Türöffner für Bayerns Wirtschaft in Teheran: Wirtschaftsministerin Ilse Aigner mit dem iranischen Industrieminister. Bild: StMWi.
Aigner in Teheran

Chance für Bayerns Exportwirtschaft

Wenn die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran fallen, möchte Bayerns Wirtschaft präsent sein. An der Spitze einer großen bayerischen Wirtschaftsdelegation ist Wirtschaftsministerin Ilse Aigner jetzt sozusagen als Türöffnerin nach Teheran gereist. Zusammen mit vbw-Chef Alfred Gaffal hat sie dort eine neue Vertretung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft eröffnet.

Wirtschaftlicher Erfolg kommt nicht von selbst. Er hat viele Bedingungen. Eine davon ist: frühe, schnelle Initiative. Das ist der Hintergrund für die Reise von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in den Iran – an der Spitze einer über 100-köpfigen Wirtschaftsdelegation des Freistaats Bayern. Nach dem erfolgreichen Ende der Atomverhandlungen in Wien können wohl schon Anfang 2016 die internationalen Sanktionen gegen den Iran fallen. Der Iran ist dann nicht mehr internationaler Paria, sondern wieder wirtschaftlicher Akteur und ein höchst interessanter potentieller Außenhandelspartner.

Der Iran ist dabei, sich zu öffnen. Diese Phase sollten unsere Unternehmen unbedingt nutzen. Der Iran ist als Absatzmarkt für die bayerische Wirtschaft höchst interessant.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner

Bayerns Wirtschaft und ihr Exportgeschäft möchten dann zur Stelle sein. „Der Iran ist dabei, sich zu öffnen“, sieht Wirtschaftsministerin Aigner und rät:  „Diese Phase sollten unsere Unternehmen unbedingt nutzen. Der Iran ist als Absatzmarkt für die bayerische Wirtschaft höchst interessant.“ Die Ministerin sieht sich in Teheran in der Pflicht als Türöffnerin für Bayerns Wirtschaft. Aigner: „Vorrangiges Ziel der Reise ist, der Bayerischen Wirtschaft und insbesondere dem Mittelstand gute Startchancen im Iran zu ermöglichen.“ Zu Aigners Besuchsprogramm gehörten Treffen mit hochrangigen iranischen Politikern, iranischen Geschäftsfrauen, Vertretern der Teheraner Start up-Szene sowie ein Besuch in einer iranischen Universität.

vbw Repräsentanz in Teheran

Bayerns Wirtschaft wird denn auch von Anfang an in Teheran präsent sein – mit einer neuen gemeinsame Vertretung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) und des Bildungswerks der Bayerischen Wirtschaft (bbw). Am vergangenen Sonntag hat Aigner Zusammen mit vbw-Präsident Alfred Gaffal und dem Bildungswerkvorsitzenden Professor Günther Roth die Repräsentanz der Bayerischen Wirtschaft in Teheran eröffnet. Mit dem Abbau der Wirtschaftssanktionen bestehe die große Chance, zu den einst engen Handelsbeziehungen zwischen Bayern und dem Iran zurückzukehren, meint vbw-Chef Gaffal: „Die wirtschaftlichen Potentiale sind für beide Seiten enorm.“ Gaffal weiter: „Mit der neuen vbw Repräsentanz wollen wir Türöffner sein – sowohl für bayerische, als auch für iranische Firmen.“ Das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft werde sein gesamtes Portofolio künftig im Iran anbieten“, betont auch der vbw-Vorstandsvorsitzende Goth.

Mit dem Abbau der Wirtschaftssanktionen besteht die große Chance, zu den einst engen Handelsbeziehungen zwischen Bayern und dem Iran zurückzukehren.

vbw-Chef Alfred Gaffal

Die neue Vertretung in Teheran ist denn auch Teil einer umfassenden Initiative für intensivere Wirtschaftsbeziehungen zwischen Bayern und dem Iran, die die vbw schon in Angriff genommen hat. Die neue vbw Repräsentanz will bayerische Unternehmen bei der Markterschließung und beim individuellen Marktzugang beraten und begleiten – von der Kontaktanbahnung bis zum Vertragsabschluss. Für befristete Aufenthalte in Teheran stehen Büroservice und Büroflächen zu Verfügung. Die vbw- Vertretung unterstützt außerdem beim Zugang zu politischen Entscheidungsträgern. Das Bildungswerk wird Teilqualifizierungsmaßnahmen und Managementtrainings im Iran anbieten. Dazu kommen interkulturelle Seminare und Sprachunterricht.

Irans signifikanter Industriesektor

Der Iran ist in der großen mittelöstlichen Region ein ganz spezielles Land. Mit 1,6 Millionen Quadratkilometern Fläche ist es knapp fünf Mal so groß wie Deutschland. Seine Bevölkerung von etwa 82 Millionen machen den Iran zu einem höchst attraktiven Markt. Die Iraner betrachten sich als altes Kulturvolk mit Jahrtausende zurückreichende Geschichte. Als eines der wenigen Länder der Region verfügt der Iran auch über einen signifikanten Industriesektor, der 40,7 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmacht und 35 Prozent der Bevölkerung beschäftigt. 40 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre. Die Iraner sind gut ausgebildet: Die Analphabetenrate beträgt 13,2 Prozent. Ein Problem ist anhaltende starke Arbeitslosigkeit von − nach offiziellen Zahlen − 11,2 Prozent. Tatsächlich liegt sie wohl deutlich höher. Die Jugendarbeitslosigkeit wird mit 23 Prozent angegeben.

Durch die jahrelangen Wirtschaftssanktionen hat die iranische Wirtschaft einen enormen Nachholbedarf, zum Beispiel in den Bereichen Infrastruktur, Energietechnik oder Maschinenbau.

Ilse Aigner

Für Irans junge Bevölkerung gibt es jetzt Hoffnung: Nach zwei Jahren massiver wirtschaftlicher Schrumpfung ist Irans Wirtschaft 2014 wieder um drei Prozent gewachsen. Und nun sollen die Sanktionen fallen. Dann kann das Land mit den drittgrößten Erdölreserven in absehbarer Zeit richtig Geld verdienen. Zudem sollen eingefrorene Öl-Einnahmen von 100 Milliarden Dollar für Teheran wieder verfügbar werden. Das Land hungert nach dem großen Aufbruch. Eine Chance für Investoren: Durch die jahrelangen Wirtschaftssanktionen, erinnert Ministerin Aigner, „hat die iranische Wirtschaft einen enormen Nachholbedarf, zum Beispiel in den Bereichen Infrastruktur, Energietechnik oder Maschinenbau.“ Wenn das Embargo aufgehoben werde, sei in naher Zukunft mit großen Investitionsprojekten im Iran zu rechnen, erwartet die Ministerin.

Bayern gut aufgestellt

Bayern ist als potentieller Wirtschaftspartner schon jetzt gut aufgestellt. „Das Siegel Made in Germany wird im Iran sehr geschätzt“, so Aigner. „Die Schwerpunkte, die der Iran bei seinen Überlegungen zur Wirtschaftsentwicklung und bei Investitionen aus dem Ausland setzen will, passen genau zum Portofolio der bayerischen Wirtschaft“, ergänzt vbw-Chef Gaffal. Große Potentiale gibt es etwa im Maschinenbau, der schon heute 30 Prozent der Ausfuhren des Freistaats in den Iran ausmacht. Wachsende Nachfrage nach deutschen Produkten und Dienstleistung, so Gaffal, gibt es außerdem im Bereich der Energieeffizienz und des Klimaschutzes. Gute Chancen sieht die vbw außerdem für die chemische Industrie, Pharmazie und Medizintechnik sowie für die Lebensmittelindustrie.

Autobegeisterte Iraner

Besondere Hoffnungen darf sich auch die Automobilindustrie machen. Die Iraner sind ein autobegeistertes Volk. Das Land verfügt mit 160.000 Kilometern gepflasterter Straßen und fast 2000 Kilometer Autobahn über ein für die Region vergleichsweise gut ausgebautes Straßennetz. Noch vor wenigen Jahren waren etwa jahrzehntealte 02er BMW sehr populär und im Teheraner Straßenbild überraschend präsent. Neue BMW-Modelle würden im Iran sicher auf großen Zuspruch stoßen – und den Iranern in puncto Sicherheit sehr helfen: Denn der Iran hat mit 34,1 Verkehrstoten auf 100.000 Einwohner weltweit den dritthöchsten Wert (Deutschland: 4,7).