Belgiens Problem mit dem Terror ist kein Zufall. Bild: Fotolia/ijdema
Dschihad in Europa

Europa wehrt sich

Nach dem Schlag gegen islamistische Terroristen in Belgien fahndet die Polizei in mehreren Ländern nach Dschihadisten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Islam-Geistliche aufgefordert, ihre Religion deutlich von Gewalt abzugrenzen.

Der Dschihad zieht ein in Europa. In buchstäblich letzter Minute haben belgische Sicherheitskräfte eine größere Terrorzelle von Dschihad-Heimkehrern zerschlagen und offenbar eine regelrechte Terrorwelle verhindert: Die islamischen Terroristen standen unmittelbar davor, im ganzen Land Polizeistationen und Polizisten anzugreifen. Zwei mutmaßliche Terroristen kamen ums Leben, 13 wurden festgenommen. Ganz Europa fahndet nach dem aus Marokko stammenden Terror-Führer. In Athen gingen zwei Algerier ins Netz.

Besonders viele Dschihadisten aus Belgien

Belgiens Problem mit dem Terror ist kein Zufall: Sechs Prozent der elf Millionen Belgier sind Muslime. 300 bis 400 Dschihadisten mit belgischen Pässen sind nach Syrien und in den Irak gezogen. Gemessen an der Bevölkerung ist Belgien damit Europas führender Dschihadisten-„Entsender“ – 100 von ihnen sollen schon wieder zurückgekehrt sein und stellen nun eine große Gefahr dar. Derzeit stehen in Antwerpen 46 Mitglieder der Salafisten-Organisation „Sharia4Belgium“ – Scharia für Belgien – vor Gericht: Sie sollen massenhaft junge Belgier für den Dschihad in Syrien rekrutiert haben.

EU-Angaben zufolge sollen inzwischen bis zu 5000 Syrien- und Irak-Dschihadisten aus Europa kommen. Wie sollen die Europäer auf die neue Gefahr reagieren? Wie schon in anderen Ländern erwogen, will auch Belgien künftig mutmaßlichen Dschihadisten Reisepässe und Ausweise abnehmen; Dschihad-Heimkehrer mit Doppelpass sollen die belgische Staatsangehörigkeit verlieren. Italien hat schon neue Maßnahmen ergriffen: Seit Jahresbeginn wurden schon neun Terrorverdächtige aus Tunesien, der Türkei, Marokko, Ägypten und Pakistan in ihre Heimatländer ausgewiesen.

London: Imame sollen mehr gegen Extremismus und Hassprediger tun

Unterdessen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung Muslime und Islamgelehrte zu einer klaren Abgrenzung zwischen muslimischem Glauben und islamistischem Terror aufgerufen (S. 2). In Frankreich forderte Präsident Hollande von den Muslimen Respekt für Freiheit und Demokratie, die nicht verhandelbar seien. Frankreich werde die Muslime schützen und respektieren – „so wie sie selber die Republik respektieren müssen“, so Hollande. In London dagegen wurde die britische Regierung von Muslimverbänden scharf kritisiert: Ein zuständiger Minister hatte 1000 Imame angeschrieben und sie aufgefordert, ihren Gläubigen zu erklären, dass Islam „Teil britischer Identität“ sein könne. Das Schreiben erinnerte die Imame außerdem an ihre Pflicht, mehr zu tun, um Ex­tremismus und Hassprediger zu bekämpfen. Premierminister David Cameron verteidigte das Schreiben als „sehr an­gemessen, vernünftig und moderat“.