Während einer Militäroperation in der Provinzstadt Ghazni südlich von Kabul durchsuchen afghanische Polizisten einen Einheimischen. Die Sicherheitslage im Land bleibt angespannt - auch nach der Ankündigung einer Taliban-Offensive. (Foto: Imago)
Afghanistan

Erst der Krieg, jetzt die Erklärung

Die afghanischen Taliban-Milizen kündigen eine Frühjahrsoffensive gegen die Soldaten der USA und der NATO an. Doch seit Wochen schon toben im Süden des Landes heftige Gefechte. Sechs Prozent des Staatsgebietes kontrollieren radikal-islamischen Kämpfer bereits und versuchen noch mehr zu erobern.

Die afghanischen Taliban haben eine Frühjahrsoffensive ihrer Kämpfer gegen die westliche geführten Soldaten der USA und anderer NATO-Staaten angekündigt. „Der Dschihad gegen die aggressive und besitzergreifende Armee ist unsere heilige Pflicht und unser einziger Ausweg zur Wiedereinführung eines islamischen Systems und zur Wiedererlangung unserer Unabhängigkeit“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters ein Statement der radikal-islamischen Milizen.

Ihre Ankündigung der „Operation Omari“, deren Name sich auf ihren 2013 mutmaßlich an Tuberkulose verstorbenen Ex-Anführer Mullah Mohammed Omar bezieht, folgte nur Tage nach einem Staatsbesuch von US-Außenminister John Kerry in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Bei seiner Visite bei Staatschef Ashraf Ghani hatte Kerry die Taliban aufgefordert, wieder Friedensgespräche mit der afghanischen Regierung aufzunehmen. Ziel sei es, „die Gewalt im Land zu beenden“. Eine erste Gesprächsrunde war im vergangenen Jahr abgebrochen, als die Taliban den zwei Jahre lang geheim gehaltenen Tod Mullah Omars eingestanden hatten.

Selbstmordattentate angekündigt

Die Antwort der Taliban-Anführer auf Kerrys Aufforderung kam prompt – in Form der neuerlichen Kriegserklärung. Sie wollen sich laut Statement taktischer Angriffe bedienen, sowie Selbstmordattentäter einsetzen, um „feindliche Kommandeure“ in den Städten des Landes auszuschalten. Ziel sei ein „Zermürbungskrieg“, der die Moral der „ausländischen Eindringlinge“ senke.

Derzeit sind noch rund 10.000 US-amerikanische Soldaten in Afghanistan stationiert, ihre Zahl soll jedoch bis Ende des Jahres auf 5500 halbiert werden. Die US-Botschaft in Kabul hatte jüngst eine Terrorwarnung an all ihre Bürger im Land ausgesprochen, weil sie Hinweise auf einen Anschlag auf großes Hotel in der Hauptstadt erhalten habe.

Regierungstruppen auf dem Rückzug

Militär-Experten wundern sich freilich über die Ankündigung der Taliban. Denn schon seit Wochen sind vielerorts neue Kämpfe aufgeflammt. Aus der Provinz Helmand im Süden des Landes berichten Nachrichtenagenturen von heftigen Auseinandersetzungen. Regierungstruppen hätten sich aus Teilen der Provinz zurückgezogen und versuchten nun, wenigstens zentrale Punkte wie die Provinzhauptstadt Lashkar Gah zu behaupten. Nach Aussage von NATO-Kommandeuren üben die Taliban derzeit Kontrolle über sechs Prozent des afghnaischen Staatsgebietes aus. Rund ein Drittel jedoch sei in Gefahr, vollständig übernommen zu werden.