Der Beruf des Bäckers und der Bäckerin zählt zu den am wenigsten gefragten Berufen der Ausbildungs-Bewerber. Bild: Imago/Westend61
Ausbildungsmarkt

Lehrlinge verzweifelt gesucht

Mit breiten Informations-Angeboten und höheren Vergütungen wird auch in diesem Jahr versucht, mehr jungen Menschen Ausbildungsberufe schmackhaft zu machen. Denn die hohe Zahl offener Lehrstellen stellt die Betriebe vor immer größere Probleme. Allein In Bayern fehlten den Firmen zuletzt mehr als 10.700 Auszubildende.

Der Bewerbermangel macht es möglich: Die Auszubildenden in Deutschland bekommen deutlich mehr Geld. Bereits zum vierten Mal in Folge wurden 2015 bundesweit die Sätze angehoben – um 3,9 Prozent auf nun durchschnittlich 826 Euro, teilte das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIB) in dieser Woche mit. Als Grund wird neben der boomenden Wirtschaft vor allem das Problem vieler Betriebe genannt, Lehrlinge zu finden.

Arbeitsagenturen vermitteln erfolgreich

An den bayerischen Arbeitsagenturen liegt es nicht, dass sich auch im Freistaat so viele Meister sehnlichst einen „Lehrbuam“ oder ein „Lehrmadl“ wünschen, aber oft leer ausgehen. Die Regionaldirektion zog zuletzt bei den bayernweiten Vermittlungen eine positive Bilanz. Nach eigenen Angaben hatte sie von Oktober 2014 bis September 2015 81.966 Bewerber bei der Suche nach einer Lehrstelle unterstützt. Nur 874 blieben am Ende „unversorgt“. Zum Vergleich: 2014 konnten von 80.866 Bewerbern 1127 nicht an einen Betrieb vermittelt werden. Mit der Zahl der Suchenden stiegen auch die Angebote der Arbeitgeber: Insgesamt 97.017 Stellen hatten sie 2015 der Arbeitsagentur gemeldet, am Ende blieben 10.737 Stellen unbesetzt. Im Jahr davor blieben von 96.244 gemeldeten Stellen 10.130 offen.

Verkaufsberufe und Lebensmittelhandwerk haben es besonders schwer

Die Arbeitsagentur sieht in den Zahlen einen weiteren Beleg dafür, „dass sich der Ausbildungsmarkt zu einem Bewerberangebotsmarkt gedreht hat, auf dem die Jugendlichen grundsätzlich eine größere Auswahl haben“. Trotz der Vielfalt der Branchen würden sich jedoch viele junge Menschen bei ihren Bewerbungen seit Jahren nur auf eine kleine Zahl an Berufen beschränken. Bei Mädchen steht demnach die Kauffrau für Büromanagement ganz oben auf der Wunschliste, bei den Buben ist es der Kfz-Mechatroniker. Verkaufsberufe haben es dagegen schwer, Bewerber zu finden, 2467 Lehrstellen blieben zuletzt unbesetzt. Zu kämpfen haben laut Arbeitsagentur auch das Lebensmittelhandwerk sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe, zu denen Berufe wie Koch, Bäcker oder Metzger zählen. Auch hier waren zuletzt im Freistaat noch 2412 Lehrstellen frei.

In der Oberpfalz haben Bewerber die größte Auswahl

Das Verhältnis zwischen unbesetzten Ausbildungsstellen und unversorgten Bewerbern war zuletzt vor allem in der Oberpfalz sehr gegensätzlich: Einem Bewerber standen dort 50 freie Ausbildungsstellen gegenüber. In Schwaben waren es dagegen rein rechnerisch nur 8,5, in Unterfranken 12,4. In Mittelfranken 9,8, in Oberfranken 11,9, in Niederbayern 27,0 und in Oberbayern 10,5 Stellen pro unversorgtem Bewerber.

Zuwanderung lindert das Problem

Ohne die Zuwanderung hätten die Ausbildungsbetriebe möglicherweise noch weitaus größere Probleme: „Wir sehen bei den ausländischen Bewerbern im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg um 8,3 Prozent, erläuterte der Regionalchef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Markus Schmitz, Ende Oktober. Dies sei auch durch Jugendliche begründet, „die aus Flüchtlingsgebieten kommen“. Sie würden von Anfang an die richtige Unterstützung benötigen, „um sie gesellschaftlich wie arbeitsmarktlich integrieren zu können“, betont Schmitz. Dazu läuft seit September das „Berufliche Übergangsjahr“ an vier bayerischen Berufsschulen in München, Schwandorf und Höchstädt, das vom bayerischen Kultusministerium mit aufgelegt worden ist. In dieser Zeit verbessern die jugendlichen Flüchtlinge laut BA-Regionalchef nicht nur ihr Deutsch und lernen verschiedene Berufsfelder kennen, „sondern auch wie die hiesige Arbeitswelt tickt“.

Ich glaube, in den nächsten zwei Jahren wird es darum gehen müssen, den Wert der dualen Ausbildung wieder deutlicher zu machen – nach dem Motto ,Meister statt Master‘.

Markus Schmitz, Leiter der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit (BA)

Auch bei den übrigen jungen Leuten, die in das Berufsleben starten, setzt Schmitz auf einen „Mentalitätswandel“: „Ich glaube, in den nächsten zwei Jahren wird es darum gehen müssen, den Wert der dualen Ausbildung wieder deutlicher zu machen – nach dem Motto ,Meister statt Master‘“, sagte Schmitz jüngst dem Bayerischen Rundfunk. Die duale Ausbildung sei schließlich keineswegs eine Einbahnstraße: „Wer eine Meisterprüfung hat, kann auch dann wieder in eine Hochschule wechseln.“

Der Mangel an Ausbildungsbewerbern wird für die bayerische Wirtschaft immer mehr zum Dauerzustand. Die fehlenden Azubis von heute sind der Fachkräftemangel von morgen.

Eberhard Sasse, Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK)

Den immer weiter um sich greifenden „Trend zur Akademisierung“ beobachtet auch der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK) mit großer Sorge. Die Zahl der Absolventen der Mittelschulen (frühere Hauptschulen) ist nach Angaben von BIHK-Präsident Eberhard Sasse seit 2005 um 35 Prozent zurückgegangen. Zugleich stieg die Zahl der Abiturienten um 46 Prozent an. „Der Mangel an Ausbildungsbewerbern wird für die bayerische Wirtschaft immer mehr zum Dauerzustand“, beklagt Sasse. „Die fehlenden Azubis von heute sind der Fachkräftemangel von morgen.“

Woche der Ausbildung

Soll ich um jeden Preis studieren oder doch erstmal eine Ausbildung machen? Welche Karrierechancen bietet mir eine Lehre überhaupt? Und schaffe ich auch ohne Schulabschluss den Schritt in einen Ausbildungsberuf? Fragen wie diese werden Jugendlichen in Bayern vom 19. bis 27. Februar in der Woche der Ausbildung beantwortet, zu der die verantwortlichen bayerischen Ministerien, Vertreter von Handwerk, Industrie und Handel, der Wirtschaft sowie der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit einladen. Auftaktveranstaltungen sind am Freitag, 19. Februar, in Ingolstadt, Miesbach, Dachau, Passau, Pfarrkirchen, Regensburg, Weiden, Aschaffenburg, Schweinfurt, Fürth, Gunzenhausen, Bayreuth, Coburg, Günzburg und Kempten. Danach geht es bayernweit mit einer Reihe lokal organisierter Veranstaltungen weiter, zu denen vor allem auch Schulklassen eingeladen sind.