Wie viele Städte verdankt Salzburg seine Gründung und seinen Aufstieg dem Salz. Foto: Salzburg-Touristinfo
Salzhandel

Auf Salz gebaut

Jahrtausende lang war Salz der Motor der europäischen Wirtschaft. Ihm verdanken wir den Ausbau transkontinentaler Handelswege und die Gründung zahlreicher Städte. Vor allem aber hat dieses Würzmittel für 500 Jahre eine Kultur geformt, die eine der künstlerischsten und friedvollsten in der europäischen Geschichte war.

Das Besondere, das Naturbelassene ist der Trend unserer Zeit. Und wenn schon alle Gemüse und Salate bio sind, das Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren stammt und die Kräuter in naturbelassener Erde wachsen, dann sollten auch die Gewürze unbehandelt sein. Prompt überschwemmt seit einigen Monaten ein besonderes Salz die Märkte: Fleur de Sel (dt. „Salzblume“).

Aber was rar ist, ist auch teuer. Und Fleur de Sel ist eine ganz seltene Blume. Denn das teuerste aller Meersalze kann nur an heißen und windigen Tagen als hauchdünne Schicht mit einer Holzschaufel von der Wasseroberfläche abgeschöpft werden. Obwohl oder gerade weil es so mühsam zu gewinnen ist, gibt es wie beim guten Wein verschiedene Geschmacksnuancen, auf die der Gourmet schwört, etwa das „Fleur de Sel de Guerande“  aus der Bretagne oder das „Fleur de Sel de Ile de Re“  oder aus der Camargue das „Fleur de Sel de Camargue“.

Eigentlich stellt das Fleur de Sel die etwa 10.000 Jahre alte Geschichte des Salzes auf den Kopf. Denn begonnen hat der vermutlich Siegeszug dieses Würzmittels ganz anders: An den Küsten der Weltmeere wird heute noch Meersalz gewonnen, wie zu Zeiten der Sumerer und Babylonier, der Maya und Azteken, der Griechen und Perser, der Phönizier und der Römer, der Venezianer und der Osmanen und all der Wirtschaftsdomänen, die darauf folgten. Das geht einfach und war schon immer billig: Meerwasser wird in künstlich angelegte flache Becken oder Teiche, die so genannten Salzgärten, geleitet, wo das Wasser unter der Sonneneinstrahlung verdunstet. Dabei kristallisiert schließlich das Salz aus und kann abgeschöpft werden. 20 Prozent des heutigen weltweiten Salzverbrauchs stammen aus dieser Produktionsquelle.

Aber im Gegensatz zu heute galt Meersalz in seiner langen Geschichte als von minderer Qualität. Denn beim Abschöpfen konnte man Verunreinigungen nicht vermeiden und der Mineralstoffgehalt war beim Trocknen fast gänzlich verloren gegangen. Das reine und mineralhaltige Steinsalz – gefunden in Stollen und Bergstöcken und mühsam herausgebrochen und an die Erdoberfläche gebracht – war hingegen das weiße Gold, das Premium-Salz für Tausende von Jahren.

Es machte zum Beispiel vor fast 3000 Jahren eine Region im heutigen Österreich zum Zentrum der europäischen Welt und prägte eine fast 500jährige Kultur, die durch Kunst und Kultur auffiel und nicht durch Konflikte und Kriege. Diese Hallstadt-Kultur (950-400 v. Chr.) war entstanden, weil man in dem gleichnamigen Ort, sowie den Nachbargemeinden Hallein und Dürrnberg Salz gefunden hatte. Mit der Zeit transportierten die geschäftstüchtigen Salzburger ihren wertvollen Rohstoff über die Alpen bis nach Italien im Süden, Frankreich im Westen, Deutschland im Norden und den Balkan im Osten. Umgekehrt erreichten die neuesten Schmuckkollektionen aus Venedig und Gewürze und Spezereien aus dem Nahen Osten die Villen und vornehmen Ansiedlungen im Salzkammergut.

Angefangen hatte der Reichtum übrigens mit einem Klimawandel. Die Hallstädter wurden zu ihrem Glück gezwungen, weil sie Fleisch nicht mehr lufttrocknen konnten. Das Wetter war nämlich feuchter geworden. Salz musste her, um die Lebensmittel darin einzulegen. In den Bergen fand man es. Und damit begann der Boom. Er endete mit der römischen Besatzung. Die Römer überschwemmten den Markt mit billigem Meersalz.

Eine ähnliche Erfolgsgeschichte spielte sich 2000 Jahre später und gut 1000 Kilometer nördlich ab: In Lüneburg wurde soviel Salz gefunden, dass die Norddeutschen damit die gesamten Ostsee-Anrainer beliefern konnten. Der Bedarf war enorm, weil Hering im Mittelalter im deutschen Binnenland eine begehrte Fastenspeise war. Abgewickelt wurde das Geschäft über das Handelsnetz der Hanse, das den größten Teil Nord- und Westeuropas umfasste. Übrigens war auch damals das Baiensalz, das von der französischen Atlantikküste und der Iberischen Halbinsel geliefert wurde, zwar minderwertig, aber zeitweilig trotz der langen Transportwege billiger.

Dass der Salzhandel die Geschichte Europas prägte, zeigen nicht nur die Beispiele von Hallstadt und Lüneburg, sondern auch die zahllosen Städtenamen , die das keltische Wort „Hall“ für „Salz“ im Wortstamm haben: Uppsala, Brüssel, Salisbury, Versailles, Basel, Halle an der Saale, Hallein, Bad Reichenhall, Hallstadt, Bad Hall, Salzburg, Schwäbisch Hall, Salzgitter, Hansestadt Salzwedel, Bad Salzuflen, Bad Salzdetfurth, Bad Salzelmen, Salzkotten, Schweizerhalle und unzählige mehr. Die prägende Kraft des Salzhandels wird auch deutlich durch die Städtegründungen, die direkt mit ihm zusammenhängen. München zum Beispiel ist nur entstanden (1158), weil Heinrich der Löwe den einträglichen Brückenzoll für die Salztransporte über die Isar nicht mehr dem Bischof von Freising überlassen wollte.

Heute ist der Salzhandel nicht mehr der Motor, der die europäische Wirtschaft am Laufen hält. Er ist einer der vielen global abgewickelten Produktionszweige. Dass Salz aber immer noch unsere Gemüter bewegt, zeigt der Streit zwischen den Vertretern des raffinierten Salzes (Industrie) und den Anhängern des so genannten Ur-Salzes. Speisesalz, so sagen diese letzt genannten Kritiker, sei mit Zusatzstoffen versehen oder durch bestimmte Behandlungsprozesse verunreinigt. Ur-Salz (wie z. B. Himalayasalz) hingegen sei nicht raffiniert und enthalte deswegen mehr gesunde Minerale. Allerdings: So groß kann der Unterschied nicht sein, denn sowohl Ur-Salz als auch raffiniertes Salz besteht zu etwa 98 Prozent aus Natriumchlorid.

Fleur de Sel übrigens auch.

 

Info 1: Salzproduktion

Größter Salzproduzent ist China mit 60 Millionen Tonnen, gefolgt von den USA (inklusive Puerto Rico) mit 44 Millionen und Deutschland mit 20 Millionen Tonnen Salz.

 

Info 2: Museen

Deutsches Salzmuseum
Industriedenkmal Saline Lüneburg
Sülfmeisterstraße 1
21335 Lüneburg

Telefon: (0 41 31) 45 06 5
Telefax: (0 41 31) 45 06 9
E-Mail: info@salzmuseum.de
Kontaktformular

Erlebnisbergwerk Berchtesgaden – Südsalz GmbH Bergwerkstr. 83, D-83471 Berchtesgaden Tel.: + 49 (0) 86 52-60 02-0 Fax: + 49 (0) 86 52-60 02-60 Internet: www.salzzeitreise.de E-Mail: info@salzzeitreise.de