„Unsere Bauern trotzen der Krise auf den Agrarmärkten“, sagte Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner zum Agrarbericht 2016, den er jetzt dem Agrarausschuss des Bayerischen Landtags vorlegte. Das umfangreiche Papier wird im zweijährigen Turnus erstellt und betrachtet die Situation der bayerischen Landwirtschaft jeweils für die zurückliegenden vier Jahre. Erfreulich ist das Papier auch dieses Mal nicht: Das Höfesterben geht weiter, von 2013 bis 2015 haben wieder 2500 Betriebe aufgegeben. Dennoch lassen sich auch einige Lichtblicke aus dem Agrarbericht herauslesen. So ist laut Brunner die Quote der alljährlichen Betriebsaufgaben in den vergangenen vier Jahren von 1,5 auf 1,1 Prozent gesunken. Selbst der Anteil der Milchbauern, die ihre Milchviehhaltung zugunsten anderer Betriebszweige aufgegeben hätten, sei mit etwa vier Prozent im langjährigen Durchschnitt geblieben. Die Bauern verlieren allerdings weiter an Substanz. Ihr Durchschnittsgewinn sank 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent auf rund 43.100 Euro. Für Investitionen dürfte da nicht viel übriggeblieben sein.
Bauern tragen 14 Prozent am Gesamtumsatz der bayerischen Wirtschaft
Im Durchschnitt ist ein Bauernhof im Freistaat 29,5 Hektar groß, bayernweit wurden zuletzt 109.200 Höfe gezählt. Sie erzielten Umsätze von 156 Milliarden Euro, das sind immerhin 14 Prozent der Gesamtumsätze der bayerischen Wirtschaft. Jeder siebte Arbeitsplatz hängt demnach direkt mit der Land- und Forstwirtschaft zusammen. Bayern ist und bleibt damit das wichtigste deutsche Agrarland: „Eine leistungsfähige Land- und Forstwirtschaft ist der Garant für Wohlstand und Arbeitsplätze im ländlichen Raum“, betont Brunner, der trotz weiter zu erwartender Preisschwankungen optimistisch bleibt. Die Standortbedingungen seien in Bayern günstig, und der Bedarf an Lebensmitteln und Agrarrohstoffen steige beständig, sagte er.
Wir werden unseren Bauern auch künftig Zukunftsperspektiven eröffnen; und zwar unabhängig von Betriebsgröße und Bewirtschaftungsform.
Landwirtschaftsminister Helmut Brunner
Schwerpunkt der bayerischen Agrarpolitik bleibt es dem Minister zufolge, gezielt Familienbetriebe zu stärken – sei es durch passgenaue Förderprogramme, Investitionsanreize, Bildung oder Beratung. „Wir werden unseren Bauern auch künftig Zukunftsperspektiven eröffnen; und zwar unabhängig von Betriebsgröße und Bewirtschaftungsform“, verspricht der Minister. Ziel sei es, eine möglichst große Zahl der Betriebe dauerhaft und flächendeckend zu erhalten, fügte er auch mit Blick auf Attraktivität und Vitalität der ländlichen Räume hinzu. Rund 60 Prozent der Höfe im Freistaat hätten inzwischen ein zweites Standbein: vor allem in der Energieerzeugung, der Direktvermarktung und dem Tourismus.
Ökolandbau immer bedeutender
Eine immer größere Bedeutung kommt der biologischen Landwirtschaft zu. Mit 8100 Ökobetrieben ist der Freistaat bundesweit des bedeutendste Ökoland, betont Brunner einmal mehr. Nach Branchenangaben hat sich die Zahl der Biobetriebe in Bayern seit 1989 verzehnfacht. Damit wirtschaften nun knapp acht Prozent aller Höfe im Freistaat nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus. Die Staatsregierung hatte dazu Anreize geschaffen, indem sie 2013 das Ziel ausgab, den bayerischen Ökolandbau bis 2020 zu verdoppeln. Die Initiative BioRegio Bayern wurde ins Leben gerufen, der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Nahezu 1500 Bauern haben in den vergangenen zwei Jahren wieder ihren Betrieb auf ökologische Landwirtschaft umgestellt.
62 Millionen Euro aus Kulturlandschaftsprogramm
Gefördert wird das über das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP). Ökobauern erhalten daraus pro Hektar Acker- und Grünlandfläche einen jährlichen Zuschuss von 273 Euro, Neueinsteiger während der zweijährigen Umstellungsphase sogar 350 Euro. Gärtnerisch genutzte Flächen bekommen eine Ökoprämie von 468 Euro pro Hektar (während der Umstellung 915 Euro pro Hektar), Dauerkulturen 975 Euro (während der Umstellung 1250 Euro). 2014 wurden über das KULAP 40 Millionen Euro an die Landwirte ausgeschüttet, 2015 waren es nach vorläufigen Berechnungen schon 62 Millionen Euro. 9675 Euro gingen somit im Schnitt zuletzt an jeden Öko-Betrieb. Und KULAP läuft weiter: „Unsere Potenziale sind längst noch nicht ausgeschöpft“, sagte Brunner jüngst mit Blick auf die anhaltend hohe Nachfrage der Verbraucher nach Bio-Lebensmitteln, die den Ökobetrieben Gewinne beschert.
Konventionelle Landwirtschaft muss weitere Einbußen hinnehmen
Viele konventionell wirtschaftenden Landwirte müssen sich dagegen im laufenden Wirtschaftsjahr 2015/2016 auf weitere Einbußen gefasst machen. „In den Betrieben werden die Umsatzerlöse und die Gewinne noch einmal sichtlich zurückgehen, insbesondere in Milchvieh- und Veredelungsbetrieben können auch Eigenkapitalverluste und Liquiditätsprobleme auftreten“, lautet der unerfreuliche Ausblick im Agrarbericht 2016. Prägend für die Gesamtentwicklung in Bayern sei dabei „die negative wirtschaftliche Entwicklung der spezialisierten Milchviehbetriebe“, heißt es.
Direktzahlungen der EU bleiben unerlässlich
Das Landwirtschaftsministerium fordert daher unter anderem, dass die Direktzahlungen der EU an Landwirte bis 2020 verlässlich sein müssen. Die gemeinsame Agrarpolitik brauche überdies auch nach 2020 einen stabilen EU-Finanzrahmen „und eine noch gezieltere Unterstützung der bäuerlichen Strukturen“. In Bayern stehen laut Plan von 2015 bis 2020 jährlich rund eine Milliarde Euro für Direktzahlungen an die Landwirtschaft zur Verfügung. Im Durchschnitt machen sie rund 40 Prozent des Einkommens der bayerischen Betriebe aus. Die Landwirte müssen im Gegenzug Auflagen beim Umweltschutz, der Lebensmittelsicherheit und beim Tierschutz einhalten.