Big Ben in London: Die Zeit zum EU-Referendum wird knapp. Bild: H.M.
Camerons Referendum

Die große Wende?

Kommentar Camerons EU-Referendum: Wenn Großbritannien die EU verlässt, haben die Briten viel zu verlieren. Aber die Rest-EU eben auch. Es wird Zeit, dass Brüssel beginnt, darüber nachzudenken.

Nach der britischen Wunderwahl ist vor dem EU-Referendum. Wahlsieger David Cameron will es jetzt vielleicht sogar vorziehen. Zuvor will er mit Brüssel über neue Bedingungen für Großbritannien verhandeln. Brüsseler Eurokraten schütteln darüber gerne den Kopf. Es stimmt, die Briten haben viel zu verlieren, wenn sie gehen. Aber die Rest-EU eben auch, und es wird Zeit, dass Brüssel beginnt, darüber nachzudenken.

Denn da ist einiges: Die EU will weltweit mit politischer und wirtschaftlicher Masse wuchern. Aber wenn Europas zweitgrößte Wirtschaft und Atom- und UN-Vetomacht geht, verliert die EU an Gewicht, dramatisch. Londons EU-Auszug, der Brexit, wäre die große Zäsur – und Wende? – im europäischen Projekt, mitten in vielfacher europäischer Krise.

Die EU – eine kompliziertes schwebendes Mobile aus 28 sehr unterschiedlich schweren Teilen

Frankreich würde einen militärischen und politischen Partner verlieren und in der EU ein Gegengewicht zu Deutschland. Auch andere EU-Länder würden Deutschlands Gewicht in Europa ungemütlicher finden. Und Berlin verlöre einen starken Partner beim Ringen um fiskalische Solidität und wirtschaftliche Vernunft in Europa.

Die EU ist wie ein kompliziertes schwebendes Mobile aus 28 sehr unterschiedlich schweren Teilen. Wenn man da ein großes Mobile-Teil herausschneidet, gerät sofort das ganze Kunstwerk in rettungslose Schieflage. Vielleicht lohnt es darum doch, den Briten zuzuhören und mit ihnen zum EU-Kompromiss zu finden.