Der langjährige CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, hier auf dem Sudetendeutschen Tag 2015 in Augsburg. Posselt ist in Personalunion Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft. (Foto: CTK Foto/imago)
Sudetendeutsche

„Wiedergewinnung der Heimat“ gestrichen

Als „Brückenschlag“ zur Tschechischen Republik und als Signal der Versöhnung wertet der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, den Beschluss, die „Wiedergewinnung der Heimat“ als Ziel aus der Satzung zu streichen. Der langjährige CSU-Europaabgeordnete Posselt wurde mit großer Mehrheit in seinem Amt bestätigt.

Die Sudetendeutschen haben das Ziel einer „Wiedergewinnung“ ihrer Heimat gestrichen: Nach langen Auseinandersetzungen um eine Satzungsänderung der Vertriebenenorganisation steht das nun fest. Die Bundesversammlung der Landsmannschaft in München sprach sich dafür aus, auf den einst festgeschriebenen Vereinszweck zu verzichten. Die Abstimmung über den Passus sei mit einer Zustimmung von 72 Prozent eindeutig ausgefallen, teilte der Verband mit.

Eigentlich war die Satzungsänderung bereits vor einem Jahr beschlossen worden. Kritiker hielten die Änderung allerdings für rechtsunwirksam und hatten mit einer Klage teilweise Erfolg. Nach Angaben der Landsmannschaft hat das Landgericht München I den damaligen Beschluss jedoch nur aus formellen Gründen gerügt, es sei um kurzfristig eingefügte Änderungen am Text gegangen. Inhaltlich sei die neue Satzung hingegen bestätigt worden. Der Bundesvorstand der Landsmannschaft hatte daher den alten Antrag bei der Versammlung jetzt noch einmal fristgerecht zur Abstimmung gestellt.

Wir wollen den Kurs der Öffnung und des Brückenschlags fortsetzen.

Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe

Der 59-jährige Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Bernd Posselt, hatte zuvor den unter seiner Führung eingeschlagenen Reformkurs gegen Kritiker verteidigt. Die Satzungsänderung begründete er mit der seit Jahren praktizierten Annäherung an die Tschechische Republik: „Selbstverständlich wollen wir unseren Kurs der Öffnung und des Brückenschlags fortsetzen.“ Kritiker vom rechten Rand warfen ihm vor, die Rechte der Sudetendeutschen preiszugeben.

Posselt nannte als Prioritäten der landsmannschaftlichen Arbeit im 21. Jahrhundert: Das kulturelle Erbe weiterzuentwickeln, den Respekt vor dem Erbe der Älteren zu bewahren, aber auch die Herzen der nächsten Generation zu gewinnen sowie den Brückenschlag zum tschechischen Volk zu schaffen. Bei der Versammlung wurde auch der Bundesvorstand neu gewählt. Posselt wurde dabei mit 88 von 100 Stimmen in Personalunion als Bundesvorsitzender bestätigt. Seine drei Stellvertreter sind Steffen Hörtler (42), Klaus Hoffmann (56) und Siegbert Ortmann (75).

Bayern trägt die offizielle Schirmherrschaft

Als Sudetendeutsche werden die ehemaligen deutschen Einwohner des Sudetenlandes bezeichnet. Die Bezeichnung leitet sich von dem rund 330 Kilometer langen Gebirgszug der Sudeten ab, der sich durch Böhmen, Mähren und Mährisch-Schlesien zieht.

Der Name „Sudetendeutsche“ setzte sich im 20. Jahrhundert als Sammelbegriff für die rund drei Millionen Deutschen in der früheren Tschechoslowakei durch. Ihre Vorfahren waren im 12. und 13. Jahrhundert aus dem heutigen Bayern, aus Sachsen, Schlesien und Österreich eingewandert.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Sudetendeutschen aus ihrer Heimat vertrieben, viele fanden in Bayern ein neues Zuhause. Der Freistaat übernahm dann offiziell die Schirmherrschaft für die Volksgruppe. Seitdem gelten die Sudetendeutschen als vierter Stamm Bayerns nach den Altbayern, Franken und Schwaben. Allerdings pochen auch andere Landsmannschaften wie die Schlesier darauf, mittlerweile ein bayerischer „Stamm“ zu sein.

dpa/wog