Wenn Geheimdienste offen reden
Zahlreiche ungelöste Konflikte weltweit verschaffen dem Treffen in diesem Jahr einen besonderen Ansturm. Erstmals werden bei der Sicherheitskonferenz Geheimdienstchefs auf der Bühne miteinander diskutieren. Wolfgang Ischinger, Leiter der Konferenz, fordert als internationale Gemeinschaft mit einer Stimme zu sprechen und einen Stufenplan festzulegen.
Sicherheitskonferenz

Wenn Geheimdienste offen reden

Zahlreiche ungelöste Konflikte weltweit verschaffen dem Treffen in diesem Jahr einen besonderen Ansturm. Erstmals werden bei der Sicherheitskonferenz Geheimdienstchefs auf der Bühne miteinander diskutieren. Wolfgang Ischinger, Leiter der Konferenz, fordert als internationale Gemeinschaft mit einer Stimme zu sprechen und einen Stufenplan festzulegen.

600 hochrangige Führungspersönlichkeiten der internationalen Politik diskutieren auf der 52. Münchner Sicherheitskonferenz über die Schwächen der internationalen Ordnung. Vom 12. bis 14. Februar 2016 wird Bayerns Hauptstadt wieder zur Bühne für die wichtigsten sicherheitspolitischen Entscheidungsträger. Unter dem Vorsitz von Botschafter Wolfgang Ischinger versammeln sich in diesem Jahr zirka 30 Staats- und Regierungschefs und über 70 Außen- und Verteidigungsminister. Zudem werden knapp ein Dutzend Spitzenvertreter von internationalen Organisationen sowie 35 Chefs großer Unternehmen erwartet.

Die Krisen in den Griff kriegen

Europas Umgang mit der Flüchtlingskrise, der Krieg in Syrien sowie die Zukunft der europäischen Sicherheitsordnung – das sind die zentralen Themen. Ebenso stehen die Stabilität in Subsahara-Afrika und Rüstungskontrolle im Cyberspace auf der Tagesordnung. Natürlich wird es auch um den Ukraine-Konflikt und die internationale Terrorgefahr gehen. Dazu werden erstmals öffentlich mehrere Geheimdienstchefs miteinander diskutieren, unter anderem der US-Geheimdienstdirektor James Clapper und der Direktor des britischen GCHQ, Robert Hannigan. Ebenfalls zum ersten Mal werden gemeinsam mit der Bill und Melinda Gates Stiftung und Merck auch die Gefahren von Epidemien für weltweite Stabilität und Sicherheit debattiert.

Militär für den Frieden

In den Bemühungen um einen Frieden in Syrien hält der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger notfalls auch militärischen Druck für geboten. Syrien werde bei der dreitägigen Konferenz eine durchgehende Rolle spielen, kündigte Ischinger an. Die internationale Gemeinschaft müsse mit einer Stimme sprechen und einen Stufenplan festlegen. „Wenn es gar nicht anders geht“, könne es nötig sein, auch militärische Macht einzusetzen, um einen Frieden zu erzwingen. Europa habe zu lange weggesehen und trage Mitverantwortung für die menschliche Katastrophe in dem Land. Dennoch blickt Ischinger optimistisch in die Zukunft, wie er im aktuellen BAYERNKURIER-Interview erklärt.

Die Weltordnung ist zwar ins Schwanken geraten, und die Herausforderungen sind groß. Aber ich habe keine Angst davor, dass das 21. Jahrhundert so schlimm wird wie das 20., oder gar schlimmer. Man muss in der Außen- und Sicherheitspolitik Optimist bleiben und strategische Geduld bewahren.

Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz

Am Tisch sitzen hochkarätig Gäste

Auf der Gästeliste stehen unter anderem König Abdullah II. von Jordanien, der polnische Präsident Andrzej Duda, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, der russische Premierminister Dmitri Medwedew, der irakische Premierminister Haider al-Abadi, US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow. Von Seiten der Bundesregierung reisen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der Chef des Bundeskanzleramtes Peter Altmaier und der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Gerd Müller nach Bayern. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen wird die Konferenz gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian eröffnen. Die französische Regierung wird in München zudem von Premierminister Manuel Valls und Außenminister Laurent Fabius vertreten.

Preise an Fabius und Figueres

Der Ewald-von-Kleist-Preis der Münchner Sicherheitskonferenz geht in diesem Jahr an die Chefin des UN-Klimasekretariats Christiana Figueres und den französischen Außenminister Laurent Fabius. Damit werden beide Politiker für ihre Verdienste um die Aushandlung eines neuen Weltklimavertrags geehrt, der im Dezember 2015 in Paris verabschiedet wurde. Seit 2009 vergibt die Münchner Sicherheitskonferenz den Ewald-von-Kleist-Preis. Mit dem Preis sollen herausragende Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die sich in besonderer Weise für Frieden und Konfliktbewältigung eingesetzt haben. Fabius und Figueres sind die siebten Preisträger.

100 Polizisten mehr als im Vorjahr

Die Münchner Polizei sieht für die bevorstehende Münchner Sicherheitskonferenz keine erhöhte Terrorgefahr. Es gebe derzeit keine Hinweise und keine Erkenntnisse, dass die Konferenz einer erhöhten Gefährdung unterliege, sagte Vize-Polizeipräsident Werner Feiler. Die diesjährige Sicherheitskonferenz wird von rund 3700 Polizisten geschützt. Darunter sind auch Beamte aus anderen Ländern. Insgesamt sind etwa 100 Polizisten mehr als im vergangenen Jahr im Einsatz. Nach Angaben der Polizei werden zur Demonstration gegen das Treffen bis zu 4000 Teilnehmer erwartet.

Von der Wehrkunde-Begegnung zum globalen Forum

Die Konferenz beginnt am Freitag, 12. Februar, um 15 Uhr im Bayerischen Hof und endet am Sonntag, 14. Februar, gegen 13 Uhr. Die Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo oder englisch MSC für Munich Security Conference) wurde im Herbst 1963 gegründet, damals noch unter dem Namen „Internationale Wehrkunde-Begegnung“. Seither hat sich viel verändert – heute gilt die Münchner Sicherheitskonferenz als ein zentrales globales Forum für die Debatte sicherheitspolitischer Themen.