Die Milchbauern wünschen sich Unterstützung von der Politik. (Bild: LVBM/www.milchland-bayern.de/fkn)
Tag der Milch

Kein Grund zum Feiern

Zum Feiern war am „Tag der Milch“ am Montag dieser Woche den wenigsten Milchbauern zu Mute. Sie stecken in einer neuen Krise: Die Discounter verschleudern das Pfund Butter für 90 Cent, der Liter Milch kostet bei Aldi und Co. derzeit nur etwas mehr als einen halben Euro. Die Landwirte erhalten weniger als 30 Cent.

„Während die Anforderungen der Verbraucher immer höher werden und Milcherzeuger viel Zeit und Geld in das Wohlergehen ihrer Tiere investieren, werden ihre hochwertigen Produkte zu Schleuderpreisen angeboten“, klagt Hans-Jürgen Seufferlein, Geschäftsführer des Verbandes der Milcherzeuger Bayern (VMB). Die Folgen: 1200 Milchviehbetriebe machten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes allein von Mai bis November 2014 deutschlandweit dicht.

Harte Zeiten für die Milchbauern

Insgesamt gibt es in Deutschland derzeit rund 75.000 Milchbauern. Auf sie kommen möglicherweise noch härtere Zeiten zu: Medienberichten zufolge haben erste Molkereien für die kommenden Monate einen Milchpreis von unter 25 Cent angekündigt. Damit hatte kaum jemand rechnen können: 2013 und 2014 sah es noch so aus, als wäre die Welt für die Milchbauern nach den Krisen der jüngeren Vergangenheit in Ordnung. Der Milchpreis lag bei akzeptablen 40 Cent, es gab keinen Grund für Mahnfeuer oder Traktor-Sternfahrten nach Berlin.

Das Ende der europaweiten Milchquote gilt überraschenderweise nicht als unmittelbare Ursache für den Preisverfall. Nach VBM-Angaben hatte sich die Anlieferungsmenge in Deutschland nach dem Quotenende am 1. April 2015 sogar verringert: Im Mai lag die Milchmenge knapp ein Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Stimmung war gut: „Die deutschen Molkereien waren bis in den März hinein zuversichtlich, was die Entwicklung des Milchmarktes angeht“, bestätigt VMB-Geschäftsführer Seufferlein auch mit Blick auf das gute erste Quartal. Doch dann kam der Absturz für den der VMB-Geschäftsführer vor allem zwei norddeutsche Molkereien verantwortlich macht. Von ihnen sei der Preisdruck ausgegangen.

Probleme in ganz Europa

Mit niedrigen Milchpreisen haben derweil alle Landwirte in der EU zu kämpfen. Schon Mitte Mai hatten der europäische Bauernverband Copa und der Genossenschaftsverband Cogeca die EU-Kommission auf die kritische Lage hingewiesen: Die Erzeugerpreise lägen unter den Produktionskosten, es müsse dringend etwas geschehen, hieß es. Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Milch des Verbandes, Mansel Raymond, forderte von Brüssel sogar, sich ernsthaft mit einer Anhebung des EU-Milchinterventionspreises zu befassen.

Deß hofft auf US-Markt

„Für die Landwirte vieler Regionen der EU ist die Milcherzeugung die wichtigste Einkommensquelle. Gerade die deutschen Landwirte sind sehr abhängig von ihren Einnahmen aus der Milchproduktion, denn Deutschland ist der größte Milcherzeuger der EU und der viergrößte weltweit“, erklärte Albert Deß (CSU), agrarpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. In Deutschland versorgen rund 75.000 Milchbauern mit 150 Molkereien die Bevölkerung mit Milcherzeugnissen.

Rund 15 Prozent der in Deutschland hergestellten Milchprodukte werden weltweit exportiert. „Die Milcherzeuger in Deutschland brauchen internationale Absatzmärkte. Gerade wegen des russischen Importstopps für Milchprodukte aus der EU und nach dem Auslaufen der EU-Milchquote ist es notwendig, neue Exportmärkte für unsere Milchprodukte zu erschließen“, forderte Deß. Er hofft daher, daß es gelingt, deutsche Milchprodukte zukünftig besser als bisher auf dem kaufkräftigen US-Markt abzusetzen: „Dazu brauchen wir ein ausgewogenes Handelsabkommen wie TTIP zwischen der EU und den USA, das für beide Seiten berechenbar ist.“ Die EU-Kommission sei grundsätzlich aufgefordert, einen besseren Marktzugang zu Drittstaaten durch ausgewogene bilaterale Handelsabkommen und durch gezielte europäische Absatzförderungsmaßnahmen zu gewährleisten.