Man darf gespannt sein, welches Kaninchen der als Schlichter benannte Schröder aus dem Zylinder zaubert, das den Gordischen Knoten löst. Bekanntlich waren sich der Tengelmann- und der Edeka-Konzern schon vor zwei Jahren einig, dass die Kaiser’s Tengelmann-Filialen mit ihren 15.000 Mitarbeitern als Ganzes an Edeka gehen sollen. Das Kartellamt war dagegen, aber Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erteilte die Ministererlaubnis, gegen die wiederum Rewe und andere Supermarktketten vor Gericht zogen. Mit Erfolg: Seitdem wird verhandelt und gerungen, gepoltert und geschimpft. Immerhin haben Norma und Markant ihre Klagen gegen die Ministererlaubnis mittlerweile zurückgenommen. Medienberichten zufolge wird vermutet, dass dabei auch Geld geflossen ist. Der schärfste Edeka-Rivale Rewe will sich aber nicht mit einem Scheck abspeisen lassen, der Chef Alain Caparros will Kaiser’s Tengelmann-Filialen übernehmen, am liebsten alle.
Eine Lösung wie schon vor eineinhalb Jahren vorgeschlagen?
Nun kommt offenbar ein wenig Bewegung in die zuletzt festgefahrenen Verhandlungen, aber es gebe noch hohe Hürden, hieß es heute aus dem Umfeld der verhandelnden Parteien. Sollte der Altkanzler tatsächlich erreichen, dass der Kuchen jetzt gerecht aufgeteilt wird, dürfte vor allem das Bundeskartellamt allen Beteiligten einen Vogel zeigen: Die Behörde sitzt bei den derzeitigen Verhandlungen auch mit am Tisch und hatte bekanntlich schon vor eineinhalb Jahren Edeka 170 der 400 Tengelmann-Filialen zugestanden. Die übrigen hätten sich Rewe und die anderen Mitbewerber einverleiben können. Zuletzt hatte sich auch der Discounter Lidl aus der Deckung gewagt und Interesse an einzelnen Märkten bekundet.
Rettungspakete mit geringer Haltwertzeit
Womöglich kommt es jetzt tatsächlich dazu und Gerhard Schröder lässt sich einmal mehr als „Retter“ feiern. Blenden lassen sollte sich davon aber besser niemand. Ein Blick in die jüngeren Geschichtsbücher zeigt, dass die vom Altkanzler ausgehandelten „Erfolge“ eine sehr geringe Haltwertzeit haben: So erinnert die Zeitung Die Welt zum Beispiel daran, wie sich der Putinvertraute 1999 als Bundeskanzler für die Rettung des damals größten deutschen Baukonzerns Holzmann feiern ließ. „Liebe Freunde, wir haben es geschafft“, verkündete er den jubelnden Bauarbeitern kurz vor Weihnachten. Drei Jahre später war der Konzern pleite, die 28.000 Mitarbeiter mussten schauen, wo sie bleiben. Ähnlich traurig verlief dem Bericht zufolge Schröders „Rettung“ des Bahntechnik-Werks Halle und der Flugzeugwerft Lemenwerder, die zwei beziehungsweise sechs Jahre später dichtmachten.
Mitarbeiter wieder zwischen Hoffen und Bangen
Die 15.000 Mitarbeiter von Kaiser’s Tengelmann sind jetzt einmal mehr zwischen Hoffen und Bangen, nachdem Tengelmann-Boss Haub die Zerschlagung eigentlich schon so gut wie besiegelt hatte. Der Betriebsrat ist mit den Nerven bald am Ende: „Seit zwei Jahren wird jeden Tag eine andere Sau durchs Dorf getrieben“, klagte jüngst Hubert Hollstein. Schröder hatte er damit (noch) nicht gemeint.