Die Export-Hoffnung ist geplatzt
Vor drei Jahren hatte die bayerische Wirtschaft große Hoffnungen auf den Wachstumsmarkt Iran. Drei Jahre später sind diese verflogen. Der Iran steckt in einer tiefen sozio-ökonomischen Krise, und das Regime ist hilflos, wie eine vbw-Tagung zeigte.
Iran

Die Export-Hoffnung ist geplatzt

Vor drei Jahren hatte die bayerische Wirtschaft große Hoffnungen auf den Wachstumsmarkt Iran. Drei Jahre später sind diese verflogen. Der Iran steckt in einer tiefen sozio-ökonomischen Krise, und das Regime ist hilflos, wie eine vbw-Tagung zeigte.

Die iranische Aufstandswelle im vergangenen Januar markiert für die Islamische Republik einen Wendepunkt. Ihre geographische Ausdehnung war beispiellos: über 90 Städte waren betroffen, berichtet Ali Fatollah-Nejad, Iran-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). In den vergangenen Jahren hat er 1600 soziale Proteste aller möglichen sozialen Gruppen gezählt. Kein Wunder: 40 Prozent der Iraner leben unter der Armutsgrenze, 50 Prozent um die Armutsgrenze herum.

Die iranische Protestwelle speist sich aus der gleichen sozialökonomischen Problem-Ballung wie vor sieben Jahren der Arabische Frühling. Dazu kommt eine ökologische Katastrophe: Der Iran hat 70 Prozent seines Grundwassers verbraucht und trocknet nun die Flüsse aus – für den Konsum. 96 Prozent des Landes sind von Dürre bedroht. Schätzungen zufolge könnte der Iran bis zum Jahr 2050 zur Wüste werden. Das ist Sprengstoff, der kaum zu entschärfen ist.

Die nächste soziale Eruption ist nur eine Frage der Zeit.

Ali Fathollah-Nejad, DGAP

Zwei Jahre nach dem Ende der umfassenden Wirtschaftssanktionen sind die Iraner vollständig desillusioniert. Die Menschen erkennen, dass auch die moderaten Kräfte um Staatspräsident Hassan Rohani herum, nicht in der Lage sind, Besserung zu bringen. Die Januar-Protestwelle war Ausdruck umfassender Herrschaftskritik. Fathollah-Nejad: „Die nächste soziale Eruption ist nur eine Frage der Zeit.“

Bayerische Hoffnungen sind verflogen

Die Ausführungen des Iran-Experten waren sozusagen Fakten-Check einer spannenden, zweistündigen Kurztagung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw): „Die aktuelle Lage im Iran – Auswirkungen auf die Wirtschaft.“ Iranische Tagungsgäste konnten dem düsteren Bild wenig entgegensetzen. Die vbw ist für bayerische Unternehmen, die im Iran tätig werden wollen, der erste Ansprechpartner: 2015 hat sie in Teheran eine Repräsentanz eröffnet. Seit 2016 gibt es in ihrem Münchner Haus der Bayerischen Wirtschaft auch ein Verbindungsbüro ihrer iranischen Partnerorganisation, der Teheran-Kammer.

2015 war das Jahr des Kompromisses im Streit über das iranische Atomprogramm und des Endes der Sanktionen gegen Teheran. Groß waren die Hoffnungen, nun den deutsch-iranischen Handel wiederbeleben zu können. Mit seinen 81 Millionen Einwohnern erschien der Iran als vielversprechender Markt mit großem Nachholbedarf. Deutschlands Exportmeister Bayern wollte ganz vorne mitspielen.

Tatsächlich wuchsen die bayerischen Exporte in den Iran von 220 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 275 Millionen im Folgejahr und 2017 noch einmal um 30 Prozent auf 356 Millionen. Was etwa 0,1 Prozent des bayerischen Exports ausmacht. Interessanter Vergleich: 1976, drei Jahre vor der Khomeini-Revolution, belief sich Bayerns Ausfuhr in den Iran auf umgerechnet 440 Millionen Euro und 2,6 Prozent des bayerischen Gesamtexports. Inzwischen ist in München Ernüchterung eingekehrt: Irans Wachstum ist von 12,5 auf 3,5 Prozent gefallen, wenig für ein Schwellenland. Die Landeswährung Rial hat stark abgewertet, die Inflation ist mit 10,5 Prozent wieder zweistellig.

Haupthürde: Kapital kann kaum fließen

Das Hauptproblem sind „nach wie vor große Herausforderungen bei der Zahlungsabwicklung“, sagt vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Aus Angst vor US-Sanktionen zögern deutsche Banken vor iranischen Verbindungen. Brossardt: „Wo Kapital nicht fließen kann, bleibt das immer ein limitierender Faktor.“ Jetzt hofft man in Bayern darauf, in München iranische Banken ansiedeln zu können. Problem: Der Iran steckt in einer massiven Bankenkrise.

Wenn Iraner nicht in ihr eigenes Land investieren, dann wird es schwierig, Ausländer zu überzeugen.

Bertram Brossardt, vbw-Hauptgeschäftsführer

Dazu kommen falsche iranische Erwartungen an den potentiellen Handelspartner: In Teheran hofft man auf Investitionen globaler Großunternehmen. Brossardt: „Wer mit uns Geschäfte machen will, muss auf den Mittelstand setzen.“ Was den Iranern offenbar nur schwer zu erklären ist. Das Investitionsklima in Iran ist derzeit schlecht, berichtete der Direktor eines Münchner Lkw-Herstellers. Obwohl iranische Lkws im Durchschnitt 35 Jahre alt sind, kauften nur wenige neue Fahrzeuge. Denn die sind bei 25 Prozent Zinsen, die iranische Banken fordern, quasi nicht finanzierbar. Iranische Unternehmer wollten ihr Geld vor allem außer Landes schaffen, investieren wollen nur die weinigsten im eigenen Land.

Amerikanische Drohungen

Politische Unwägbarkeiten kommen hinzu. „Wer im Iran investiert, investiert in die Revolutionsgarden“, warnte auf der Münchner Sicherheitskonferenz US-Sicherheitsberater H.R. McMaster. Er nannte Deutschland als einen der größten Handelspartner des Irans. McMaster: „Es ist eine Frage der internationalen Sicherheit und unseres moralischen Gewissens, dass wir aufhören, mit Firmen mit Verbindungen zu den Revolutionsgarden Geschäfte zu treiben.“ Was wie eine Drohung klang: Jeden Tag ist einen Tweet aus dem Weißen Haus möglich, der die Revolutionsgarden zur Terror-Vereinigung erklärt.

Wer im Iran investiert, investiert in die Revolutionsgarden.

H.R. McMaster, US-Sicherheitsberater

Tatsächlich sind die Revolutionsgarden eben auch ein Unternehmensimperium und an der Mehrzahl der Unternehmen im Iran zumindest beteiligt. Was bedeutet: Firmen, die sich auf Geschäftsbeziehungen mit iranischen Partnern einlassen, riskieren ihr Amerika-Geschäft.