Das klang wie ein Versprechen: Weil im nächsten Jahr der Aufbau Ost offiziell endet, soll auch die Sondersteuer namens Solidaritätszuschlag enden. Dafür wird sich Bayerns Finanzminister und künftiger Ministerpräsident des wirtschaftlich stärksten Bundeslandes Markus Söder einsetzen. „Wenn die Aufgabe endet, muss auch die Abgabe enden, muss auch der Soli enden“, forderte Söder als Ehrengast auf dem Neujahrsempfang der Mittelstands-Union der CSU. Vom Argument, dass dann ja wieder einige stärker entlastet würden, lässt sich Söder dabei nicht beeindrucken. Natürlich würden einige mehr entlastet – „weil sie bislang eben auch mehr bezahlt haben“.
Die öffentliche Hand muss endlich lernen, mit dem Geld auszukommen, dass sie hat.
Markus Söder
„Entlastung“ – das ist Söders großes Thema, seit Jahren als Finanzminister. Dass während der Sondierungsgespräche zur Großen Koalition von SPD-Seite Forderungen nach Steuererhöhungen laut wurden, hat ihn mehr als überrascht. Der Staat habe Einnahmen wie nie, warum brauche er dann mehr Steuern? Söder: „Die öffentliche Hand muss endlich lernen, mit dem Geld auszukommen, dass sie hat“. Erst recht, wenn es dem Land und dem Fiskus so gut geht wie aktuell.
Die Steuereinnahmen sprudeln, wie könne die SPD da auch nur an Steuererhöhungen denken – das fragten sich am Donnerstagabend auch die Mittelständler im prall gefüllten Münchner Künstlerhaus in Stachus-Nähe. Der Vorsitzende der Mittelstandsunion der CSU, Hans Michelbach, hatte zum Neujahrsempfang geladen, mehrere hundert Gäste waren seinem Ruf gefolgt.
Regionalisierung der Erbschaftsteuer
Der Staat habe allen Grund dankbar zu sein, wenn Familien- und Firmenvermögen nicht verprasst, sondern von Generation zu Generation weitergegeben und in den Betrieb investiert würde, betonte Markus Söder. Das sei auch einer der Gründe, warum die CSU bei der Erbschaftsteuerreform 2016 so dafür gekämpft habe, dass Unternehmen, die weiter geführt werden und die Arbeitsplätze erhalten, von der Erbschaftssteuer weitgehend verschont bleiben.
Mit Blick auf die Erbschaftssteuer ist Söder weiterhin ein Anhänger des offenen Steuerwettbewerbs, durch die Regionalisierung der Erbschaftssteuer. Denn warum soll bei Steuern, die dem Land zustehen, nicht auch jedes Bundesland frei entscheiden können, wie hoch diese Steuern sind? Bayerns Finanzminister glaubt nicht daran, dass die höchsten Steuersätze auch zu den höchsten Steuereinnahmen führten: „Wenn etwa Baden-Württemberg die höchsten und Bayern die niedrigsten Steuern haben, mal sehen, wer dann am Ende mehr Steuereinnahmen erzielt.“
„Nein” zur Reichensteuer
Jahrelang hat die CSU gegen Steuererhöhungen gekämpft. Mit Blick auf den Mittelstand – und hier besonders den kleinen Mittelstand – lehnt Söder auch die sogenannte „Reichensteuer“ kategorisch ab, das Lieblingsprojekt linker Ideologen. In Bayern träfe eine Reichensteuer vor allem kleine Personengesellschaften. Denn für die sind Unternehmensgewinne zugleich Einkommen und umgekehrt die Einkommensteuern zugleich Unternehmenssteuern. „Die Reichensteuer ist dann eine Substanzsteuer, die aus ideologischen Gründen Mittelständler drangsalieren soll,“ sagt Söder. Das komme für ihn nicht in Frage: „Unsere Mittelständler zahlen ihre Steuern, und dann werden wir sie gewiss nicht drangsalieren, sondern ordentlich behandeln.“
Großes Ziel Bürokratieabbau
Die Einführung des Mindestlohns – die große SPD-Forderung der letzten Großen Koalition – habe zwar zu zusätzlichen Arbeitsplätzen geführt. Aber eben vor allem in der Bürokratie. Auf Grund ausufernder Dokumentationspflichten, die dann von Mitarbeitern des Zolls kontrolliert und erzwungen wurden. Söder: „Ich hätte mir 2015 gewünscht, dass genauso erfolgreich kontrolliert wird, wer mit welchen Pässen nach Deutschland kommt.“
Wir dürfen bei der Entbürokratisierung jetzt nicht alles zurück drehen.
Markus Söder
Seit dem Jahr 2000 wurde ein gutes Drittel der bayerischen Gesetze und Verordnungen gestrichen. Seit 2013 muss für jede neue Vorschrift eine gleichwertige alte wegfallen. Söder selbst hat einmal 150.000 Seiten Vorschriften fernsehwirksam geschreddert. Was, wie er selbst zugibt, in der Realität aber niemand gemerkt habe, weil die Flut an neuen bürokratischen Vorschriften munter weitergehe. Zum Beispiel auf Bundesebene mit den Dokumentationspflichten zum Mindestlohn, die im Haus der damaligen Arbeitsministerin Andrea Nahles entstanden sind. Mit Blick auf die aktuellen GroKo-Koalitionsverhandlungen warnte Söder, bei der Entbürokratisierung jetzt nicht alles zurückzudrehen. Sonst komme die Leistungsfähigkeit des Mittelstandes bald an ihre Grenzen.
Bezahlbarer Wohnraum
Große Aufgaben warten laut Markus Söder auch bei der „neuen sozialen Frage – bezahlbarerer Wohnraum“. Bei der Einführung der Mietpreisbremse habe er sich gefragt, wie viele neue Wohnungen dadurch entstünden. Einfache Antwort: „keine.“ Bei gleichbleibend hohem Zuzug könne es für die Wohnungsnot nur eine Lösung geben: „Das Angebot muss vergrößert werden.“
Wie viele neue Wohnungen bringt die Mietpreisbremse? Keine.
Markus Söder
Der Staat könne dazu beitragen, indem er dafür sorge, dass das viele Kapital, das in Deutschland vorhanden sei, nicht nur in die internationalen Finanzmärkte fließe, sondern auch in den heimischen Immobilienmarkt. Darum möchte die CSU etwa mit einer neuen Eigenheimzulage und einem Bau-Kindergeld insbesondere Familien bei der Schaffung von Wohneigentum unterstützen.
Der Freistaat brauche aber nicht nur Investitionen in Stein, sondern auch in Köpfe, also in Bildung, Technologie und Forschung. Etwa bei der Digitalisierung und der digitalen Infrastruktur. In den vergangenen drei Jahren habe Bayern 35.000 Kilometer Glasfaserkabel verlegt, so Söder – „aber das reicht noch lange nicht“. Jeder Betrieb, jeder Haushalt soll einen Glasfaser-Anschluss erhalten. Zudem müsse in die digitale Bildung investiert werden.
Wir brauchen am Ende eine dritte Startbahn.
Markus Söder
Gestärkt werden soll aber auch Bayerns klassische Infrastruktur – Schienen und Straßen. Mit dem Flughafen München „Franz Josef Strauß“ habe Bayern „einen sensationellen Flughafen, der auch funktioniert“, so der Ministerpräsident in spe in Anspielung auf den neuen Flughafen BER in Berlin. Jetzt müsse der bayerische Flughafen aber auch für die steigenden Flugbewegungen der Zukunft gestärkt werden. „Wir brauchen am Ende eine dritte Startbahn,“ kündigte Markus Söder an.