Ifo-Institut: Im Osten sollten mehr starke Zentren wie Dresden gefördert werden. (Bild: Imago/Rainer Weisflog)
Wirtschaftsförderung

Im Osten was Neues

Eigentlich soll die ostdeutsche Wirtschaft irgendwann mit der im Westen gleichziehen. Dresdner Wirtschaftsexperten aber schätzen die Chancen pessimistisch ein. Helfen könnte eine neue Ausrichtung der Wirtschaftsförderung.

Die Dresdner Niederlassung des ifo Instituts hat sich wenige Wochen vor den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin für eine stärkere Wachstumspolitik in Ostdeutschland ausgesprochen. „Schätzungen des ifo Instituts gehen davon aus, dass das jahresdurchschnittliche Wachstum im Zeitraum 2015 bis 2030 nur in Sachsen und Brandenburg in etwa den gesamtdeutschen Durchschnitt erreichen kann. Die übrigen Länder Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern müssen hingegen mit teilweise äußerst niedrigen Wachstumsraten rechnen“, schrieb Forscher Joachim Ragnitz zur Begründung in einem am Mittwoch veröffentlichten Papier.

Investitionen in die Köpfe

Ragnitz verlangte daher, die technische Leistungsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen durch Investitionen in die Köpfe stärker staatlich zu fördern. Die privaten Investitionen der Wirtschaft in Forschung und Entwicklung seien in Ostdeutschland „erschreckend niedrig“.

Erschreckend niedrig.

Joachim Ragnitz, ifo, über die privaten Investitionen im Osten

Dabei seien die Aussichten nicht rosig. Eine Angleichung an die westdeutsche Wirtschaftskraft sei nicht erkennbar. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen lag sie im Osten nach Berechnungen des Ifo-Instituts bei rund drei Viertel des Westens (knapp 77 Prozent) – und das 25 Jahre nach der Wiedervereinigung. Das Bruttoinlandprodukt sei zwischen 2010 und 2015 nur in Sachsen mit durchschnittlich 1,6 Prozent jährlich ebenso stark gewachsen wie in den alten Bundesländern. In Sachsen-Anhalt stagnierte es hingegen nahezu bei 0,1 Prozent. Insgesamt lag das Plus in den ostdeutschen Ländern ohne Berlin demnach bei 1,2 Prozent.

Die Förderpolitik verändern?

Die Länder könnten mit einer aktiveren Förderpolitik gegensteuern, heißt es in der Studie weiter. Da in Zukunft aufgrund der Demografie kaum mit einer steigenden Binnennachfrage gerechnet werden könne, müssten neue Märkte im Ausland erschlossen werden. Hier könne die Wirtschaftspolitik der Länder helfen durch Information und Beratung für exportwillige Unternehmen, durch Kooperationen mit anderen Unternehmen sowie mit Forschungseinrichtungen und Hochschulen, durch Kontaktanbahnung, durch Unternehmerreisen ins Ausland und durch Unterstützung von Messebesuchen. Auch müsste die Arbeitsweise vorhandener Institutionen des Techniktransfers aus den Hochschulen in die Unternehmen professioneller ausgestaltet werden. Insbesondere die Fachhochschulen könnten hier aufgrund ihrer anwendungsnahen Ausrichtung gute Dienste leisten.

Regionale ‚Wachstumspole‘ schaffen.

Wegen des demografischen Wandels werde auch die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen weniger eine Rolle spielen. Vielmehr werde es künftig gerade im Osten zu einem Mangel an Arbeitnehmern kommen. Also sollten sich die Länder daher mehr auf starke Zentren und stark wachsende Branchen fokussieren, statt alle Regionen gleichermaßen zu bedenken: „Zu einer Politik der Konzentration gehört es, regionale ‚Wachstumspole‘ zu schaffen, die Ausstrahleffekte auch auf ihr Umland aussenden können.“ Bislang seien selbst Städte wie Dresden, Leipzig oder Jena weit davon entfernt, diese Rolle in gleicher Weise einzunehmen wie es große Städte in anderen Regionen täten. Als Beispiel für eine gezieltere Förderung nennt Ragnitz Brandenburg. Das Land habe seine Kompetenzfelder und Wachstumszentren abgesteckt, baue dort gezielt die Infrastruktur aus und passte seine Förderrichtlinien entsprechend an. Derzeit habe es aber den Anschein, als hätten sich die Länder mit der wirtschaftlichen Situation weitgehend arrangiert, konstatierte der Studien-Autor und Vize-Chef des Dresdner Instituts, Joachim Ragnitz.

(ifo/dpa)