US-Demokraten beim Sitzstreik im Parlament: Anführer John Lewis hockt in der Mitte. (Foto: Imago/ZUMA press/Katherine Clark)
USA

Demokraten gehen im Waffenstreit zu Boden

Mit einem Sitzstreik wollen demokratische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus härtere Regeln für den Waffenkauf erzwingen. Doch die Republikaner, welche die Mehrheit im "House" stellen, vertagen die Sitzung bis in den Juli. In Umfragen sprechen sich nach dem Attentat von Orlando 85 Prozent für eine Verschärfung der Gesetze aus.

Nach dem bewaffneten Angriff des afghanisch-stämmigen US-Amerikaners Omar Mateen auf den Tanzclub „Pulse“ in Orlando (Bundesstaat Florida) mit 49 Toten wächst in den Vereinigten Staaten die Kontroverse um eine Verschärfung der Waffengesetze. Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner haben Gesetzesvorhaben angeschoben, die den Waffenbesitz neu regeln sollen. Allerdings bezeichnen beide Parteien die Vorschläge der jeweils anderen als zu weitgehend respektive zu lasch.

In dieser Auseinandersetzung haben nun Abgeordnete der Demokraten während einer Sitzung im Repräsentantenhaus zu einem im parlamentarischen Betrieb ungewöhnlichen Mittel gegriffen: dem Sitzstreik. Am Mittwoch-Mittag, Washingtoner Ortszeit, setzte sich während einer Plenarsitzung ein Dutzend Demokraten auf den Boden, um eine Abstimmung über eines ihrer Vorhaben zu erzwingen. Die Streikenden verlasen die Namen von Schusswaffenopfern. Angeführt wurde die Gruppe vom Afroamerikaner John Lewis, der für den Bundesstaat Georgia im Kongress sitzt. Er war schon während der 1960er-Jahre in der Bürgerrechtsbewegung aktiv, die den Sitzstreik als politisches Mittel bei Straßen-Demos eingesetzt hatte. Manchmal müsse man „die Dinge auf den Kopf stellen, damit sie richtig herum stehen“, erklärte Lewis.

Überprüfung beim Waffenkauf

Obwohl die Demokraten in der laufenden Legislaturperiode mit 188 Abgeordneten gegen 246 Republikaner in der Minderheit stehen, hoffen sie, ihre Gesetzesinitiative durchzubringen. Mittels so genannter „backup checks“ sollen Waffeninteressenten vor dem Kauf intensiver überprüft werden. Bis Mittwoch-Nachmittag schlossen sich 168 demokratische Abgeordnete, sowie 34 ihrer Senatoren dem Sitzstreik an. Die Kameras im Plenum wurden zwar abgeschaltet, doch die Parlamentarier übertrugen ihren Protest über Smartphones in die sozialen Medien.

Am Donnerstag-Morgen beschlossen die Republikaner mit ihrer Mehrheit im „House“, die Sitzung bis in den Juli zu vertagen. Ihr Parlaments-Vorsitzender Paul Ryan qualifizierte den Sitzstreik als „Werbegag“ ab, weil die gegnerische Partei aus ihrer Minderheitenposition  gar kein Gesetz durchbringen könne. Die demokratische Fraktionsvorsitzende Nancy Pelosi jedoch behauptete: „Wir glauben, dass wir diese Abstimmung gewinnen würden.“

Der Vergleich Orlando – Paris

In Umfragen äußern sich mittlerweile 85 Prozent der Amerikaner für eine Verschärfung der Waffengesetze – beispielsweise dafür, dass Personen, die auf Flugverbotslisten des FBI stehen, keine Schusswaffen erwerben dürfen. Republikaner Ryan dagegen argumentiert: „Wenn schärfere Waffengesetze ein Land schützen, dann hätte es nie die Anschläge von Paris gegeben.“ Dabei unterschlägt er allerdings: Wären die Attentäter von Paris vor ihrem Anschlag von den Sicherheitsbehörden mit Kalaschnikows und Sprengstoff aufgegriffen worden, hätte die Polizei sie festnehmen können. Mateen, der Attentäter von Orlando, jedoch besaß einen Waffenschein und hatte sein halbautomatisches Sturmgewehr AR-15 und eine Pistole kurz vor der Tat mit einem Waffenschein völlig legal erworben – und hätte sich entsprechend frei bis vor die Tür des „Pulse“ bewegen dürfen.