Seit 20 Jahren bringt Manfred Nürnberger deutsche Hilfe nach Kroatien. (Foto: privat)
Ehrenamt

Der Helfer aus Franken

Manfred Nürnberger aus Töpen engagiert sich seit zwanzig Jahren ehrenamtlich in Kroatien. Egal ob in Kindergärten oder Krankenhäusern - wo Nürnberger einen Missstand sieht, versucht er, ihn zu beheben. Was ihm bei seiner Aufgabe hilft: die jahrelange Erfahrung als Bürgermeister im Überzeugen, Anpacken und Vorpreschen.

Ja, wo soll er anfangen? Manfred Nürnberger hält einen Moment inne – einen seltenen Moment. Nürnberger spricht sonst pausenlos – er hat viel zu erzählen. Nach seinem Engagement in Kroatien gefragt, sammelt er sich aber kurz.

Es ist Mitte der 1990er. Nürnberger und seine Frau haben einen kroatischen Freund, er betreibt ein Lokal in Hof. Der Gastronom bringt immer wieder Kriegsflüchtlinge aus dem Bürgerkrieg im vormaligen Jugoslawien unter. Dreißig bis vierzig Menschen müssen das gewesen sein, erinnert sich Nürnberger. Der Franke staunt über die Hilfsbereitschaft seines kroatischen Freundes. Und über das viele Leid, von dem er hört – nur ein paar Autostunden von Bayern entfernt. „Nach dem Krieg gab es dort so viel Elend“, sagt Nürnberger. So viel Elend, dass er vor zwanzig Jahren beschloss, nicht mehr nur zuzusehen. Etwas zu tun gegen das Leid, das es bis heute in den vielen aktuellen und ehemaligen Kriegsgebieten der Welt gibt, in Regionen, die solche Helfer wie Manfred Nürnberger brauchen.

Hauptaufgabe Spendenakquise

Also steigt der ehemalige Polizist der Bereitschaftspolizei ins Auto. Er besucht Einrichtungen in der Region Zadar. Kliniken, Kindergärten. Er sammelt Wünsche ein. Daheim beschafft er Spenden. Malbücher, Stifte, Kuscheltiere. Kleine Dinge für großes Glück. Woher die Motivation? „Man bekommt so viel zurück“, sagt Nürnberger. Strahlende Kinderaugen – mehr braucht er nicht. Na gut, ein bisschen stolz ist er schon, wenn er in seinem Arbeitszimmer all die Auszeichnungen sieht. Bis hin zum Bundesverdienstkreuz und einem Dankschreiben von Papst Benedikt und dem Erzbischof von Zadar.

In der Heimat besteht Nürnbergers Arbeit vor allem aus Spendenakquise. Hier anrufen, dort anrufen. Du kennst doch wen, du weißt doch noch. Dabei hilft ihm seine Vergangenheit. Von 1978 bis 1996 war der CSU-Mann Bürgermeister im oberfränkischen Wallenfels. Ein streitbarer Typ, der nicht jedem in den Kram passte. Aber einer, der in der Gemeinde etwas bewegt hat. Als Bürgermeister lernt Nürnberger, zu überzeugen. Er lernt anzupacken, vorzupreschen, wenn er von etwas überzeugt ist. Mit derselben Strategie geht er jetzt sein Ehrenamt an. Seinen eigenen Kopf hatte er schon immer – sein Opa war SPDler, Nürnberger ging zur Jungen Union.

Ich mach das, bis ich 90 bin.

Manfred Nürnberger

In mehr als zwanzig Jahren hat Nürnberger nun tonnenweise Material nach Kroatien gebracht. Gebrauchte Küchen, ausrangierte Krankenhausbetten, Spielsachen. Er unterstützt Kindergärten, Kliniken, Soldatenfriedhöfe. Er hilft, Brunnen zu bohren oder Güter zu transportieren, indem er zum Beispiel die Leerfahrten von Spediteuren nutzt. Nürnberger lernt, für sein eigenes Wohl dankbar zu sein. Inzwischen ist er 72 Jahre alt und kerngesund. Wenn ihm in der kroatischen Klinik für Schwerstbehinderte, die Nürnberger regelmäßig aufsucht, ein Versehrter ohne Beine folgt, wenn sich der Behinderte auf seinen Händen die Treppen hocharbeitet, schnauft Nürnberger tief durch. So viel Lebenskraft – davor hat er Respekt.

Alleine packt man das doch nicht? „Meine Frau Marion“, sagt Nürnberger. „Ohne sie wäre das nicht möglich.“ Sie hält ihm den Rücken frei, unterstützt, wo sie kann. Außerdem hat er sowohl in seiner Heimatgemeinde Töpen im Hofer Land als auch in Kroatien ein kleines Team aus Ehrenamtlichen Helfern, die mit anpacken.

Aktuelles Projekt: Traktor-Suche

Eines wollen die Eheleute jedoch nicht: In Kroatien den Urlaub verbringen. „Irgendwie“, sagt der Pensionist, „wird da der Kopf nicht frei“. Drei, vier Tage bleibt er vor Ort um zu verteilen, zu helfen. Aber wenn die Eheleute im Süden sind, geht’s weiter nach Italien auf den Campingplatz. Durchschnaufen. Kraft sammeln. Bei einem Glas Wein gemeinsam Radio hören, reden. Um daheim gleich die nächsten Telefonate zu führen. Ohne zu betteln, „Ich komme nicht angekrochen“, sagt Nürnberger. Im Augenblick sucht er einen Spender für einen Traktor für die Drogenentzugsklinik, die er unterstützt. Dort erwirtschaften entzogene Drogensüchtige aus mehreren Staaten der EU auf 15 Hektar Fläche ihre eigenen Lebensmittel unter dem Titel „Beten und Arbeiten“.

Bald setzt Manfred Nürnberger sich wieder ans Steuer. „Ich mach das, bis ich 90 bin“, sagt er. Und man glaubt’s sofort.