Durch die Globalisierung wirken sich Dürren auch auf Mitteleuropa aus. (Bild: Fotolia/olly)
WWF-Prognose

Das Wasser wird knapp

Wasser wird nach Prognosen der Umweltstiftung WWF in Zukunft knapper, bei sinkender Qualität. Bereits heute hätten mehr als 780 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, teilte der WWF mit. Der Bedarf an Wasser könne demnach bis 2050 um mehr als 50 Prozent steigen. Dann drohten auch ökologische, wirtschaftliche und soziale Katastrophen.

Als Ursachen für die Entwicklung nennt die Umweltorganisation, dass immer mehr Menschen auf der Erde leben, dass der Verbrauch zunimmt und der Klimawandel sich bemerkbar macht. Bereits in den vergangenen 100 Jahren seien weltweit mehr als die Hälfte der Flusssysteme, Moore und Seen verschwunden. Auch schwindende Gletscher bereiten zunehmend Sorgen: Über zwei Drittel des Süßwassers ist in unseren Gletschern gespeichert, Flüsse und Seen hingegen halten nur 0,3 Prozent unserer Reserven. Der weltweite Wasserbedarf jedoch wird laut OECD zwischen 2000 und 2050 um 55 Prozent steigen, vor allem in den Bereichen Produktion (+400 Prozent), Elektrizität (+140 Prozent) und Hausgebrauch (+130 Prozent).

Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht, eines jedoch, das weltweit nicht einzuhalten ist. Fehlendes Wasser könnte zugleich neue Flüchtlingswellen auslösen oder Kriege, die wiederum zu Flüchtlingswellen führen. In Ostafrika herrscht beispielsweise derzeit laut UNHCR eine lang anhaltende Dürre (der Bayernkurier berichtete). Millionen Menschen droht dort eine Hungersnot.

Auch Deutschland ist betroffen

Der WWF betont, dass auch Deutschland ein Wasserproblem bevorstehe: Gerade die Wirtschaft sei angewiesen auf Produkte, die im Ausland unter Einsatz großer Wassermengen hergestellt oder gefördert werden: spanisches Gemüse, indische Baumwolle, Metalle aus Südafrika. Jeder Deutsche verbraucht laut WWF pro Tag rund 120 Liter Wasser, etwa fürs Duschen, Putzen und zum Trinken. Wird das für unsere Nahrung und Konsumgüter verbrauchte Wasser eingerechnet, liege der Verbrauch pro Tag allerdings bei knapp 5300 Litern.

Ob Nahrungsmittel, Strom, Bekleidung oder andere Industriewaren: Die Privatwirtschaft ist der weltweit größte Wassernutzer. Wenn in den Produktionsgebieten nicht vorausschauend geplant wird, kann dies gravierende Folgen haben.

WWF

Das Risiko liegt also weniger im eigenen Land, als vielmehr in ausländischen Produktionsstandorten: Dem Globalen Wasserbericht des Carbon Disclosure Project (CDP) von 2012 zufolge sind 90 Prozent der deutschen Unternehmen, die zu den 500 umsatzstärksten der Welt zählen, in ihrer Geschäftstätigkeit oder in ihrer Wertschöpfungskette Wasserrisiken ausgesetzt. Dazu gehören vor allem die Textil- und Bekleidungsindustrie, die Rohstoffindustrie, die Landwirtschaft und die Chemieindustrie – also beispielsweise Hersteller von Kunststoffen, Pflanzenspritzmitteln und Farbstoffen.

Vier Beispiele:

  • Ein dramatisches Beispiel ist der Aralsee in Kasachstan und Usbekistan (frühere Sowjetunion), der seit den 60er Jahren schrumpft: „Im Zuge der Baumwollproduktion wurden in Usbekistan die gesamten Wasserressourcen der Zuflüsse zum Aralsee aufgebraucht – mit der Folge, dass das Wasservolumen des Sees um fast 90 Prozent geschrumpft ist“, erklärt Philipp Wagnitz vom WWF. Der vormals viertgrößte Binnensee der Erde ist heute in mehrere kleine Seen geteilt. Der Salzgehalt vervielfachte sich, was ein Fischsterben verursachte, und der Wasserpegel sank um mehr als 20 Meter. Frühere Küstendörfer liegen heute mitten in der Wüste, mehr als 100 Kilometer von der aktuellen Uferlinie entfernt. Der Wüstenstaub ist durch Düngemittel, Schwermetalle, Herbizide und Pestizide, die über die Landwirtschaft in dem See landeten, hochgiftig. Über Luftströmungen verteilt sich der Staub weltweit und kann im Blut von Pinguinen der Antarktis, auf Grönlands Gletschern, in Norwegens Wäldern und in der Mongolischen Wüste nachgewiesen werden. Die Zahl der Atemwegs- und Krebserkrankungen sowie der körperlichen und geistigen Fehlbildungen bei Neugeborenen in der Region stieg seit den 70er Jahren enorm an.
  • Weiteres Beispiel sind die riesigen Gewächshausgebiete im wasserarmen Spanien. Allein Deutschland importierte 2013 circa 180.000 Tonnen Tomaten im Wert von rund 250 Millionen Euro aus Spanien.

Die landwirtschaftliche Produktion in gesamt Süd-Ost-Spanien ist ausschließlich von Bewässerungsanlagen abhängig. Dafür wird in der Regel auf Grundwasservorkommen zurückgegriffen, die jedoch in den meisten Gegenden stark übernutzt sind. Die Folgen sind nicht nur tiefere Brunnen und noch weniger Wasser sondern auch die Versalzung der Süßwasservorkommen. Vor allem in unmittelbarer Küstennähe wird bereits auf stark subventionierte Meerwasserentsalzungsanlagen gesetzt.

  • Auch Kalifornien leidet nach vier extrem trockenen Jahren unter Wasserknappheit, da Wassersparen für viele Amerikaner ein Fremdwort ist. Hier werden in der größten Mittagshitze der Rasen bewässert oder Golfplätze in der Wüste errichtet (wie übrigens auch in den Golfstaaten). Vor einem Jahr hatte der kalifornische Gouverneur Jerry Brown Wassersparen angeordnet und Auflagen verhängt. Städte und Gemeinden müssen ihren Wasserverbrauch um 25 Prozent reduzieren. Seit 2010 sind laut einer Studie rund 40 Millionen Bäume in den kalifornischen Wäldern der Trockenheit zum Opfer gefallen, auch durch zahlreiche Waldbrände.
  • Nicht Holland, sondern Kenia ist der wichtigste Lieferant für den europäischen Blumenmarkt. Zwei Drittel aller verkauften Rosen in Deutschland wurden in Kenia angebaut. Allein im Jahr 2013 wurden 6.600 Tonnen an Blumen und Blüten aus Kenia eingeführt, mit einem Wert von rund 31 Millionen Euro. In Kenia herrschen generell gute Voraussetzung für den Anbau von Schnittblumen, ihre Züchtung verbraucht weniger Energie als in europäischen Gewächshäusern. Das Problem: Zentrum des Blumenanbaus ist der Naivashasee, wo rund 70 Prozent der kenianischen Blumen sehr wasserintensiv produziert werden. Der tägliche Wasserverbrauch pro Rosenfarm liegt laut WWF bei circa 20.000 Kubikmeter. Für die Produktion einer kenianischen Rose wird also knapp 4 Liter Frischwasser verbraucht. Das Wasser kommt aus dem See. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Bevölkerung in den letzten Jahren rund um den See und in der Stadt Naivasha enorm zugenommen hat. Beides führt zu einer Übernutzung.

Was tun?

Investitionen lohnen sich: Dem CDP-Wasserbericht zufolge bringen je investierte 0,79 Euro in Wasserinfrastruktur langfristig einen umfassenden wirtschaftlichen Nutzen von knapp 3,94 Euro. Hier liegt also die einzige Lösung für die Probleme – neben der Reduzierung des Wasserverbrauchs.

Es gibt jedoch auch eine Kehrseite des Wassersparens in Deutschland: Aufgrund der seit Jahren sinkenden Wassermenge in den Haushalten etwa durch wassersparende Waschmaschinen, Duschköpfe oder Toilettenspülungen, werden viele Rohre in der Kanalisation nicht mehr in ausreichendem Maße durchgespült. Deshalb kommt es zum einen öfter zu Verstopfungen und zum anderen zersetzen frei werdende Säuren des Abwassers die Wände der Kanalisation. In einigen Gegenden müssen bereits spezielle Fahrzeuge der Stadtreinigungen die Kanäle mit Wasser durchspülen.