Der Säckel ist voll, Bayerns Steuereinnahmen sprudeln. (Bild: Fotolia/Tobif82)
Panama Papers

Wenn Staatschefs Geld außer Landes schaffen

Nach den Enthüllungen mehrerer Medien über in Panama gegründete Briefkastenfirmen hat die Staatsanwaltschaft des mittelamerikanischen Landes Ermittlungen zu den Vorwürfen eingeleitet. Auf der Liste stehen Putin-Vertraute und Staatschefs - sie alle sollen Gelder in Offshorefirmen geparkt haben. Die größten politischen Turbulenzen gibt es bislang im sonst eher beschaulichen Island.

Die von mehreren Medien – unter anderem der Süddeutschen Zeitung – veröffentlichten Enthüllungen um eine Anwaltskanzlei in Panama, die Briefkastenfirmen für zahlreiche bekannte Politiker, Wirtschaftsbosse, Sportler und Prominente gegründet haben soll, haben für großes Aufsehen und erste juristische Konsequenzen gesorgt.

Aus den auf der Plattform „Panama Papers“ ausgewerteten Dokumenten soll hervorgehen, dass zahlreiche Politiker, Sportler und Prominente ihr Geld in Offshorefirmen geparkt haben. Dabei sollen viele der Briefkastenfirmen von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründet worden sein. Die Staatsanwaltschaft Panamas hat bereits Ermittlungen eingeleitet.

Staatschefs betroffen – Rücktrittsforderungen in Island

Die Panama Papers enthalten dabei viele Namen, die aufhorchen lassen. Neben zahlreichen Personen, die zum direkten Umfeld des russischen Präsidenten Vladimir Putin gezählt werden, tauchen etwa auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, Argentiniens Staatschef Mauricio Macri oder Fußballstar Lionel Messi auf. Sogar der isländische Ministerpräsident Sigmundur Gundlaugsson steht auf der Liste. Überhaupt ist das sonst eher beschauliche Island mit mehreren bekannten Namen vertreten – neben dem Regierungschef auch zahlreiche Parlamentsabgeordnete und Wirtschaftsbosse. In dem kleinen nordeuropäischen Land gibt es auch die bislang heftigsten Reaktionen auf die Enthüllungen: Premier Gundlaugsson sieht sich bereits lautstarken Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Denn: 2013 hatte der Politiker in einem Interview auf die Frage, ob er jemals Gelder in Offshorefirmen geparkt habe, mit einem klaren „Nein“ geantwortet.

Ein Imageproblem bahnt sich auch für den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko an. Wie aus den Panama Papers hervorgeht, soll er zwei Monate nach seiner Wahl zum Präsidenten die Firma „Prime Asset Partners Limited“ gegründet haben. Poroschenkos Büro in Kiew hat mittlerweile auf die Enthüllungen reagiert und mitgeteilt, die Gründung sei „Teil eines Prozesses“ gewesen, mit dem sein Vermögen in einen sogenannten Blind Trust überführt werden sollte. Poroschenko selbst habe dabei keine Kenntnisse von den Vorgängen gehabt, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme.

Vorwürfe gegen Vertraute von Putin und Assad

Auf der Liste tauchen – neben Weltfußballer Lionel Messi – auch weitere Vertraute umstrittener politischer Figuren auf. Mit Sergej Roldugin findet sich etwa einer der engsten Vertrauten von Russlands Präsident Putin in der Aufstellung. Dem Musiker wird vorgeworfen, über Offshore-Firmen Einfluss auf Rüstungs- und Medienbetriebe in Russland genommen zu haben. Außerdem finden sich die Namen Hafez und Rami Machluf – sie sind Cousins von Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Aus Europa findet man unter anderem den Vater des britischen Premiers David Cameron, Ian, auf der Liste der Panama Papers. Deutsche Politiker stehen hingegen nicht auf der Liste – allerdings soll angeblich eine Spur zum Wirtschaftsgiganten Siemens führen. Auch sollen, so der Enthüller Georg Mascolo in der ARD, mit Ausnahme der Sparkassen alle deutschen Banken in den Dokumenten auftauchen. „Im großen Umfang“ sei dort Deutschen bei der Steuerhinterziehung geholfen worden.

Beschuldigte Kanzlei wehrt sich

In Panama wehrt sich die beschuldigte Kanzlei unterdessen gegen die Vorwürfe, Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Kanzlei-Teilhaber Ramón Fonseca Mora sagte in einem Fernsehinterview bei TVN, man helfe nicht bei Geldwäsche oder Steuerhinterziehung. Mossack Fonseca gründe lediglich Firmen und verkaufe sie dann an Banken, Vermögensverwalter oder Anwälte. Eine Geschäftsbeziehung zu den Endkunden bestehe nicht. Seine Kanzlei sei seit 40 Jahren im Geschäft und habe bislang fast 240.000 Firmen gegründet, sagte Mora. „Wir kümmern uns um den juristischen Teil und verkaufen sie dann an Zwischenhändler“, erklärte er. Alle Namen, die jetzt in den Veröffentlichungen auftauchten, seien daher keine Kunden der Kanzlei, sondern Kunden der Zwischenhändler. Außerdem erhob Mora schwere Vorwürfe gegen die Enthüllungsplattform. Diese habe die Computer seiner Kanzlei gehackt – „und das ist ein Verbrechen“, betonte der Jurist.

Fraglich bleibt allerdings, welcher normale Steuerzahler eine Briefkastenfirma benötigt.

Ermittlungen laufen

Die Behörden in Panama jedenfalls haben Ermittlungen eingeleitet – und genießen dabei offenbar die volle Rückendeckung durch die Politik. Staatschef Juan Carlos Varela sagte die volle Kooperation seines Landes bei der Aufklärung des Falls zu. „Die panamaische Regierung verfolgt eine Null-Toleranz-Politik in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens, wo nicht mit einem höchsten Maß an Transparenz gearbeitet wird“, hieß es in einer Erklärung des Präsidialamts.

Panama kämpft um sein Image

Das Land kämpft dabei auch um sein Image: Die Regierung bemüht sich seit Längerem, das mittelamerikanische Land als seriösen Finanzplatz zu positionieren. Zuletzt erließ sie eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Gegenzug strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) das Land erst im Februar von der sogenannten „grauen Liste“. Auf ihr werden Staaten geführt, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen hinterherhinken.

Briefkastenfirmen: Nicht strafbar, aber fragwürdig

Aus dem politischen Berlin kommen bislang überwiegend vorsichtige Reaktionen. Der Vize-Chef der Unionsfraktion im Bundestag etwa, Michael Fuchs (CDU),  warnte vor einer voreiligen Skandalisierung. „Es ist nicht illegal, Firmen im Ausland zu gründen oder Geld ins Ausland zu transferieren“, betonte Fuchs in einer Pressemitteilung. Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, erklärte außerdem, der Besitz einer Briefkastenfirma sei „nicht strafbar, aber durchaus fragwürdig“. „Es ist richtig, dass die Bundesregierung die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuervermeidung vorantreibt“, befand Holznagel.

Steuerhinterziehung gilt in der öffentlichen Meinung nicht mehr als Kavaliersdelikt.

Bartholomäus Kalb

Der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Bartholomäus Kalb sagte: „Das durch die Panama Papers zutage getretene Ausmaß an internationaler Steuerhinterziehung und Geldwäsche ist ein Skandal und ein Schlag ins Gesicht für die vielen ehrlichen Steuerzahler. Die Enthüllungen wurden aber auch dadurch motiviert, dass das Klima für Steuerhinterzieher durch zahlreiche regulatorische Aktivitäten weltweit rauer geworden ist und Steuerhinterziehung in der öffentlichen Meinung nicht mehr als Kavaliersdelikt gilt.“ Maßgeblich angetrieben durch den Bundesfinanzminister habe die internationale Zusammenarbeit in der Steuerpolitik durch den Abschluss des Abkommens gegen aggressive Steuergestaltung internationaler Konzerne im vergangenen Oktober einen entscheidenden Durchbruch erreicht. Kalb weiter: „Auch beim automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten haben wir auf internationaler und europäischer Ebene große Fortschritte erzielt. Die jüngsten Enthüllungen zeigen aber, dass noch viel zu tun ist, um die Transparenz im internationalen Finanzsystem weiter zu erhöhen und Steuerschlupflöcher zu schließen. Gleichzeitig machen sie deutlich, dass der Kampf gegen Steuerbetrug und Geldwäsche nur durch eine internationale Zusammenarbeit zu gewinnen ist.“

 (dos/dpa)