Nach dem Putsch: Militär kontrolliert die Straßen in Simbabwes Hauptstadt Harare. (Bild: Imago/Xinhua/Philimon Bulawayo)
Simbabwe

Dem Diktator folgt ein Krokodil

Nach den turbulenten Stunden des Militärputsches in Simbabwe steht nun die Frage nach der Nachfolge von Präsident Robert Mugabe im Vordergrund. Der frühere Hoffnungsträger hat sich zum Diktator gewandelt und das einst reiche Land ruiniert.

Der Amtssitz des Präsidenten in der Hauptstadt Harare und das Parlament blieben von Soldaten abgeriegelt, sie kontrollierten auch wichtige Verkehrsadern und den Flughafen. Im Zentrum von Harare war ebenfalls starke Militärpräsenz sichtbar. Es blieb jedoch alles friedlich, auch wenn es anfangs Berichte über Schüsse und Explosionen gab. Bereits am Mittwoch waren nach dem ersten Schock die meisten Simbabwer einfach ihren Geschäften nachgegangen. In den Abendnachrichten des staatlichen Fernsehens wurde die Bedeutung des Putsches heruntergespielt.

Das Militär hat zwar die Macht an sich gerissen und den 93-jährigen Staatschef unter Hausarrest gestellt. Dennoch sagte Generalmajor Sibusiso Moyo am Mittwoch im Fernsehen, es handle sich nur um eine zeitweise Machtübernahme und nicht um einen Militärputsch. Es gehe darum, eine „politische, soziale und wirtschaftliche“ Krise zu überwinden und darum, Verbrecher in Mugabes Umfeld zur Strecke zu bringen. „Sobald wir unsere Mission erfüllt haben, erwarten wir eine Rückkehr zur Normalität“, versprach er.

Das Ende der Ära Mugabe?

Auch über die vom Militär angeordneten Festnahmen von Mugabes Gefolgsleuten, darunter Finanzminister Ignatius Chombo, wurde nicht berichtet. Beobachter rechneten für Donnerstag mit einer Erklärung, wie es weiter gehen soll. Auch die führende Oppositionspartei MDC wollte sich am Donnerstag äußern.

Gemutmaßt wird, dass die Streitkräfte planen, dem als „Krokodil“ bekannten Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa (75) den Weg zur Macht zu ebnen. Dessen Entlassung in der Vorwoche war der Tropfen gewesen, der das Fass für die Generäle zum Überlaufen brachte. Das Militär stand bislang immer hinter Mugabe, doch Mnangagwa gilt als Verbündeter von Militärchef General Constantino Chiwenga. Beide eint die Ablehnung der unbeliebten First Lady Grace Mugabe (52), wegen ihrer Verschwendungssucht „Gucci Grace“ genannt, die ihrem Mann im höchsten Staatsamt nachzufolgen hoffte.

Die einstige Kornkammer ist ruiniert

Simbabwe mit seinen etwa 15 Millionen Einwohnern gehört einem UN-Index zufolge zu den ärmsten Staaten der Welt. Das war nicht immer so: Mugabe hat die frühere Kornkammer des südlichen Afrikas heruntergewirtschaftet. Er ließ Ende der 90er Jahre weiße Farmer entschädigungslos enteignen und gab das Land Gefolgsleuten ohne Ahnung von Landwirtschaft, um sich an der Macht zu halten. Das führte jedoch zu einem massiven Einbruch der Agrarproduktion, besonders bei Mais und Tabak. Das Land hat sich auch noch nicht von einer schweren Wirtschaftskrise erholt, die 2008 zu einer galoppierenden Hyperinflation und zum Kollaps der Landeswährung führte. Die Infrastruktur verfiel, Hunderttausende flohen.

Der Hoffnungsträger

Mugabes Verdienste bei der Überwindung des weißen Minderheitsregimes und der Einführung der Demokratie 1980 sind unbestritten. Nach seiner Entlassung aus zehnjähriger Haft 1974 ging er ins Nachbarland Mosambik und wurde einer der bedeutendsten Guerillaführer im Kampf gegen das Regime von Regierungschef Ian Smith im damaligen Rhodesien. Armeechef Chiwenga und Vizepräsident Mnangagwa kämpften dabei mit Mugabe zusammen. Nach Jahren des Kampfes gewann Mugabes Partei 1980 die Parlamentswahlen, er wurde Premierminister, 1982 auch Präsident. Der brillante Rhetoriker verblüffte Freund und Feind zunächst mit einem auf Ausgleich zwischen Schwarz und Weiß zielenden Versöhnungskurs. Die Wirtschaft wuchs, die Regierung investierte erfolgreich ins Gesundheits- und Bildungswesen. Die Alphabetisierungsrate stieg rasant. Mugabe sorgte für ein – bis heute anhaltendes – Klima, in dem gute Bildung von allen Familien als Priorität betrachtet wird. Er galt damit als Hoffnungsträger.

Nur Gott, der mich ernannt hat, wird mich abwählen können.

Robert Mugabe

Doch er verlor in fast vier Jahrzehnten an der Macht den Blick für die Probleme der Menschen. Als gewiefter Taktiker bemühte er sich zwar stets, das (weiße) Ausland als Schuldigen für die magere Bilanz seiner Regierung zu finden. Am Ende glaubte ihm das aber niemand mehr. Der frühere südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu bezeichnete Mugabe vor wenigen Jahren als Karikatur eines afrikanischen Despoten.

Zahlreiche Verbrechen Mugabes

Mugabe, der Mann mit dem Zahnbürsten-Bärtchen und den großen Brillengestellen, klammerte sich zuletzt immer brutaler an die Macht – auch, weil er Angst davor hatte, ihm könnte wegen früherer Vergehen der Prozess gemacht werden. Dies hatte etwa die Vereinigung der Kriegsveteranen gefordert. Verbrechen gab es nicht wenige: Pressefreiheit und Opposition ließ er nach Kräften unterdrücken, dazu die rechtswidrige Enteignung weißer Landwirte. Mugabes Anhänger besetzten dabei nicht nur Tausende Farmen, sondern ermordeten auch zahlreiche weiße Farmer und deren Familien. Zudem setzte der Diktator als Angehöriger der dominanten Volksgruppe der Shona schon früh das Militär gegen die Minderheit der Ndebele ein. Bei Massakern wurden von 1982 bis 1987 Tausende Ndebele getötet.

Dazu Wahlbetrug: Oppositionsführer Morgan Tsvangirai gewann die Wahl 2008 nach Einschätzung vieler Beobachter schon im ersten Durchgang. Die Wahlkommission verlangte jedoch eine Stichwahl – und gab den Schergen von Mugabes Partei ZANU-PF damit Zeit für eine Welle der Gewalt gegen die MDC. Tsvangirai zog seine Kandidatur zurück, um Schlimmeres zu vermeiden. „Nur Gott, der mich ernannt hat, wird mich abwählen können“, fabulierte Mugabe danach. Auf internationalen Druck hin akzeptierte Mugabe die Bildung einer Einheitsregierung mit Tsvangirai. Viele Simbabwer aber warteten zuletzt schlicht auf den Tod ihres greisen Präsidenten. Mugabe wird beim Gehen häufig gestützt, bei öffentlichen Auftritten wurde er zuletzt oft schlafend fotografiert. Er wollte dennoch 2018 erneut antreten.