Brisante Lage auf griechischen Inseln
Weil sie nicht in die Türkei abgeschoben werden wollen, versuchen immer mehr Flüchtlinge, das griechische Festland zu erreichen. Auf Lesbos kam es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Migranten und der Polizei. Die Bevölkerung der Inseln fürchtet zunehmend um die Tourismussaison.
Flüchtlingsabkommen

Brisante Lage auf griechischen Inseln

Weil sie nicht in die Türkei abgeschoben werden wollen, versuchen immer mehr Flüchtlinge, das griechische Festland zu erreichen. Auf Lesbos kam es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Migranten und der Polizei. Die Bevölkerung der Inseln fürchtet zunehmend um die Tourismussaison.

Auf den von der Flüchtlingskrise betroffenen griechischen Inseln wird die Lage immer brisanter. Angesichts der drohenden Abschiebung aus Griechenland versuchen Migranten, von den Ostägäis-Inseln Chios und Lesbos illegal auf das Festland zu fliehen. Eigentlich sollen sie aufgrund des Flüchtlingspakts zwischen der EU und Ankara in die Türkei zurückgeschickt werden.

Vor allem Afghanen, Pakistaner und Nordafrikaner, die allesamt kaum Aussicht auf Asyl in Europa haben, setzen Berichten zufolge alles daran, zum Festland zu gelangen, um von dort ihren Weg nach Nordeuropa, in erster Linie nach Deutschland, fortzusetzen.

Krawalle auf Lesbos

In den vergangenen Tagen hat die griechische Polizei auf den Inseln deshalb Dutzende Menschen festgenommen. Sie hätten sich unter anderem in Lastwagen versteckt, um unerkannt an Bord von Fähren nach Athen zu gelangen, berichteten griechische Medien. „Einige klettern sogar die Ankerketten zu den Fähren hoch“, sagte ein Offizier der Küstenwache am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Auf der Insel Lesbos kam es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und der Polizei. Einige der wütenden Migranten bewarfen die Polizeibeamten mit Steinen. Die Polizei setzte daraufhin Blendgranaten ein. Die Lage beruhigte sich anschließend, berichtete das griechische Staatsradio. Auf der Insel Lesbos harren mehr als 4000 Migranten und Flüchtlinge aus. In ihrer Mehrheit haben sie Asylanträge gestellt und warten auf eine Entscheidung.

Stau bei den Asylanträgen

Wie die deutschsprachige Griechenland Zeitung berichtet, kommen die griechischen Behörden trotz logistischer und personeller Unterstützung durch die EU mit der Bearbeitung der Asylanträge nicht nach. Deshalb nehme trotz der stark gesunkenen Neuankünfte – in der Woche bis Montag waren es weniger als 400 Menschen – die Zahl der „Irregulären“ auf den Inseln stetig zu. Zu Beginn dieser Woche hätten sich auf Lesbos nach Regierungsangaben 4.271 Flüchtlinge aufgehalten, bei einer Kapazität von 3.500 Lagerplätzen. Auf Chios waren es demnach 2.277 bei 1.100 Plätzen und auf Samos 1.084 bei 850 Plätzen. Die Zeitung berichtet von zunehmenden Spannungen. Aus Chios und Lesbos kämen erste Beschwerden über Fälle von Mundraub durch die meist armen Migranten. In der lokalen Bevölkerung gäre es, Ängste würden laut, dass die Tourismussaison ins Wasser fallen könne, schreibt die Griechenland Zeitung.

Neue Routen nach Mazedonien

Auch die Flüchtlinge, die seit Monaten im nordgriechischen Grenzort Idomeni ausharren und auf eine Öffnung der gesperrten Balkanroute hoffen, suchen immer neue Wege über die Grenze. Nach eigenen Angaben hat das Nachbarland Mazedonien in den vergangenen zwei Monaten rund 12.000 illegal eingereiste Menschen zurück nach Griechenland geschickt. In Athen hieß es dazu, in Nordgriechenland seien Schleuser aktiv, die immer wieder Migranten in kleineren Gruppen über die Grenze ins Nachbarland brächten.

Laut Griechenland Zeitung hielten sich Ende vergangener Woche Regierungsangaben zufolge insgesamt 55.000 Migranten in Griechenland auf. Der größte Teil, knapp 29.000, befand sich demnach in Nordgriechenland. Allein mehr als 9.000 Menschen würden immer noch im wilden Camp von Idomeni an der Grenze zu Mazedonien ausharren. Auf den Inseln hielten sich 8.600 Flüchtlinge auf, knapp die Hälfte davon auf Lesbos.

Die Zahl der neu aus der Türkei auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge bleibt dagegen weiter niedrig: Am Pfingstsonntag waren nur 49 Schutzsuchende angekommen. In den 24 Stunden davor hatte sogar kein einziger Migrant übergesetzt. Dies teilte der Stab für die Flüchtlingskrise in Athen mit. Offiziere der Küstenwache sagten, die Türkei halte bislang den Flüchtlingspakt mit der EU ein. Im März kamen im Schnitt täglich mehr als 900 Menschen pro Tag. Im April kamen nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks im Schnitt nur mehr 122 Migranten täglich in Griechenland an.

(mit Material von dpa)