Hände weg vom Bargeld
Die Bundesregierung plant, Barzahlungen nur noch bis zu einer Summe von maximal 5000 Euro zu erlauben. Sie möchte damit Terrorismus und Kriminalität wirksamer bekämpfen. Der Erfolg eines derartigen Verbots ist zweifelhaft. Vor allem wäre es ein massiver Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger.
Finanzen

Hände weg vom Bargeld

Kommentar Die Bundesregierung plant, Barzahlungen nur noch bis zu einer Summe von maximal 5000 Euro zu erlauben. Sie möchte damit Terrorismus und Kriminalität wirksamer bekämpfen. Der Erfolg eines derartigen Verbots ist zweifelhaft. Vor allem wäre es ein massiver Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger.

Natürlich geht es um ein hehres Ziel, worum auch sonst: Um Korruption zu bekämpfen und Terroristen die Finanzierung ihrer Machenschaften zu erschweren, will die Bundesregierung Geschäfte mit Bargeld massiv einschränken. Maximal für 5000 Euro könnten Plänen des Bundesfinanzministeriums zufolge die Bürger ihre Einkäufe oder Rechnungen künftig noch bar begleichen. In der EU stößt diese Idee auf Zustimmung: „Barzahlungen sind Teil des Alltagslebens, aber auch ein gängiges Finanzierungsmittel für Terroristen“, sagt EU-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis. „Es gibt verschiedene Optionen, unter anderem Obergrenzen für Barzahlungen und strengere Kontrollen verdächtiger Geldbewegungen an den EU-Außengrenzen.“ Und schon melden sich diejenigen, denen selbst 5000 Euro noch zu viel sind. Transparency International, eine Anti-Korruptionsagentur, fordert, Zahlungen auf 1000 Euro zu beschränken.

Wer das verlangt, stellt die Bürger unter Generalverdacht. Im Kampf gegen die Schattenwirtschaft, Kriminelle und Terroristen sollen alle büßen. Fast 80 Prozent aller Geschäfte in Deutschland werden nach einer Schätzung der Bundesbank mit Bargeld abgewickelt. Bestimmte Transaktion, wie etwa der Gebrauchtwagenhandel von privat an privat, sind anders auch kaum vorstellbar. Gegen Geld gibt es Fahrzeug und Brief. Mit krummen Machenschaften hat das nichts zu tun.

Kriminelle und Terrorristen zahlen mit virtuellem Geld

Und wer tatsächlich glaubt, ein Bargeld-Limit würde Kriminellen das Leben erschweren, braucht nur nach Italien zu schauen. Dort gilt eine Barzahlungsgrenze von 2999,99 Euro. Vom Ende der Mafia ist nichts bekannt. Tatsächlich scheut das organisierte Verbrechen zunehmend vor Bargeschäften zurück. Bereits vor einem Jahr berichtete die Polizeibehörde Europol, international agierende Verbrecherorganisationen würden mehr und mehr auf digitale Zahlungsmethoden ausweichen, um die Risiken, die ein direkter, persönlicher Kontakt mit sich bringe, zu reduzieren. Virtuelle Währungen wie der Bitcoin, schreibt Europol, seien bei allen Formen der Internetkriminalität bereits jetzt das „Zahlungsmittel der Wahl“. Und auch die Terroristen des selbsternannten islamischen Staates nutzen seit längerem Bitcoin-Guthaben um ihre Rechnungen zu bezahlen.

Die Idee, Barzahlungen zu begrenzen, ist nicht wirklich neu. Schon vor Monaten hatte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans ein Bargeld-Limit von 2000 oder 3000 Euro ins Gespräch gebracht. Der SPD-Politiker wollte ebenfalls Schwarzgeldgeschäfte und Steuerhinterziehung unterbinden. Und der Würzburger Wirtschaftsprofessor Peter Bofinger schlug im vergangenen Jahr vor, Bargeld gleich ganz abzuschaffen. Mit ganz ähnlichen Argumenten.

Cash ist teuer und ineffizient, sagt der Chef der Deutschen Bank

Und so, das steht zu befürchten, wäre wohl auch die Einführung eines Zahlungs-Limits nur der erste Schritt in Richtung eines völligen Verbotes. Die Anti-Bargeld-Allianz ist groß und einflussreich. Silicon-Valley-Unternehmen träumen davon, jegliche Zahlung via Smartphone-App abzuwickeln, und so die wichtige Schnittstelle zwischen Kunden und Händler zu besetzen. Banken wollen sich den für sie lästigen und teuren Aufwand mit Münzen und Scheinen sparen. „Cash ist fürchterlich teuer und ineffizient“, verkündete Deutsche-Bank-Chef John Cryan auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Und auch für den Staat sind die Vorteile einer bargeldlosen Gesellschaft verlockend: Ohne Bargeld ließen sich sämtliche Finanz-Transaktion wesentlich einfacher nachweisen und nachverfolgen. Am Fiskus vorbei wäre kein Geschäft mehr möglich.

Auf der anderen Seite stehen drastische Einschnitte in persönliche und wirtschaftliche Freiheit. Wer nicht mehr wählen kann, wie er bezahlen möchte, verliert auch die Kontrolle über die Daten, die er preisgibt und die Spuren, die er hinterlässt. Firmen wie Amazon, Google und Apple bestreiten einen wichtigen Teil ihres Geschäfts mit den Informationen, die sie von ihren Kunden speichern. Wer mit Karte oder Smartphone bezahlt, überlässt jedes Mal seine Daten einem Unternehmen, das diese nach Belieben verwerten kann. Mit Bargeld zu bezahlen, ist dagegen ein wirksames Mittel, die persönlichen Daten zu schützen.

Bargeld ist geprägte Freiheit

Ähnliches gilt bei der Frage, wie und wo man seine Ersparnisse verwahrt. Wer aus welchen Gründen auch immer nicht all sein Geld auf einem Bankkonto deponieren will, kann so viel wie er möchte zu Hause oder an einem anderen Ort lagern. Doch genau diese Freiheit stellen derzeit immer mehr Ökonomen in Frage: Dahinter stecken vorwiegend volkswirtschaftliche Interessen. Obwohl die Europäische Zentralbank den Leitzins auf fast null gesenkt hat, springt die Konjunktur in vielen europäischen Ländern nicht an. Statt zu konsumieren, horten die Verbraucher Billionen von Euro auf Bankkonten.

Mancher Wirtschaftsexperte argumentiert nun, dieser Zustand ließe sich mit Negativzinsen beenden. Wenn das Geld auf der Bank immer weniger wert wird, würden die Sparer es lieber ausgeben. Negativzinsen lassen sich allerdings nur durchsetzen, wenn es kein Bargeld mehr gibt. Ansonsten können die Menschen ihre Ersparnisse einfach abheben.

Genau diese Wahlmöglichkeiten gilt es zu bewahren. „Bargeld ist geprägte Freiheit“, heißt es in einer Resolution der CSU Oberbayern aus dem vergangenen Jahr. Und das muss es auch bleiben.