zahlt pro Sekunde 15 Euro alter Schulden zurück.

Ein solider Haushalt ist kein Selbstzweck, sondern Grundlage für den Erfolg und den Wohlstand unseres Landes.

Das niedrige Zinsniveau ändert nichts daran, dass steigende Schuldenstände langfristig zu steigenden Zinsausgaben führen. Selbst in der jetzigen Phase ist der Unterschied zwischen „Schuldenbremse“ und „Neuverschuldung“ deutlich sichtbar: Hätte Bayern anstatt Schulden zu tilgen im gleichen Maße wie die anderen Länder neue Schulden gemacht, würden wir allein in 2016 über 170 Millionen Euro zusätzlich für Zinsen aufbringen müssen. Zusammengerechnet haben wir uns durch den Verzicht auf zusätzliche Kredite bislang und einschließlich 2016 rund 1,1 Milliarden Euro an Zinsen gespart.

Ratingagenturen verleihen Bayern regelmäßig Bestnoten

Welche Herausforderung es bedeutet, den Haushalt regelmäßig ohne Neuverschuldung auszugleichen, zeigt die Entwicklung des Haushaltsvolumens im gleichen Zeitraum: Gegenüber dem Jahr 2006 sind unsere Gesamtausgaben mit dem Nachtragshaushalt 2016 um rund 60 Prozent auf rund 55,7 Milliarden Euro gestiegen. Ein Wachstum, das wir ohne Neuverschuldung und damit vollständig aus eigenen Mitteln finanziert haben. In anderen Ländern sind die Ausgaben vielleicht ähnlich gewachsen, aber niemand hat das so konsequent aus eigener Kraft geschafft wie wir. Die Anerkennung dafür besteht nicht nur in dem wirtschaftlichen Erfolg und der hohen Lebensqualität im Freistaat, sondern wird uns auch von berufener Stelle zuteil: Die großen Ratingagenturen belohnen uns regelmäßig mit Bestnoten und verweisen zur Begründung ausdrücklich auch auf unsere solide Haushaltspolitik.

Nordrhein-Westfalen macht pro Sekunde 66 Euro neuer Schulden. Bayern hingegen zahlt pro Sekunde 15 Euro alter Schulden zurück.

Mit dem Einstieg in die planmäßige Schuldentilgung im Jahr 2012 und der gesetzlichen Verankerung des Ziels, den Schuldenstand im bayerischen Staatshaushalt unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung bis zum Jahr 2030 auf „Null“ zu reduzieren, hat der Freistaat nach der Einführung der Schuldenbremse ein zweites Mal eine Vorreiterrolle übernommen. Mit den zwischenzeitlich bereits erfolgten Schuldentilgungen von insgesamt 3,04 Milliarden Euro ist der Schuldenstand im allgemeinen Haushalt erstmals seit dem Jahr 2003 wieder unter die Marke von 20 Milliarden Euro gesunken. Allein diese Tilgungen werden uns bis zum Jahr 2030 voraussichtlich rund 1,2 Milliarden Euro an Zinsen sparen – Geld, das für wichtige Investitionen in Bildung, Sicherheit und öffentliche Infrastruktur zur Verfügung steht.

Denn bei allen Anstrengungen, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und gegebenenfalls den Schuldenstand zu reduzieren, darf nicht übersehen werden, dass staatliche Investitionen entscheidend für die künftige Entwicklung eines Landes sind. Sie schaffen die Rahmenbedingungen für die Unternehmen auf der einen und die Menschen, die hier leben, auf der anderen Seite. Die bayerische Staatsregierung legt daher großen Wert darauf, die Investitionen in die öffentliche Infrastruktur auf dem bestehenden hohen Niveau fortzuführen. Allein in diesem Jahr gibt der Freistaat für Investitionen 6,5 Milliarden Euro aus – alles aus eigenem Geld! Im Vergleich zu den anderen westlichen Flächenländern liegt Bayern bei der Investitionsquote folgerichtig seit Jahren an der Spitze.

Zusammengerechnet haben wir uns durch den Verzicht auf zusätzliche Kredite bislang und einschließlich 2016 rund 1,1 Milliarden Euro an Zinsen gespart.

Die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs wird uns dabei helfen, das Ziel der vollständigen Schuldentilgung bis 2030 zu erreichen. Nach rund eineinhalb Jahren schwieriger Verhandlungen haben die Länder Anfang Dezember 2015 eine Einigung zur grundlegenden Reform des Finanzausgleichs erzielt. Und diese Reform ist lange überfällig! Allein 2015 haben wir rund 5,4 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich eingezahlt. Dies macht Bayern mit 57 Prozent des Ausgleichsvolumens weiterhin mit Abstand zum größten Zahler im Länderfinanzausgleich. Rechnet man den Umsatzsteuerausgleich hinzu, liegen die bayerischen Leistungen sogar bei rund 7,5 Milliarden Euro.

Bis 2030 sollen alle Schulden getilgt sein

Mit der grundlegenden Reform kann die Belastung Bayerns ab 2020 deutlich reduziert und der künftige Anstieg gebremst werden. Kern der Einigung ist die Abschaffung des Länderfinanzausgleichs im engeren Sinne, der Finanzkraftausgleich soll künftig stattdessen ausschließlich über den Umsatzsteuerausgleich erfolgen. Die Entlastungen für den bayerischen Staatshaushalt, die sich aus dieser Reform ergeben werden, können maßgeblich dazu beitragen, unser Ziel der vollständigen Schuldentilgung bis 2030 zu erreichen.

Neben den Belastungen aus dem Länderfinanzausgleich haben wir im Zusammenhang mit der Bayerischen Landesbank mit einer der größten finanzpolitischen Herausforderungen der vergangenen Jahre zu kämpfen gehabt. Eine Bilanzsumme von einst über 400 Milliarden Euro stellt auch für den bayerischen Staatshaushalt eine Größenordnung dar, die durchaus existenzbedrohend werden kann. Die gelungene Stabilisierung der Landesbank im Anschluss an die weltweite Finanzmarktkrise war daher essenziell für den Freistaat. Die schrittweise Reduzierung der Altlasten – etwa der Verkauf der MKB in Ungarn oder der Verkauf des hoch-toxischen ABS-Portfolios im Oktober 2014 – waren anschließend wichtige Meilensteine auf dem Weg zur erfolgreichen Konsolidierung der BayernLB. Nach dem Generalvergleich mit Österreich in Sachen HETA – eine Nachwirkung der unglücklichen Entscheidung, die damalige Hypo Group Alpe Adria zu kaufen – ist die Landesbank endgültig auf dem Weg zu einer normalen Bank.

Um die neu ankommenden Flüchtlinge angemessen unterbringen und versorgen zu können, haben wir die für den Bereich Zuwanderung und Integration vorgesehenen Mittel auf rund 3,3 Milliarden Euro erhöht.

Neben den Herausforderungen der Vergangenheit gibt es aber auch in der Gegenwart ein Thema, das derzeit alle Debatten und Diskussionen beherrscht: Der Zustrom von Asylbewerbern nach Deutschland und damit auch nach Bayern. Neben allen gesellschaftlichen Herausforderungen, die mit der zwingend notwendigen Integration der anerkannten Asylbewerber einhergehen, hat diese Entwicklung selbstverständlich auch eine gewaltige finanzielle Dimension. Das abgelaufene Haushaltsjahr 2015 war gekennzeichnet von sprunghaft angestiegenen Ausgaben für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Gegenüber 2014 war hier ein Zuwachs von rund 760 Millionen Euro zu verzeichnen – ein Anstieg von rund 165 Prozent innerhalb von nur einem Jahr. Gleichzeitig haben sich aber auch die Steuereinnahmen dank der starken bayerischen Unternehmen besser entwickelt als zuvor von allen Fachleuten vorhergesagt. Auch wenn der endgültige Jahresabschluss noch nicht feststeht, ist bereits jetzt absehbar, dass wir das vergangene Jahr mit einem Haushaltsüberschuss in der Größenordnung von rund einer Milliarde Euro abschließen werden! Ein äußerst erfreuliches Ergebnis angesichts der angespannten Lage im zweiten Halbjahr 2015.

Zuwanderung kostet so viel wie zwei neue Universitäten

Um die neu ankommenden Flüchtlinge angemessen unterbringen und versorgen zu können, haben wir mit dem Nachtragshaushalt 2016 die für den Bereich Zuwanderung und Integration vorgesehenen Mittel auf rund 3,3 Milliarden Euro erhöht. Insgesamt stehen damit im Doppelhaushalt 2015/2016 rund 4,5 Milliarden Euro zur Bewältigung dieser Herausforderung zur Verfügung. Zur Verdeutlichung der Dimension: Dies ist vergleichbar mit den Kosten für den Aufbau von zwei Universitäten oder der Schaffung von rund 700.000 Studienplätzen in Bayern. Der Anstieg des Haushaltsvolumens im Vergleich zum Vorjahr um 9,2 Prozent auf nunmehr 55,7 Milliarden Euro ist wesentlich von den hohen Ausgaben im Bereich Zuwanderung und Integration geprägt. Ohne diese Ausgaben wäre der Anstieg mit 3,7 Prozent deutlich moderater ausgefallen.

Die Finanzierung dieser zusätzlichen Ausgaben gelingt uns im Nachtragshaushalt 2016 ohne Neuverschuldung, ohne Steuererhöhungen und ohne Kürzungen bei anderen Leistungen – ein haushaltspolitischer Kraftakt, den wir nicht beliebig oft wiederholen können. Auch die Haushaltsrücklage des Freistaats, die wir mit den Haushaltsüberschüssen der Vergangenheit gefüllt haben und die uns jetzt bei der Bewältigung des Flüchtlingsansturms hilft, ist nicht unerschöpflich. Für den kommenden Doppelhaushalt 2017/2018 werden wir weiterhin alles daran setzen, die bewährten finanzpolitischen Leitlinien konsequent umzusetzen.

Wir fordern eine Beteiligung des Bundes an den Kosten für Länder und Kommunen von mindestens 50 Prozent der tatsächlichen Kosten.

Nur der Bund kann die Zuwanderung mit seiner Flüchtlingspolitik steuern und den Schutz unserer Grenzen sicherstellen – damit liegt die Verantwortung für die Haushalte der Länder in diesem Bereich jetzt bei ihm. Entgegen den Forderungen aus Ländern und Kommunen, vor allem aber auch aus der Bevölkerung lässt er derzeit weiterhin den unbegrenzten Zustrom zu. Hier zu einer wirksamen Begrenzung zu kommen, ist unsere dringlichste Forderung an den Bund.

Der Bund muss Länder und Kommunen stärker entlasten

Unsere zweite Forderung betrifft die Kosten, die mit der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge verbunden sind. Von den im Nachtragshaushalt 2016 im Bereich Zuwanderung und Integration vorgesehenen 3,3 Milliarden Euro erstattet der Bund im Rahmen einer Abschlagszahlung derzeit nur 570 Millionen Euro – das sind gerade einmal 17 Prozent. Auch hier sollte gelten: „Wer anschafft, zahlt“! Wir fordern deshalb eine Beteiligung des Bundes an den Kosten für Länder und Kommunen von mindestens 50 Prozent der tatsächlichen Kosten. Auch bei den Folgekosten, die den Kommunen bei der absehbaren Steigerung bei den Sozialleistungen entstehen werden, muss der Bund zur Entlastung beitragen.

Die letzten 10 Jahre haben bewiesen, dass eine solide und vorausschauende Haushaltspolitik einen Haushalt ohne Neuverschuldung möglich macht. Damit sind wir finanziell besser als jedes andere Land gewappnet, um uns den aktuellen Herausforderungen zu stellen.