Bayerns Zahlungen in den Länderfinanzausgleich erreichen wieder Rekordwerte. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Länderfinanzausgleich

„So geht es nicht weiter“

Exklusiv Ende der Woche befasst sich der Bundesrat mit einer Neuordnung des Länderfinanzausgleichs. In der aktuellen Ausgabe des BAYERNKURIER verrät Bayerns Finanzminister Markus Söder, warum eine generelle Reform der deutschen Finanzpolitik mit dem Abbau der kalten Progression, der Abschaffung des Solis und einem gerechten Länderfinanzausgleich so dringend notwendig ist.

Solide Finanzen waren schon immer ein Kernanliegen der CSU. Haushaltspolitik ist die Mutter aller Politik. Bayern befindet sich hier in einem Top-Zustand. In Bayern ist die Schuldenbremse schon längst Realität. Seit dem Jahr 2006 kommt der Freistaat im allgemeinen Staatshaushalt ohne neue Schulden aus. Unser neues Ziel ist, die Staatsverschuldung Bayerns bis zum Jahr 2030 vollständig abzubauen. Von 2012 bis 2014 wurden bereits 2,54 Milliarden Euro alte Schulden getilgt. Die Schuldentilgung soll im Doppelhaushalt 2015/2016 mit insgesamt mindestens einer Milliarde Euro fortgeführt werden. Ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen – ein Land, das in Größe und Kraft mit Bayern vergleichbar ist – macht jede Sekunde 66 Euro neue Schulden. Im Gegensatz dazu tilgt der Freistaat Bayern jede Sekunde 15 Euro alte Schulden.

Der Freistaat Bayern hat also eine sehr stabile, robuste Grundlage. Wir freuen uns, dass die Steuerschätzungen aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung des Landes weiter nach oben gehen, sogar im Vergleich zu dem Rekordergebnis vom letzten Jahr. Aber natürlich wissen wir, dass es Herausforderungen gibt. Wir dürfen uns auf unserem Erfolg nicht ausruhen. Und wir müssen dafür sorgen, dass Bayern nicht überfordert wird.

„Der Finanzausgleich ist heute der größte Einzelposten auf der Ausgabenseite des Freistaats“

Der Länderfinanzausgleich ist für Bayern eines der zentralen Themen in der aktuellen Finanz- und Haushaltspolitik. Er ist inzwischen der größte Einzelposten auf der Ausgabenseite des bayerischen Staatshaushalts. Die Ausgleichszahlungen erreichen immer neue Rekordhöhen. Mittlerweile zahlt Bayern über 5 Milliarden Euro jährlich an die anderen Länder. Berücksichtigt man zusätzlich den Umsatzsteuerausgleich, liegt die Belastung Bayerns sogar bei rund 7 Milliarden Euro. Der Trend zeigt ungebrochen nach oben.

Deswegen hat Bayern zusammen mit Hessen Klage beim Bundesverfassungsgericht für einen gerechteren Länderfinanzausgleich eingereicht. Auch Baden-Württemberg denkt mittlerweile darüber nach, sich der Klage anzuschließen. Gleichzeitig laufen die Verhandlungen mit dem Bund und den anderen Ländern über die Reform der Finanzbeziehungen für die Zeit ab 2020 seit einiger Zeit auf Hochtouren. Einsparungen aus der Reform wollen wir vorrangig für die weitere Schuldentilgung einsetzen. Es geht uns hier nicht um eine Aufkündigung von Solidarität. Bayern wird weiterhin seinen Beitrag an die anderen Bundesländer leisten. Notwendig sind aber stärkere Anreize für die Nehmerländer, sich selbst aus der dauerhaften Abhängigkeit vom Länderfinanzausgleich zu befreien. Leistung muss sich wieder lohnen!

Dieser Grundsatz muss nicht für die Bundesländer untereinander, sondern auch für den einzelnen Bürger gelten. Die große Koalition hat im vergangenen Jahr in der Sozialpolitik vor allem über Gerechtigkeitslücken diskutiert. Jetzt kommt es darauf an, endlich die Leistungsgerechtigkeit wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Dabei spielt die Steuerpolitik eine entscheidende Rolle.

„Leistung muss sich lohnen!“

Nach dem bürokratischen Mindestlohn dürfen wir jetzt außerdem keinesfalls die Leistungsträger unserer Gesellschaft aus den Augen verlieren. Und das bedeutet: Wer hart arbeitet und etwas leistet, muss von seinem Verdienst wieder mehr behalten können. Im Bund und in den Ländern gibt es wegen der guten Konjunktur und geringer Arbeitslosenzahlen steigende Steuereinnahmen. Finanzielle Spielräume für Steuerentlastungen sind also vorhanden.

Es ist deshalb zu begrüßen, dass sich die Bundesregierung für das nächste Jahr auf eine finanzielle Entlastung der Bürger bei der kalten Progression geeinigt hat. Aus bayerischer Sicht ist das ein wichtiger erster Schritt, dem jedoch weitere folgen müssen. Die kalte Progression muss abgebaut werden – und zwar dauerhaft. Aus unserer Sicht sollte die Bundesregierung künftig alle zwei Jahre einen Bericht vorlegen, in dem genau steht, wie viel die kalte Progression zuletzt ausmacht. Dieser Betrag sollte dann erstattet werden. Der Bundestag wird in der Folge beauftragt, über eine Anpassung des Steuertarifs zu entscheiden.

Das Argument, es gebe wegen der niedrigen Inflationsrate derzeit kaum Probleme mit der kalten Progression, stimmt nicht. Außerdem könnte es ja mit den niedrigen Inflationsraten rasch wieder vorbei sein. Schließlich zielt die gesamte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank derzeit darauf ab, die Inflation zu erhöhen.

Die kalte Progression ist deshalb eine Daueraufgabe, die endgültig gelöst werden muss. Bayern will, dass Lohnsteigerungen bei den Arbeitnehmern ohne heimliche Steuererhöhungen ankommen. Wir müssen insbesondere für die unteren und mittleren Einkommensgruppen finanzielle Freiräume erhalten. Hier müssen sich der Bund und die anderen Länder bewegen.

„Der Soli darf nicht auf ewig bleiben“

Nicht zuletzt: Der Solidaritätszuschlag darf nicht auf Dauer bestehen bleiben. Bei seiner Einführung 1991 hat man den Bürgern versprochen, dass er nur eine vorübergehende Zusatzbelastung sein soll. Diese Zusage gilt! Im Jahr 2020 wird der Solidaritätszuschlag ein Volumen von rund 19 Milliarden Euro erreicht haben – eine beachtliche Summe. Diese Belastung darf den Steuerzahlern nicht dauerhaft auferlegt werden. Deshalb haben wir uns innerhalb der Union verständigt, den Solidaritätszuschlag ab dem Jahr 2020 schrittweise abzubauen. Wir diskutieren einen möglichen Zeitraum von 10 Jahren, in dem die Bürger und Unternehmen Jahr für Jahr um 2 Mrd. € entlastet würden.

Insgesamt bleibt festzuhalten: Bayern steht sehr gut da. Sowohl im nationalen als auch im internationalen Vergleich. Aber wir müssen an unserem Erfolg immer weiter arbeiten. Dazu muss Schluss sein mit dem steuerpolitischen Stillstand in Deutschland. Und uns muss klar sein, es geht in diesem Zusammenhang auch um das Profil von CDU und CSU. Die Union muss rasch wieder zu einem festen steuerpolitischen Koordinatensystem finden.

 

 

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