Athen muss sich entscheiden
Die Regierung Tsipras steht offenbar kurz vor dem Bankrott und setzt ihre Brüsseler Kreditgeber zunehmend unter Druck. Doch der EU-Gipfle blieb hart: Keine Hilfen ohne Reformen.
Griechenland-Krise

Athen muss sich entscheiden

Die Regierung Tsipras steht offenbar kurz vor dem Bankrott und setzt ihre Brüsseler Kreditgeber zunehmend unter Druck. Doch der EU-Gipfle blieb hart: Keine Hilfen ohne Reformen.

Der Antrittsbesuch von Griechenlands neuem Premier Alexis Tsipras in Berlin hatte immer wieder Züge eines Affronts: Vor der Begrüßung mit militärischen Ehren vor dem Bundeskanzleramt ließ er die Wagenkolonne stoppen, um Linksdemonstranten die Hände zu schütteln. Am Tag nach der Begegnung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel traf er sich mit Vertretern der linken und grünen Opposition. Bei der Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin sprach er die Reparationsfrage an – im Kanzleramt. Beim Thema Kampf gegen Korruption in Griechenland sprach er nur von einer deutschen Firma – Siemens. Seinem Berlin-Besuch vorausgeschickt hatte er die Meldung, dass er Anfang April nach Moskau fliegen wird. Sein Außenminister Nikos Kotzias sollte schon eher in Moskau eintreffen.

Alexis Tsipras droht mit Bankrott

Von Einsicht in Griechenlands Lage war bei Tsipras in Berlin dagegen wenig zu sehen und zu hören. Statt Reformen zu versprechen, forderte er einen „neuen politischen Mix“, um die „Probleme Griechenlands zu lösen“. Griechische Vertragstreue band er an die Achtung der Demokratie und der Volkssouveränität – also an die Wünsche seiner griechischen Wähler.

Dabei steht Athen womöglich kurz vor dem Zahlungsausfall. In Berlin darauf angesprochen, ließ Tsipras das Datum vom 8. April unkommentiert und undementiert im Raum stehen. Auf dem Brüsseler EU-Gipfel drei Tage vor dem Besuch in Berlin hat er offenbar mehr gesagt. Im kleinen Kreis soll er erklärt haben, Athen könne nicht bis Ende April auf die letzte Rettungstranche von sieben Milliarden Euro warten. Im kleinen Kreis soll er in Brüssel sogar mit Bankrott gedroht haben, berichtet die Londoner Tageszeitung The Guardian.

Horst Seehofer: Hilfe nur gegen Reformen

Doch die Staats- und Regierungschefs haben sich nicht beeindrucken lassen. Sie halten „vollumfänglich an der Vereinbarung der Eurogruppe vom 20. Februar 2015 fest“, zitierte Merkel in Brüssel gleich mehrfach aus den Erklärungen von Rat, Kommission und Eurogruppe. Auszahlungen an Griechenland kann es erst geben, heißt das, wenn Athen ein „umfassende Liste“ mit Reformmaßnahmen vorlegt. Merkel: „Diese Liste wird bewertet werden, und von den Institutionen wird es dann einen Vorschlag geben.“ Hilfe könne es nur gegen Reformen geben, betonte in München auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer: „Das ist der Maßstab für uns.“

Jetzt wartet man in Brüssel auf die neue präzise Reform- und Maßnahmenliste aus Athen – mit wachsender Skepsis. Die jüngste Reformliste von Athens Finanzminister Yanis Varoufakis gelte beim Internationalen Währungsfonds in Washington „als Lachnummer“, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Griechenland muss nun eine Richtungsentscheidung treffen“, schreibt ebenfalls in der FAZ der Chefvolkswirt der Allianz, Michael Heise: „Entweder die Mitgliedschaft in der Eurozone beenden oder die Systemreformen anpacken, die für die Modernisierung des Landes erforderlich sind und ohne die weitere Finanzhilfen der Partnerländer keinen Sinn ergeben.“