Zweifel an Waffenruhe für Syrien
Keine Kämpfe mehr in Syrien. Bereits in einer Woche soll im ganzen Land Waffenstillstand herrschen. Darauf einigten sich Amerikaner, Russen und Vertreter von Regionalmächten zu Beginn der Syrien-Konferenz in München. Der deutsche und amerikanische Außenminister äußern sich jedoch zurückhaltend über das Ergebnis der Gespräche.
Syrien-Konferenz

Zweifel an Waffenruhe für Syrien

Keine Kämpfe mehr in Syrien. Bereits in einer Woche soll im ganzen Land Waffenstillstand herrschen. Darauf einigten sich Amerikaner, Russen und Vertreter von Regionalmächten zu Beginn der Syrien-Konferenz in München. Der deutsche und amerikanische Außenminister äußern sich jedoch zurückhaltend über das Ergebnis der Gespräche.

Nach fünf Jahren Bürgerkrieg in Syrien mit fast einer halben Millionen Toten gibt es Hoffnung – auch wenn Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier noch nicht wagt, von einem „Durchbruch“ zu sprechen. Binnen einer Woche sollen die Waffen schweigen. Auf dieses Ziel verständigten sich die USA, Russland und wichtige Regionalmächte in der Nacht in München. Ein Ende der Kampfhandlungen zwischen den Regimetruppen von Machthaber Baschar al-Assad auf der einen Seite und den Milizen der Opposition auf der anderen Seite ist anvisiert. Ausgenommen seien aber Angriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat, sagte Steinmeier.

Es hat eine Verabredung heute gegeben, dass wir sofort starten mit einer – wie wir gesagt haben – signifikanten Reduzierung der Gewalt. Und das soll einmünden in einer Woche in einem Ende der Kampfhandlungen.

Frank-Walter Steinmeier, Bundesaußenminister

US-Außenminister John Kerry äußerte sich zurückhaltend über das Ergebnis der Konferenz: „Die eigentliche Bewährungsprobe wird sein, ob sich alle Mitglieder der Gruppe in der Realität an die Verpflichtungen halten.“ Sein russischer Kollege Sergej Lawrow sagte zur angestrebten Feuerpause: „Das ist eine komplizierte Aufgabe. Es gibt zu viele Kräfte, die an militärischen Aktivitäten beteiligt sind.“

Massive Kämpfe in Aleppo

Zuletzt hatte sich der Konflikt nochmals verschärft: Westliche Länder warfen Russland vor, mit Bombardements in Syrien Zivilisten zu treffen und das Regime von Assad zu stützen. Seit Tagen hatte es massive Kämpfe um die Stadt Aleppo gegeben. Auch die USA bomben in Syrien, vor allem um den IS zurückzudrängen. Der zentrale Streitpunkt, ob Assad künftig noch eine Rolle in Syrien spielen soll, sei nicht beigelegt, erklärten Kerry und Lawrow. Aus US-Sicht muss der Machthaber abtreten, die Russen halten an ihm fest.

Schnelle humanitäre Hilfe

Die sogenannte Syrien-Unterstützergruppe, zu der auch die wichtigen Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien gehören, verständigte sich in München darauf, dass es schnelle humanitäre Hilfe für belagerte Orte geben müsse. Kerry sagte: „Alle waren sich über die Dringlichkeit humanitärer Hilfe einig.“ Eine neue Task Force bei den Vereinten Nationen in Genf soll sich laut Steinmeier ausschließlich um den Zugang für humanitäre Transporte kümmern.

Knapp eine halbe Millionen Todesopfer

Im dem seit fast fünf Jahren tobenden Bürgerkrieg gab es bislang nur geografisch sehr begrenzte Feuerpausen in einigen Dörfern, aber keine Waffenruhe im ganzen Land. 470.000 Syrer starben bisher im Krieg, laut einer Studie des Syrischen Zentrums für Politikforschung. 400.000 wurden demnach bei Kämpfen getötet, weitere 70.000 starben, weil sie keine ausreichende medizinische Versorgung, sauberes Wasser oder Unterkünfte gehabt hätte. Die UN habe bei 250.000 Toten gestoppt zu zählen.

„Ob das ein Durchbruch war, wird sich zeigen“

Viele Gebiete sind derzeit von jeder Versorgung abgeschnitten. Steinmeier sprach insgesamt von „Zwischenzielen“, die man schaffen müsse, damit hoffentlich „in absehbarer Zeit“ die politischen Gespräche zwischen Regime und Opposition in Genf fortgesetzt werden könnten. Ziel ist ein Waffenstillstand, wie er in der UN-Resolution gefordert wird.

Wir kennen die Erfahrungen der Vergangenheit, deshalb spreche ich heute nicht von einem Durchbruch. Ob das ein Durchbruch war, wird sich in den nächsten Tagen beweisen müssen.

Frank-Walter Steinmeier, Bundesaußenminister

Die Friedensverhandlungen zwischen den syrischen Konfliktparteien in Genf waren vor einer Woche nach nur wenigen Tagen abgebrochen worden. Auslöser waren die massiven Angriffe des syrischen Regimes und der russischen Luftwaffe in der Region Aleppo. Die Kämpfe und Bombardements trieben Zehntausende Bewohner zur Flucht in Richtung Türkei. Trotz internationaler Appelle verweigert die Türkei ihnen an der Grenze aber bislang die Einreise.

Russland warnt vor Weltkrieg

Noch vor den Münchner Syrien-Verhandlungen hatte der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew vor einem „Weltkrieg“ im Falle der Entsendung westlicher oder arabischer Bodentruppen nach Syrien gewarnt. Bodentruppen würden den Krieg in Syrien nur auf unabsehbare Zeit verlängern, sagte er dem Handelsblatt. Auch angesichts der vielen verschiedenen Kriegsparteien in Syrien sprach sich Medwedew für Verhandlungen als alleinige Möglichkeit zur Beendigung des Konflikts aus. Und verband das mit einer scharfen Warnung: „Alle Seiten müssten gezwungen werden, am Verhandlungstisch Platz zu nehmen, anstatt einen neuen Weltkrieg auszulösen.“

Die Bemühungen um ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien stehen ab Freitag im Mittelpunkt der Münchner Sicherheitskonferenz. Bis Sonntag beraten mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sowie etwa 60 Außen- und Verteidigungsminister über diesen und andere Krisenherde. Mehr dazu: „Wenn Geheimdienste offen reden“.

dpa/AS