Migranten: Immer mehr Marokkaner und Algerier
Alarmsignal für Europa: Im stürmischen Wintermonat kamen mit über 103.000 Migranten fast soviele Personen über die Ägäis wie im vergangenen August. Griechische Behörden zählen derzeit täglich 4000 Neuankömmlinge. Trotz einer Vereinbarung mit der Europäischen Union reduziert die Türkei den Zustrom nicht. Neues Phänomen: Unter den Migranten befinden sich immer mehr Marokkaner und Algerier.
Migrantenkrise

Migranten: Immer mehr Marokkaner und Algerier

Alarmsignal für Europa: Im stürmischen Wintermonat kamen mit über 103.000 Migranten fast soviele Personen über die Ägäis wie im vergangenen August. Griechische Behörden zählen derzeit täglich 4000 Neuankömmlinge. Trotz einer Vereinbarung mit der Europäischen Union reduziert die Türkei den Zustrom nicht. Neues Phänomen: Unter den Migranten befinden sich immer mehr Marokkaner und Algerier.

Auf der Balkanroute sind weiter Tausende Flüchtlinge in Richtung Österreich und Deutschland unterwegs − trotz des Wintereinbruchs mit bis zu 20 Zentimetern Schnee und Minusgraden. Allein in den ersten Stunden des vergangenen Sonntags (3. Januar) seien rund 2800 Migranten in Kroatien gezählt worden, teilte das Innenministerium in Zagreb mit. Am Vortag seien es knapp 1900, am ersten Tag des neuen Jahres etwa 3000 gewesen.

Immer mehr Marokkaner und Algerier aus der Türkei

Auch weiter südlich kamen täglich aus der Türkei mehr als 4000 Flüchtlinge auf die vorgelagerten griechischen Inseln, wie der für Migration zuständige griechische Vizeminister Ioannis Mouzalas der Zeitung Eleftheros Typos (Samstag) sagte. Neben den vor allem aus Syrien kommenden Kriegsflüchtlingen registrierten die Behörden nun immer mehr Migranten aus Nordafrika: „Wir haben ein neues Phänomen: Marokkaner und Algerier (…) kommen in großen Zahlen.” Sie setzten aus der Türkei über.

Diese Menschen müssten unbedingt in ihre Heimat zurückgeschickt werden, damit nicht noch mehr Migranten über die Türkei nach Europa kommen.

Ioannis Mouzalas, griechischer Vizeminister für Migration

Diese Menschen müssten unbedingt in ihre Heimat zurückgeschickt werden, damit nicht noch mehr Migranten über die Türkei nach Europa kommen, forderte Mouzalas. Insgesamt kämen trotz schlechten Wetters täglich aus der Türkei mehr als 4000 Migranten und Flüchtlinge nach Griechenland.

Kritik an der Türkei

Die Überfahrt aus der Türkei nach Griechenland wird inzwischen immer gefährlicher. In der Region wehen starke Winde. Die Flucht per Boot über die Ägäis sei deswegen „äußerst gefährlich”, sagte ein Offizier der griechischen Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur.

Die Türkei reduziert den Zustrom nicht. Wir haben trotz Windstärke sechs bis sieben ein Bombardement von 4000 Ankünften pro Tag. Das ist nicht normal.

Ioannis Mouzalas

In Griechenland wächst die Kritik an der Türkei, weil weiterhin täglich Tausende Flüchtlinge auf Booten über das Meer kommen. „Die Türkei reduziert den Zustrom nicht. Wir haben trotz Windstärke sechs bis sieben ein Bombardement von 4000 Ankünften pro Tag. Das ist nicht normal”, erläuterte Vizeminister Ioannis Mouzalas  der staatlichen griechischen Nachrichtenagentur ANA-MPA.

Von den griechischen Inseln in der Ostägäis sind am Silvester-Donnerstag gut 3600 Migranten und Flüchtlinge im Hafen von Piräus angekommen. Sie waren in den vergangenen Tagen von der Türkei auf die griechischen Inseln Samos, Chios und Lesbos übergesetzt.

Bei einem Sondergipfel Ende November hatten die EU und die Türkei einen gemeinsamen Aktionsplan beschlossen, um den Zustrom von Flüchtlingen einzudämmen. Die Europäische Union hat Ankara dafür unter anderem Finanzhilfen in Höhe von drei Milliarden Euro, Visa-Erleichterungen und eine Wiederbelebung des EU-Beitrittsprozesses in Aussicht gestellt. Der Flüchtlingszustrom hält aber an. Von den griechischen Inseln in der Ostägäis sind am Silvester-Donnerstag gut 3600 Migranten und Flüchtlinge im Hafen von Piräus angekommen. Sie waren in den vergangenen Tagen von der Türkei auf die griechischen Inseln Samos, Chios und Lesbos übergesetzt, wie die Küstenwache mitteilte.

Athen weist Kritik zurück

Das Problem ist nach den Worten Mouzalas nicht von Griechenland oder einem anderen EU-Staat allein zu bewältigen. Dies wüssten einige Politiker in der EU. Sie machten aber aus innenpolitischen Gründen Griechenland für den Flüchtlingszustrom verantwortlich. Kritik, Griechenland könne seine Grenzen nicht kontrollieren, wies Vizeminister Mouzalas zurück. „Landesgrenzen kann man wunderbar kontrollieren. Im Meer, wenn ein Boot sinkt, hat man keine andere Wahl, als die Menschen zu retten”, sagte Mouzalas der Zeitung Eleftheros Typos.

Wer heute versucht (aus der Türkei) rüber zu kommen, macht einen großen Fehler.

Offizier der griechischen Küstenwache

Die griechische Küstenwache und die Beamten der europäischen Grenzagentur Frontex, die auf den Inseln der Ostägäis stationiert sind, waren unterdessen alarmiert, denn in ganz Griechenland ist am letzten Tag des Jahres der Winter eingebrochen. In der Ägäis wehten stürmische Winde. Die Thermometer auf Lesbos zeigten tagsüber Werte um dem Gefrierpunkt. „Wer heute versucht (aus der Türkei) rüber zu kommen, macht einen großen Fehler”, sagte ein Offizier der Küstenwache aus der südlich von Lesbos liegenden Ostägäisinsel Chios der Deutschen Presse-Agentur.

Alarmsignal: Im Wintermonat fast soviele Migranten wie im August

Das UN-Hilfswerk UNHCR veröffentlichte unterdessen die Gesamtzahl der Migranten, die 2015 über die Ägäis nach Europa kamen. Es waren 851 319 Personen. 57 Prozent dieser Flüchtlinge kamen aus Syrien. 24 Prozent aus Afghanistan. Beunruhigende Entwicklung: Auch im Schlechtwetter-Monat Dezember 2015 kamen mehr als 103 000 Menschen. Fast genau so viele wie im August 2015 (107 843). Für den kommenden Frühling müssen sich die Balkanroute und Europa auf neue Rekordzahlen gefasst machen. dpa/BK/H.M.