Einseitige und antiisraelische Sicht der Welt? „Code Pink“-Aktivisten 2011 bei einer Demo in Washington. (Bild: Imago/UPI Photo)
Bayreuth

„Code Pink“ erhält nun doch den Toleranzpreis

Die umstrittene US-Friedensbewegung „Code Pink“ erhält nun doch den mit 10.000 Euro dotierten Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis für Humanität und Toleranz. Das hat der Bayreuther Stadtrat mit 23 zu 18 Stimmen beschlossen. „Code Pink“ war wegen des Vorwurfs antiisraelischer Umtriebe in die Kritik geraten. Zuletzt hatte sogar die Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe von der Verleihung abgeraten.

Die Preisverleihung soll laut dem sehr knappen Votum im Stadtrat am 15. April stattfinden. Die Entscheidungen der Stadträte waren individuell, einen Fraktionszwang gab es nicht. Wie der Nordbayerische Kurier berichtet, lagen die Meinungen selbst innerhalb der einzelnen Fraktionen weit auseinander.

SPD-Fraktion sorgte für Eklat

Vor der Entscheidung hatte die SPD-Fraktion für einen Eklat im Stadtrat gesorgt. Weil ihr Antrag, das Thema von der Tagesordnung zu streichen, durchgefallen war, erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Bauske laut Nordbayerischem Kurier, er und seine Fraktionskollegen würden jetzt ihre Plätze verlassen „und zur Seite treten“. Um nicht mit abzustimmen, aber sich doch einklinken zu können, wenn Fragen entschieden würden, zu denen sich die SPD positionieren könne.

Dies hatte lautstarke Proteste der anderen Fraktionen sowie der Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (Bayreuther Gemeinschaft) zur Folge. Die Grünen warnten die SPD, sie hätten selbst eine Rüge der Regierung von Oberfranken bekommen, als sie vor einiger Zeit eine Abstimmung boykottiert hätten. Erst nach einer Unterbrechung, die die SPD für interne Beratungen nutzte, konnte das Gremium weitertagen.

An Konferenz mit Holocaust-Leugnern im Iran teilgenommen

CSU-Fraktionschef Stefan Specht sagte in der Sitzung laut Nordbayerischem Kurier, wenn „Code Pink“ Boykotte von israelischen Firmen im Westjordanland unterstütze und damit existenziellen Druck auf Menschen ausübe, wenn „Code Pink“ das Existenzrecht des Staates Israel nicht ausdrücklich anerkenne und wenn Mitglieder der Organisation unkritisch oder naiv an Konferenzen mit Holocaust-Leugnern teilnähmen, „dann kommt diese Organisation für mich nicht als Preisträger in Betracht“.

Das sei seine persönliche Meinung. Specht: „Es ist die höchstpersönliche Entscheidung jedes einzelnen Stadtrates.“ Auch im Bayernkurier hatte Specht eine ablehnende Haltung gegenüber „Code Pink“ vertreten (der Bayernkurier berichtete).

Bundestagsabgeordnete hatten noch vor Preis an „Code Pink“ gewarnt

Stadtrat Michael Hohl (ebenfalls CSU) vertrat laut Nordbayerischem Kurier die gegensätzliche Position. In den vergangenen Tagen hätten „Code Pink“ und die Kritiker der Preisverleihung, unter ihnen der israelische Generalkonsul in München, die Verwaltung und die Stadträte mit Informationen und Einschätzungen eingedeckt. Zum Teil mit schrillen Tönen. Hohl sagt, er habe alles gelesen. „Und ich habe für mich keine ausreichenden Gründe für eine Aberkennung des Preises gefunden.“

Zuletzt hatte sich sogar der Vorstand der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag eingeschaltet und an den Stadtrat appelliert, die Auszeichnung keinesfalls an „Code Pink“ zu übergeben. „Wir haben keine Zweifel an der israelfeindlichen Grundhaltung von Code Pink und halten sie daher nicht für geeignet, einen Preis für Toleranz oder gar Humanität zu erhalten“, schreiben die Abgeordneten in einem Brief an die Stadt.

„Code Pink“ unterstützt iranische Propaganda gegen Israel und die USA

Die Parlamentarier wiesen darauf hin, dass „Code Pink“ an einer umstrittenen Konferenz im Iran mit Holocaust-Leugnern und Verschwörungstheoretikern teilgenommen habe. „Dass sich die Konferenz vornehmlich gegen westlichen Rassismus wendet, ist ein Propaganda- Trick des iranischen Regimes. Vielmehr richtete sie sich gegen Israel, den Zionismus und die USA.“

In der Tat ist es bei „Code Pink“ üblich, Israel und speziell Premierminister Benjamin Netanjahu als „Kriegsverbrecher“ zu bezeichnen, vor allem im Zusammenhang mit der Gaza-Offensive 2014. „Code Pink“ wies den Vorwurf des Antisemitismus dennoch stets zurück, auch in einem Telefonat mit dem Bayernkurier. Die US-Bürgerrechtsbewegung wurde 2002 ausschließlich von Frauen gegründet und setzt sich nach eigenen Angaben vor allem dafür ein, Kriege zu beenden und neue militärische Auseinandersetzungen zu verhindern.

Frühere Träger des Bayreuther „Wilhelmine-Preises“ sind unter anderem der Dirigent Daniel Barenboim, der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer und der Begründer der Leipziger Friedensgebete, Christian Führer. Die Jury ist ausschließlich mit Wissenschaftlern der Bayreuther Universität besetzt. Mit der Auszeichnung wollte die Stadt an die weltoffene und kunstsinnige Markgräfin Wilhelmine (1709-1758) erinnern.

Nordbayerischer Kurier/dpa/wog