Gesprächsrunde im Landtag (v.l.n.): Ivor Parvanov (vbw Bayern), Peter Saalfrank (IHK Schwaben), Georg Schlagbauer (Präsident BHT), Moderator Thomas Huber (MdL), Dr. Markus Schmitz (Bundesagentur für Arbeit), Christine Moser (Moser Holzbau) und Markus Blume (CSU-Wirtschaftskommission, MdL) Foto: Anne Meßmer
Fachkongress

„Fachkräfte sind Flaschenhals der Wirtschaft“

Die Stärke der deutschen und ganz besonders der bayerischen Wirtschaft gründet seit jeher auf dem Mittelstand. Um diese zu bewahren und weiter auszubauen, werden in allen Bereichen Fachkräfte benötigt - doch woher sollen diese kommen? Dieser Frage stellten sich am Donnerstag die Teilnehmer eines Fachkongresses im Bayerischen Landtag.

Fachkräfte sind heiß begehrt – in ganz Bayern und in allen Branchen. Sie sind der Grundstein des wirtschaftlichen Erfolgs, nicht nur im Freistaat, sondern in der ganzen Bundesrepublik. Doch wie kann es Unternehmen gelingen, junge Menschen für eine duale Ausbildung zu begeistern? Mit dieser Frage setzten sich die Teilnehmer eines Fachkongresses am Donnerstagabend auseinander. Eingeladen hatte die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag.

Bayern übernimmt eine Führungsrolle

In seiner Begrüßungsrede verwies Karl Freller, MdL und stellvertretender Vorsitzender der CSU-Fraktion darauf, dass die Schulen eine wesentliche Rolle in der Fachkräfte-Frage spielen, denn dort werden bereits die Grundlagen für den späteren Berufsweg gelegt. Es gehe darum, die Talente der einzelnen Kinder zu erkennen und entsprechende zu fördern, so Freller.

Die Zahl der Fachkräfte ist der Flaschenhals der Wirtschaft.

Ilse Aigner, bayerische Wirtschaftsministerin

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hob die führende Rolle Bayerns und die besondere Förderung der Fachkräfte hervor: „Wir sind die Nummer eins in Sachen Meisterbafög und das einzige Land mit einem Meisterbonus.“ Der Erfolg sei auch auf die gute Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Kammern, Schulen und den Arbeitsagenturen zurückzuführen. Zudem werde nicht am Fachkräftebedarf der Unternehmen vorbei ausgebildet. „Wir haben ein beispielgebendes System“, lobte Aigner. Vielen Ländern sei Bayern beim Thema Wirtschaft und Fachkräfte ein Vorbild.

Doch sie ließ auch durchblicken, dass die Zukunft ihr ein wenig Sorgen bereitet. Nach aktuellem Stand werden im Jahr 2030 rund 326.000 Fachkräfte fehlen. Davon entfallen lediglich 20.000 auf benötigte Akademiker, der Rest sind Absolventen des dualen Ausbildungssystems.

Keine Gleichmacherei auf europäischer Ebene

Aigner kündigte eine Imagekampagne an, die nicht nur die jungen Menschen für die duale Ausbildung begeistern soll, sondern auch deren Eltern. „Wir haben in manchen Bereichen einen Akademisierungswahn“, so die Wirtschaftsministerin. Es dürfe nicht so enden, wie beispielsweise in Großbritannien, wo es sogar einen „Bachelor of hairdressing“ gebe.

Zudem versprach sie, dass sich die Regierung weiterhin für den Erhalt der bestehenden beruflichen Qualifikationen einsetzen werde. Auch auf europäischer Ebene. „Wir werden auch weiterhin die Angriffe auf den Meisterbrief abwehren“, sagte Aigner. Denn die hohen Standards in Bayern dürften nicht verwässert werden. Aus diesem Grund habe man sich auch gegen eine Angleichung der Qualifikationen innerhalb Europas ausgesprochen. Es werde keine „Gleichmacherei“ geben, denn diese werde nur nach unten führen.

Ein Blick in die Praxis

An drei Beispielen wurde im Anschluss demonstriert, wie einzelne regionale Projekte bei der Ausbildung von Fachkräften wirken können. Zum Beispiel das „Karriereprogramm Handwerk – Vom Campus in den Chefsessel“ der Handwerkskammer Unterfranken. Dabei geht es zum einen darum, das Image der betrieblichen Ausbildung zu verbessern und zum anderen, das Potential von Studienaussteigern zu nutzen und diese für eine duale Ausbildung zu gewinnen

Wir wissen um die Nachwuchs- und Nachfolgeprobleme.

Frank Werth, Geschäftsführer der Handwerkskammer Unterfranken

Ziel des Projektes ist es, kleine und mittelständische Betriebe in der Region bei der bestmöglichen Besetzung der freien Ausbildungsplätze zu unterstützen und auch die Integration ausländischer Fachkräfte zu erleichtern.

Die jungen Menschen sind motiviert und interessiert.

Josefine Steiger, IHK Schwaben

Mit ihren Projekt „Junge Flüchtlinge in Ausbildung“ biete die IHK Schwaben eine Möglichkeit, die Potentiale der Flüchtlinge in Deutschland zu nutzen und ihnen so die Integration zu erleichtern – eine Win-Win-Situation. Mit gezielten Maßnahmen versuchen die Mitarbeiter der IHK, den jungen Flüchtlingen den Zugang zu einem Praktikum oder einer Ausbildung zu erleichtern. Dazu gehört auch der regelmäßige Sprachunterricht, so Josefine Steiger.

Bisher haben 55 Flüchtlinge, die an diesem Projekt teilgenommen haben, im letzten Jahr einen Ausbildungsvertrag erhalten. „Alle sind noch dabei“, so Staiger. Den Erfolg des Projektes führt sie auf die gute Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Berufsschulen und den Bildungsträgern zurück.

Es geht um die Zukunft der bayerischen Wirtschaft

Dass die duale Ausbildung auch eine tolle Möglichkeit für Abiturienten und Realschüler sei, diesem Tenor schloss sich auch der Präsident des Bayerischen Handwerktages, Georg Schlagbauer, an. „Man muss den jungen Menschen diese Möglichkeiten zeigen und ihnen klarmachen, was sie mit ihren Abschlüssen im Handwerk erreichen können“, so Schlagbauer. Bisher sei es immer noch so, das die meisten Auszubildenden aus der Mittelschule kommen. Man müsse also direkt auf die jungen Menschen zugehen.

Ein Thema, das auch am Donnerstagabend nicht ausgeklammert werden konnte, war die aktuelle Flüchtlingskrise und ihre Herausforderungen und Chancen für die bayerische Wirtschaft. Einig waren sich die Vertreter der Unternehmen, Verbände und Bildungsstätten darin, dass man die jungen Flüchtlinge nicht einfach so ohne weiteres in die Betrieb bringen kann. Das braucht Integration und Integration braucht Zeit.

Ein oft schwieriger Punkt ist dabei in vielen Fällen das Bildungsniveau – denn deutsche und ausländische Schul- oder Ausbildungsabschlüsse lassen sich nun mal nicht eins zu eins umrechnen. Zudem brauchen die Unternehmen wirkliche Fachkräfte und keine Hilfsarbeiter.

Wir müssen das inländische und ausländische Potential nutzen.

Dr. Markus Schmitz, Vorsitzender Regionaldirektion Bayern, Bundesagentur für Arbeit

Mit Blick auf die wachsende Internationalität des Arbeitsmarktes verwies Markus Schmitz von der Bundesagentur für Arbeit darauf, dass man bei dieser Diskussion zwischen Flüchtlingen und Zuwanderung unterscheiden müsse. Denn bei der Aufnahme von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt sei Deutschland durchaus erfolgreich.

„Der Arbeitsmarkt wird immer internationaler“, so Schmitz. Dass dies ein Erfolg sei, zeige der bayerische Arbeitsmarkt. Denn jeder Fünfte Zuwanderer, der in Deutschland arbeitet, tue dies in Bayern.

Und auch die Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben dürfen, werden ihren Platz im Arbeitsmarkt finden – nur eben nicht sofort. „Die Flüchtlinge sind die Fachkräfte von übermorgen. Das braucht alles Zeit“, so Markus Schmitz. „Wir bereiten uns auf eine Marathon vor, nicht auf einen Sprint.“

Doch die Flüchtlinge seien bei der Frage nach mehr Fachkräften nur „ein Mosaikstein“, deshalb werde nicht am Geld für die anderen gespart.