Unfreundliche Presse: Nicht nur die Fans, auch die Medien forderten immer wieder vehement Blatters Rückzug. (Bild: avd)
FIFA

Blatter setzt sich durch – mal wieder

Der Nachfolger des scheidenden FIFA-Präsidenten Joseph Blatter soll am 26. Februar 2016 gewählt werden. Diesen Termin für einen außerordentlichen Kongress habe das Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbands in Zürich beschlossen, teilte die FIFA nach einer Sondersitzung mit.

Sieben Wochen nach der Rücktrittsankündigung von FIFA-Präsident Blatter wegen diverser Korruptionsskandale beriet das Exekutivkomitee über die Frage, wann dessen Nachfolger gewählt wird. Der 79 Jahre alte Schweizer hatte Anfang Juni zwar seinen Rückzug angekündigt, will aber selbst noch den Reformprozess in der skandalumwitterten FIFA anführen. Blatter strebte deshalb einen Zeitpunkt erst im kommenden Frühjahr an, wohl auch, um genug Zeit zu haben, einen Wunschkandidaten zu positionieren. Das europäische Lager mit DFB-Präsident Niersbach wollte jedoch, dass die Nachfolge noch vor Weihnachten geklärt wird. Auch der im Mai unterlegene Präsidentschaftskandidat Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien forderte den sofortigen Rücktritt von Blatter, will jedoch keine Wahl vor März 2016: „Blatter darf nicht seine Nachfolge planen und diesen Wahlprozess leiten.“

Wie immer und kaum überraschend, hat sich jedoch der „ewige Sepp“ durchgesetzt. Nun steht zu befürchten, dass der Schweizer einen Wunschnachfolger installiert, der die FIFA in seinem Sinne weiterführt. Für den Weltfußball wäre ein solches Szenario überaus schädlich, da es dann weiterginge wie bisher. Das Ansehen der FIFA und auch Blatters ist insbesondere in Europa, Australien und Nordamerika auf einem totalen Tiefstand angekommen.

Blatter im Visier

Die FIFA war nach der Festnahme von sieben Funktionären Ende Mai in Zürich wegen des Verdachts des organisierten Verbrechens, Überweisungsbetrugs und verschwörerischer Geldwäsche in schwere Turbulenzen geraten. Insgesamt wurden 14 ranghohe Fußball-Funktionäre festgenommen. Die US-Behörden ermitteln wegen des Verdachts der Annahme von Bestechungsgeldern in Millionenhöhe im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaften an Russland 2018 und Katar 2022. Im Mittelpunkt der parallelen Schweizer Untersuchungen stehen die von Beginn an umstrittenen Vergaben der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar. Die Schweizer Staatsanwaltschaft geht hier 53 Verdachtsfällen von Geldwäsche nach. Der von der Schweiz ausgelieferte frühere FIFA-Vizepräsident Jeffrey Webb, der seiner Auslieferung durch die Schweiz zugestimmt hat, hat sich vor einem New Yorker Gericht als „nicht schuldig“ bekannt. Amerikanische Medien spekulieren deshalb, dass er mit der Anklage kooperieren könnte. Webb wird unter anderem Betrug und Geldwäsche vorgeworfen. Nach Medienberichten zielen insbesondere die US-Ermittlungen des FBI nicht nur auf die bisher verhafteten FIFA-Funktionäre, sondern die Behörde wolle auch Blatter ins Visier nehmen. Sie erhofft sich nach den Berichten über die Kronzeugenregelung durch die Verhafteten Aussagen, die auch den FIFA-Boss belasten. Auffällig ist, dass Blatter Reisen in die USA oder in Länder, die an die USA ausliefern, meidet. So verpasste der oberste Fußballherrscher die Fußball-WM der Frauen in Kanada. Er selber sagte, er wolle „kein Risiko“ eingehen. Auch Großsponsoren wie Adidas oder zuletzt Coca-Cola erhöhten den Druck auf die FIFA, ihre Skandale endlich aufzuklären.

Die Nachfolger formieren sich

Vor der Wahl eines Nachfolgers formieren sich unterdessen die Widersacher des scheidenden FIFA-Präsidenten. UEFA-Chef Michel Platini hat nach Informationen der dpa eine große Unterstützung für eine mögliche Bewerbung sicher. Der Franzose Platini soll von zahlreichen Nationen um eine Kandidatur gebeten worden sein, demnach soll er die Zusagen der Konföderationen aus Europa, Asien, Südamerika und Nord- und Zentralamerika haben. Der 60-Jährige hat sich allerdings noch nicht offiziell zu einer möglichen Bewerbung geäußert. Für diesen Fall wird DFB-Präsident Wolfgang Niersbach als möglicher UEFA-Nachfolger gehandelt. Auch Platini steht nicht im besten Licht, seit sein Sohn kurze Zeit nach der WM–Vergabe 2010 einen Job in Katar angenommen hat. Der Vater hatte für den Wüstenstaat als WM-Ausrichter plädiert, obwohl das Land im Sommer Temperaturen bis zu 50 Grad Celsius aufweist. Darum wurde die Fußball-WM 2022 in den November und Dezember gelegt.