Weites Land, geöffnet für Bayern: Der alte Hafen von Montreal in der kanadischen Provinz Quebec. (Bild: Imago/imagebroker/Günther Schwermer)
Außenwirtschaft

Bayern global

Der Freistaat setzt sich ein für seine Exportwirtschaft: In Kiew und in Tel-Aviv sollen politische Repräsentanzen eröffnet werden. Zu aktuell 26 Wirtschafts-Repräsentanzen in aller Welt kommen drei neue hinzu: in West-China, Iran und Südkorea.

„Wo immer ich in China war, in Peking, in Shandong, in Qingdao, in Shenzen, ich kann nur sagen: die Bayern sind schon da. Und das ist schön. Nicht nur die großen Konzerne, sondern auch viele, viele starke Mittelständler.“ So erlebt es Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer auf seinen Reisen. Und nicht nur in China.

Kein Wunder: Auf fast 350 Milliarden Euro belief sich im vergangenen Jahr 2016 das bayerische Außenhandelsvolumen. Die Unternehmen des Freistaats exportierten Güter für knapp 183 Milliarden Euro in alle Welt. Das waren 4,4 Milliarden oder 2,5 Prozent mehr als 2015. Die Importe beliefen sich auf 166 Milliarden, fast 4,5 Milliarden oder 2,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Was für Bayern einen Außenhandelsüberschuss von 16,8 Milliarden Euro ergab – 70 Millionen (0,4 Prozent) weniger als 2015. Das sind Rekordwerte – Tendenz steigend. Nicht nur Deutschland ist ein Exportweltmeister, Bayern ist es auch. Denn der Export macht längst über 50 Prozent der Wirtschaftsleistung des Freistaats aus und verdient also für die Bayern jeden zweiten Euro.

Neue Wirtschafts-Repräsentanzen in Südkorea und Iran

Dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr. Seit Jahrzehnten betreibt Bayerns Staatsregierung eine sehr bewusste und konsequente Außenhandelspolitik. 26 Wirtschafts-Repräsentanzen unterhält das bayerische Wirtschaftsministerium in 20 Ländern auf allen Kontinenten dieser Erde – ausgenommen nur Australien und die Antarktis. „Die Interessen Bayerns überall auf der Welt zu vertreten, gehört seit jeher zum Anspruch bayerischer Politik”, erläutert Europaministerin Beate Merk.

Nach dem jüngsten Beschluss der Staatsregierung wird es nun weitere bayerische Wirtschafts-Repräsentanzen geben: So soll etwa zu den beiden Büros in den chinesischen Metropolen Qingdao und Shenzen ein drittes Büro in Westchina hinzukommen. Der Freistaat will in „wichtigen Leit- und Wachstumsmärkten“ präsent sein, sagt Wirtschaftsministerin Ilse Aigner: „Zukunftsmärkte sind oft auch schwierige Märkte und bergen Risiken”, so Aigner. Der Freistaat will darum die bayerischen Unternehmen bei ihrer Markterschließung vor Ort politisch unterstützen. Und ein zentrales Instrument der bayerischen Außenwirtschaftsförderung sind eben „unsere Auslandsrepräsentanzen“, so die Ministerin.

Die Interessen Bayerns überall auf der Welt zu vertreten, gehört seit jeher zum Anspruch bayerischer Politik.

Europaministerin Beate Merk

Schon lange kein bloßer Zukunftsmarkt mehr für den Freistaat ist Südkorea: Das gemeinsame Außenhandelsvolumen beläuft sich auf über vier Milliarden Euro – Rang 20 auf der bayerischen Außenhandelsrangliste (2014). Auch dort soll jetzt eine bayerische Wirtschaftsrepräsentanz öffnen.

Zukunftsmärkte sind oft auch schwierige Märkte und bergen Risiken.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner

Ein wichtiger Schritt ist die Installierung einer Wirtschaftsrepräsentanz im Iran. Nach dem Ende der internationalen Wirtschaftssanktionen hat das Land mit 80 Millionen Einwohnern in puncto Handel großen Nachholbedarf. „Made in Germany“ hat im Iran einen hervorragenden Klang. 2014 beliefen sich bayerische Exporte in den Iran auf etwa 220 Millionen Euro. Fünf Jahre zuvor lagen sie doppelt so hoch – da ist also Luft nach oben. Zudem will das Wirtschaftsministerium seine Präsenz im arabischen Raum – bislang nur in Abu Dhabi – ausbauen.

Politische Repräsentanzen in Kiew und Tel-Aviv

Eine andere Rolle als die sozusagen an Ilse Aigners Wirtschaftsministerium angehängten Wirtschafts-Repräsentanzen spielen zwei politische Repräsentanzen des Freistaats, die von der Staatskanzlei geführt werden.

Seit 2001 öffnet die Vertretung des Freistaats Bayern in der Provinz Québec den Bayern auch die Tür zum übrigen Kanada. Vom Standort Montréal aus knüpft der Freistaat Beziehungen zu Unternehmen sowie zu politischen und kulturellen Institutionen in allen Teilen Kanadas und konnte damit schon wichtige Erfolge erzielen. Im Dezember 2014 wurde die ebenfalls politische Repräsentanz in Prag eröffnet.

Nach Beschluss der Staatsregierung sollen jetzt zwei neue politische Repräsentanzen hinzukommen: in der Ukraine und in Israel. „Eine Unterstützung der unmittelbar an der EU-Außengrenze liegenden Ukraine ist im unmittelbaren bayerischen Interesse“, sagt dazu die Staatskanzlei. Nur eine stabile Ukraine werde den gefährlichsten Konflikt in Europa überwinden können. Bayern wolle das Potential der Zusammenarbeit beider Länder bei der Inneren Sicherheit, aber auch in den Bereichen Wirtschaft, Landwirtschaft, Wissenschaft und Gesundheit verstärkt nutzen und zudem administrative Hilfe leisten.

Eine Unterstützung der unmittelbar an der EU-Außengrenze liegenden Ukraine ist im unmittelbaren bayerischen Interesse.

Staatskanzlei

Die Staatsregierung wird darüber hinaus die Zusammenarbeit Bayerns mit seinen östlichen Nachbarn intensivieren und Chancen im mittel-, ost- und südosteuropäischen Raum konsequent wahrnehmen. Dabei strebt Bayern eine neue Dynamik und eine engere Abstimmung mit den östlichen EU-Staaten an. Gleichzeitig will Bayern die EU-Beitrittsstaaten auf dem Westbalkan weiterhin in ihrer wirtschaftlichen und administrativen Entwicklung unterstützen und sie auch als Partner bei der Lösung gesamteuropäischer Herausforderungen einbeziehen.

Mit Israel soll die bereits heute intensive Zusammenarbeit in Bereichen wie Wissenschaftskooperation, Schüleraustausch und Bürgerbegegnungen weiter ausgebaut werden. Ergänzend zur bestehenden Wirtschafts-Repräsentanz in Tel Aviv soll darum eine politische Repräsentanz Bayerns unter Federführung der Staatskanzlei mit einem eigenen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Ansprechpartner geschaffen werden. Die Staatsregierung will damit die besonderen Beziehungen Bayerns zu Israel noch sichtbarer machen.

Sieben Power-Regions

Unabhängig von jenen bald vier politischen Repräsentanzen pflegt die Staatskanzlei außerdem die Regierungschefkonferenz mit sechs Partnerregionen auf vier Kontinenten: Georgia (USA), Oberösterreich, Québec (Kanada), São Paulo (Brasilien), Shandong (China) und Westkap (Südafrika). Von einem Netzwerk der „Power-Regions” sprach seinerzeit Ministerpräsident Edmund Stoiber, der es auch erfunden hat: Die erste Konferenz dieser „Power-Regions” fand 2002 auf seine Initiative hin in Bayern statt. Seitdem treffen sich die Regierungschefs dieser Partnerregionen im zweijährlichen Turnus und besprechen unter anderem Fragen der bilateralen Zusammenarbeit sowie der  Wirtschafts- und Energiepolitik. Unter Vorsitz von Ministerpräsident Horst Seehofer tagte die Konferenz im vergangenen Juli zum zweiten Mal in München.

Strategische Zukunftsausrichtung

Die Einrichtung neuer politischer und wirtschaftlicher Repräsentanzen in (fast) aller Welt bedeutet für den Freistaat nichts geringeres als eine strategische Zukunftsausrichtung. Denn für den Exportmeister Bayern sind die wirtschaftlichen – und politischen – Beziehungen zu Partnerländern nah und fern von großer Bedeutung. Für viele bayerische Firmen geht es dabei nicht nur um Märkte, sondern längst schon um wichtige Produktionsstandorte − sozusagen ihr zweites Zuhause, erinnerte kürzlich Ministerpräsident Seehofer: „Es kann auf Dauer nicht ohne Rückwirkung für unsere Volkswirtschaft bleiben, wenn wir zu China, Russland, den USA, Großbritannien, zu den Ländern Osteuropas, zu allen Ländern im Mittleren und Nahen Osten nicht vernünftige bilaterale Beziehungen haben.“

Wichtige Produktionsstandorte Standorte, die für viele bayerische Firmen ein zweites Zuhause sind.

Ministerpräsident Horst Seehofer

Genau daran arbeitet die Staatsregierung. Politische Gegensätze, zu denen man sich bekennt, müssen dabei kein Hindernis sein. Als ihn auf seiner letzten Moskau-Reise Präsident Wladimir Putin ausführlich die russische Position zur Krim-Frage nahebringen wollte, konterte Seehofer mit einfacher Formel: „Herr Präsident, wir stimmen überein, dass wir nicht übereinstimmen.“ Putin hat erst eisig geschaut und sich dann damit abgefunden.