Fahnen der Gegner (Hayir) und Befürworter (Evet) des Referendums in Istanbul. (Bild: Imago/IP3press/Kenzo Tribouillard)
Türkei

Behinderungen und Verhaftungen

Die Gegner der Verfassungsänderung in der Türkei sind bei ihrem Wahlkampf erheblichen Behinderungen ausgesetzt. Das sagt der Leiter der OSZE-Wahlbeobachtermission in der Türkei, Michael Link. Am Abstimmungstag werden zwölf OSZE-Wahlbeobachtungsteams stichprobenweise Wahllokale im ganzen Land aufsuchen.

Die Gegner der Verfassungsänderung in der Türkei sind bei ihrem Wahlkampf laut OSZE erheblichen Behinderungen ausgesetzt. Der Direktor des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte in Warschau, Michael Link, nannte im Interview mit der Berliner Tageszeitung Die Welt die unter dem Ausnahmezustand nach dem Putschversuch eingeschränkte Versammlungsfreiheit.

13 Abgeordnete der hauptsächlich kurdischen Partei HDP samt ihres Vorsitzenden in Haft.

Ein Hauptproblem sei die Inhaftierung vieler oppositioneller Abgeordneter. Unter den Verhafteten befänden sich allein 13 Abgeordnete der hauptsächlich kurdischen HDP samt ihres Vorsitzenden. Link: „Schon allein deshalb ist es für diese Partei, die einer der wesentlichen Träger der Nein-Kampagne ist, unmöglich, einen adäquaten Wahlkampf zu machen.“

Rekordzahl von Journalisten in Haft

Dazu kommen Repressalien der AKP-Regierung gegen Presse und Medien. Den OSZE-Beobachtern zufolge wurden seit vergangenem Juli 158 Presse- und Medienerzeugnisse geschlossen. Zigtausend Medienmitarbeiter und mehrere Tausend Journalisten seien jetzt ohne Arbeit, eine Rekordzahl von Journalisten sei in Haft, so Link. Die Folge: Sehr unausgewogene, beinahe völlig einseitige Berichterstattung und Kommentierung pro Erdogan.

Es gibt leider eine teilweise Einschüchterung der Anhänger der Nein-Kampagne.

Michael Link, Direktor des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte in Warschau.

Die OSZE-Beobachter haben außerdem wahrgenommen, dass die Anhänger des Nein-Lagers Probleme hatten, Veranstaltungen durchzuführen. Link spricht von Polizeiaktionen und gewaltsamen Zwischenfällen bei Events: „Es gibt leider eine teilweise Einschüchterung der Anhänger der Nein-Kampagne.”

Schwächung des Parlaments

Immerhin können die OSZE-Wahlbeobachter ohne Behinderung ihrer Aufgabe nachgehen. Am Abstimmungstag werden zwölf über die ganze Türkei verteilte OSZE-Teams stichprobenweise Wahllokale in Bevölkerungszentren und in den ländlichen Regionen aufsuchen.

Am kommenden Sonntag können 55,3 Millionen Wahlberechtigte für oder gegen das von Staatschef Recep Tayyip Erdogan angestrebte Präsidialsystem abstimmen. Wenn die große Verfassungsänderung eine Mehrheit erhält, werden die Rechte des Parlaments deutlich eingeschränkt und die Gewaltenteilung geschwächt. Experten sprechen von einer drohenden Alleinherrschaft des Präsidenten. (dpa)