Schwere Fehler im Kampf gegen den Terror
Ein französischer Untersuchungsausschuss zu den Pariser Anschlägen hat gravierende Mängel bei der Terrorbekämpfung festgestellt. Die Sicherheitsbehörden hätten versagt, lautet das Urteil. Als Konsequenz der Untersuchung fordern die Parlamentarier die Gründung einer nationalen Anti-Terror-Behörde und eine engere Zusammenarbeit in Europa.
Frankreich

Schwere Fehler im Kampf gegen den Terror

Ein französischer Untersuchungsausschuss zu den Pariser Anschlägen hat gravierende Mängel bei der Terrorbekämpfung festgestellt. Die Sicherheitsbehörden hätten versagt, lautet das Urteil. Als Konsequenz der Untersuchung fordern die Parlamentarier die Gründung einer nationalen Anti-Terror-Behörde und eine engere Zusammenarbeit in Europa.

„Die Geheimdienste sind gescheitert“, lautet das vernichtende Urteil des Vorsitzenden der Parlamentskommission, des konservativen Oppositionsabgeordneten Georges Fenech bei der Präsentation der Untersuchungs-Ergebnisse. Das hätten auch zwei Geheimdienst-Chefs bei ihren Anhörungen eingeräumt. „Unser Land war nicht vorbereitet, jetzt muss es sich vorbereiten“, sagte Fenech. „Angesichts der Herausforderung des internationalen Terrorismus brauchen wir viel mehr Ehrgeiz als das, was bislang vom Innenministerium im Bereich der Geheimdienste umgesetzt wurde.“ Der Untersuchungsausschuss erhob zudem schwere Vorwürfe gegen die belgischen Behörden. „Europa ist beim Kampf gegen den Terrorismus eindeutig nicht auf der Höhe“, kritisierte Berichterstatter des Ausschusses, der sozialistische Abgeordnete Sébastien Pietrasanta.

149 Tote in Frankreich

Der auf Betreiben der konservativen Opposition eingesetzte Ausschuss hatte sich seit Februar mit den islamistischen Anschlägen in Frankreich im Jahr 2015 befasst – angefangen beim Angriff auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ am 7. Januar mit zwölf Toten bis zu den Anschlägen vom 13. November in Paris und Saint-Denis mit 130 Toten. Insgesamt waren bei islamistischen Anschlägen in Frankreich im vergangenen Jahr 149 Menschen gestorben.

Versäumnisse in Belgien

Die Extremisten seien den Behörden alle bekannt gewesen, kritisierte Fenech. Pietrasanta verwies darauf, dass etwa der Attentäter vom koscheren Supermarkt „Hyper Cacher“ im Gefängnis wegen radikaler Tendenzen aufgefallen war, diese Information bei seiner Entlassung aber nicht weitergegeben wurde. „Es gibt Probleme bei der Organisation“, so Pietrasanta.

Zwei zentrale Figuren der Anschläge konnten nach Erkenntnissen des Ausschusses wegen Pannen bei der europäischen Zusammenarbeit zeitweise entkommen. So hätten die Belgier Angaben zur Radikalisierung des inzwischen inhaftierten Terrorverdächtigen Salah Abdeslam nicht in eine europäische Datenbank eingetragen – er konnte daher nach den Pariser Attacken auf dem Weg nach Belgien eine französische Kontrolle passieren. Der später getötete mutmaßliche Drahtzieher Abdelhamid Abaaoud hätte demnach Anfang 2015 in Athen festgenommen werden können, wenn die Griechen früher über eine Anti-Terror-Razzia in Belgien informiert worden wären.

Im Hinblick auf den Anschlag im Musikclub „Bataclan“ halten die Parlamentarier Vorwürfe wegen früherer Hinweise auf angebliche Anschlagspläne aber für unbegründet. Entsprechende Berichte aus Ägypten hätten nach der Festnahme des Verdächtigen 2010 nicht bestätigt werden können.

Bessere Ausbildung für Sanitäter

Die Parlamentarier präsentierten 40 Vorschläge, um Frankreich künftig besser zu wappnen. So solle die Geheimdienstarbeit in den Regionen gebündelt werden. Die vorgeschlagene Anti-Terror-Agentur soll dem Vorbild einer US-Einrichtung folgen, die nach dem 11. September 2001 gegründet wurde. Sanitäter sollen in Kriegsmedizin ausgebildet werden. Kritisch äußerten die Parlamentarier sich hingegen über die Sinnhaftigkeit des Einsatzes tausender Soldaten innerhalb des Landes.

Der 300 Seiten lange Bericht und die etwa 1000 Seiten Befragungsprotokolle sollen in der kommenden Woche veröffentlicht werden.

(mit Material von dpa)