Entscheidender Sondergipfel
Am kommenden Montag treffen sich die Eurozonen-Regierungschefs zum Brüsseler Sondergipfel über Griechenland. Die Aussichten auf eine Einigung mit Athen zum letzten Moment werden stündlich schlechter: Athen verweigert weiter jede Diskussion über Reformen. Bange Frage: Können Griechenlands Banken am Montag noch öffnen?
Griechenland-Krise

Entscheidender Sondergipfel

Am kommenden Montag treffen sich die Eurozonen-Regierungschefs zum Brüsseler Sondergipfel über Griechenland. Die Aussichten auf eine Einigung mit Athen zum letzten Moment werden stündlich schlechter: Athen verweigert weiter jede Diskussion über Reformen. Bange Frage: Können Griechenlands Banken am Montag noch öffnen?

Das könnte der alles entscheidende Gipfel werden: Am kommenden Montag werden sich die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder in Brüssel zum Sondergipfel treffen, um über Griechenland zu beraten – und wahrscheinlich zu entscheiden.

Vorausgegangen war ein völlig ergebnisloses Luxemburger Treffen der Eurozonen-Finanzminister. Alle warteten auf ein klares Zeichen griechischer Reformbereitschaft, aber das kam nicht. Athen will nicht über Reformen verhandeln. Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis gab zwar an, einen umfassenden Vorschlag präsentieren zu wollen, legte dann aber nur vage und bekannte Positionen vor: eine Schuldenbremse, ein Investitionsprogramm für die griechische Wirtschaft, und die Forderungen nach Krediten für ein Schuldenrückzahlungsprogramm. Auch an der Forderung nach einem Schuldenschnitt hält Athen fest.

Zügelloser Klientelismus, grotesk schlechte Gesetze

Doch Athens Probleme liegen ganz woanders, erläutert die Londoner Wochenzeitung The Economist: „zügelloser Klientelismus, eine hoffnungslose öffentliche Verwaltung, grotesk schlechte Gesetze, ein lethargisches und unzuverlässiges Justizsystem, verstaatlichte Güter und Monopolwirtschaft, unflexible Märkte für Güter, Dienstleistungen und Arbeit.“

Einen Dialog mit Erwachsenen führen wir offenbar nicht mehr

Christine Lagarde, IWF-Chefin

Unter Athens Kreditgebern –  EU, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) – wächst der Unmut über die griechische Reformverweigerung. „Wir warten und warten und warten“, so IWF-Chefin Christine Lagarde: „Einen Dialog mit Erwachsenen führen wir offenbar nicht mehr.“ Darum der Sondergipfel am Montag.

Es wird knapp: Die letzte Rettungstranche kann vor Monatsende nicht mehr ausbezahlt werden

Das Warten wird in jedem Fall bald ein Ende haben: Am 30 Juni endet das zweite Rettungsprogramm für Griechenland. Wenn bis dahin keine Einigung über eine dritte Verlängerung erzielt ist, verfällt die letzte Rettungstranche über 7,2 Milliarden Euro – und Athen kann dann eine fällige Rückzahlung an den IWF über 1,6 Milliarden Euro nicht leisten. Das hat die griechische Seite schon durchblicken lassen. Selbst bei einer Einigung in letzter Minute könnte es schwierig werden, warnt Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem: schon jetzt sei ausgeschlossen, dass die Kredite noch bis Monatsende ausbezahlt werden könnten. Denn zuvor müssen das Athener Parlament und einige Eurozonen-Parlamente darüber abstimmen. Aber der IWF kann und darf Griechenland für die Kreditrückzahlung keine weitere Fristverlängerung einräumen, so Lagarde: „Wenn am 1. Juli nicht gezahlt ist, dann ist nicht gezahlt.“

Unterdessen erwarten Beobachter einen Sturm auf Griechenlands Banken. Premierminister Alexis Tsipras hat zwar Kapitalkontrollen ausgeschlossen. Aber griechische Bankkunden haben in den vergangenen Wochen und Monaten mindestens 30 Milliarden Euro von ihren Konten abgehoben – in den vergangenen vier Tagen allein 3,2 Milliarden. EZB-Kreise spekulieren schon darüber, on Griechenlands Banken am kommenden Montag noch öffnen können.

Keine Rettung um jeden Preis

Die Hoffnungen auf eine Einigung zwischen Athen und seinen Kreditgebern in letzter Minute schwinden. Das Vertrauen auf beiden Seiten sei denkbar gering und gleichzeitig Athens Unwille und Unfähigkeit, alte oder neue Reformversprechen zu erfüllen, allzu offensichtlich, sieht The Economist. Für den Fall eines griechischen Ausscheidens aus der Eurozone – der Grexit – warnt das Blatt vor schweren Folgen für beide Seiten und einem „scheiternden Staat an der Ägäis“. The Economist: „Die Scheidung zu vermeiden, wäre besser für jeden. Aber diese Ehe ist es auch nicht wert, um jeden Preis gerettet zu werden.“