Bootsflüchtlinge sollen künftig schon in libyschen Gewässern gestoppt werden. (Bild: Imago/Joker)
Italien

Militär gegen Schlepper

Die libysche Küstenwache bekommt Unterstützung von Italiens Marine. Damit will Rom zweierlei erreichen: den Menschenschmuggel bekämpfen und den Druck auf Hilfsorganisationen erhöhen. Sie werden beschuldigt, mit Schleppern zu kooperieren.

Italienische Soldaten sollen künftig direkt vor Libyen gegen Schleuser vorgehen. Einen entsprechenden Beschluss fällte das Parlament in Rom. Italien hofft so, die Schlepperbanden so schon an der nordafrikanischen Küste aufhalten zu können. Dazu soll die italienische Marine die libysche Küstenwache unterstützen.

Druck auf Hilfsorganisationen

Italien erhofft sich von der Operation, die Zuwanderung einzudämmen. In Italien kommen derzeit die meisten Migranten in Europa an. Mehr als 95.000 im Mittelmeer Gerettete erreichten seit Jahresbeginn die Häfen des Landes. Um die Situation unter Kontrolle zu bringen, fährt die Regierung in Rom nun eine Doppelstrategie: Die Mission in Libyen soll helfen, den Schleppern das Handwerk zu legen, die das Chaos des Bürgerkrieges ausnutzen, um Menschen auf seeuntüchtige Boote zu setzen. Gleichzeitig erhöht sie den Druck auf Hilfsorganisationen, die derzeit etwa 35 Prozent der Rettungen im Mittelmeer durchführen. Ihnen wird immer wieder vorgeworfen, mit den Schleppern zu kooperieren. Ein Verhaltenskodex soll die Einsätze neu regeln. Der Großteil der Organisationen weigerte sich aber bislang, diesen zu unterzeichnen.

Einsatz von Überwachungstechnologie

Medienberichten zufolge soll die italienische Marine der libyschen Küstenwache im Rahmen des Militär-Einsatzes künftig mit Überwachungstechnologie helfen, um Migranten-Boote schon innerhalb der Hoheitsgewässer ausfindig zu machen, damit die Menschen zurück nach Libyen gebracht werden können. In welchem Ausmaß die Marine aber in der 12-Meilen-Zone operieren wird, ist noch unklar.

Der nun beschlossene und von der Regierung von Fajis al-Sarradsch angefragte Einsatz soll die libysche Küstenwache auch logistisch unterstützen und werde in enger Absprache mit den libyschen Behörden stattfinden, hieß es in Rom. Die italienische Regierung betonte, die Operation werde die Souveränität Libyens nicht verletzen, sondern stärken. „Sollte die libysche Küstenwache genug Hilfslieferungen bekommen, wird sie fähig sein, Patrouillen und den Kampf gegen den Menschenschmuggel selbst durchzuführen“, sagte der Sprecher der libyschen Küstenwache, Ajub Kassem, der Deutschen Presse-Agentur.

Kritik an der Mission

Unumstritten ist der Einsatz nicht. So kritisierte ein Sprecher des libyschen Parlaments in der östlichen Stadt Tobruk die bilaterale Mission mit den Italienern. Die Al-Sarradsch-Regierung in Tripolis sei keine legitime Institution, um Souveränitätsangelegenheiten mit Rom zu besprechen, sagte Abdullah Bleihak der Deutschen Presse-Agentur. In dem Bürgerkriegsland herrscht seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi Chaos. Drei Regierungen kämpfen um die Macht. Die Vereinten Nationen unterstützen Al-Sarradschs Regierung. Doch diese kontrolliert kaum Gebiete über Tripolis hinaus.

EU ohne Erfolg

Die EU hat im Gegensatz zu Italien weiterhin keine Erlaubnis, in den Küstengewässern Libyens gegen illegale Migration vorzugehen. Schiffe der Bundeswehr und anderer europäischer Streitkräfte sind im Rahmen der Operation Sophia bereits seit 2015 im zentralen Mittelmeer im Einsatz, um den Menschenschmuggel aus Libyen zu bekämpfen. Weil sie bislang nicht in den Küstengewässern des vom Bürgerkrieg zerrütteten Landes operieren dürfen, konnten dabei allerdings kaum Erfolge erzielt werden.

Der Menschenstrom aus Afrika bringt Italien an die Belastungsgrenze. Für die EU steckt darin doppelter Sprengstoff: Es drohen Konflikte zwischen Mitgliedsstaaten und der Aufstieg antieuropäischer Populisten. Brüssel muss dringend handeln. Lesen Sie hier den Kommentar unseres Autors Heinrich Maetzke.