An Fachkräften mangelt es vor allem in den strukturschwachen Regionen. Die Bundesagentur für Arbeit will dem gezielt entgegensteuern. Foto: Fotolia
Arbeitsplätze

Beunruhigender Fachkräftemangel

Nach jüngsten Prognosen fehlen der deutschen Wirtschaft bis 2030 etwa 5,2 Millionen Fachkräfte. Besonders betroffen sind die strukturschwachen Regionen wie etwa Nordbayern. Dem will die Bundesagentur für Arbeit entgegen wirken. Sie sieht vor allem Potenzial bei Frauen, Älteren, Jugendlichen und Migranten.

Die Agentur für Arbeit will vor allem durch berufliche Weiterbildung mehr Fachkräfte für die Wirtschaft mobilisieren. Potenzial sieht sie bei Frauen, Jugendlichen ohne Berufsausbildung, älteren Beschäftigten und Mi­granten.

Nach jüngsten Prognosen fehlen der deutschen Wirtschaft bis 2030 etwa 5,2 Millionen Fachkräfte. Genau dieser negativen Entwicklung will die Bundesagentur für Arbeit mit einer Reihe von Maßnahmen gegensteuern, versichert Ralf Holtzwart, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit (BA). Besonders betroffen sind nach Holtzwart die strukturschwachen Regionen, etwa Nordbayern. Dort sei, Stichwort Bevölkerungsentwicklung, zwar in einigen Regionen bis 2030 mit einem Schwund von etwa 20 Prozent der Einwohner zu rechnen. Es gebe aber bereits Ansätze, diesen Trend zu stoppen – nämlich genau in den Regionen, in denen die klassischen oberfränkischen Industriezweige der Textil-, Keramik- und Glasverarbeitung einen Verbund mit den nächstgelegenen Hochschulen eingegangen sind. „Hier entwickeln sich neue Zentren der Produktivität“, sagt Holtzwart. „Und dann bleiben sogar die Hochqualifizierten.“

Entscheidend sei jedoch, bisher vernachlässigte Bevölkerungsgruppen an den Fachkräftemarkt heranzuführen. Und das seien die Frauen, die Jugendlichen ohne Berufsausbildung, die älteren Beschäftigten und die Migranten.

Frauen sind das größte Potenzial

Gerade bei den Frauen sieht die BA offenbar das größte Potenzial. Holtzwart: „Wir haben in Oberfranken bei den Frauen eine Beschäftigungsquote von etwa 50 Prozent. Knapp die Hälfte davon in Teilzeitarbeit. Von diesen Teilzeitarbeiter­innen würde die Hälfte nach eigenen Angaben gerne mehr und länger arbeiten.“ Allerdings sei, um dieses gewaltige Potenzial zu erschließen, die Politik gefordert. „Was wir hier brauchen, ist eine arbeitszeitgerechte Betreuung der Kinder, am besten eine Ganztagsbetreuung.“ Das sei keine leichte Aufgabe, weil in Oberfranken keine urbane Struktur vorhanden sei und dadurch die Verkehrsanbindungen in der Regel nicht genügten.

Erhebliches Potenzial sieht die BA auch in den Jugendlichen. „Wenn wir uns vor Augen führen, dass knapp 80 Prozent unserer arbeitslosen Jugendlichen keine Berufsausbildung haben und ein Fünftel der Hauptschüler die Schule ohne Abschluss beendet, dann wissen wir, warum im Handwerk der Nachwuchs fehlt.“ Um dieses Problem zu lösen, sei es sinnvoll, so Holtzwart, den jungen Menschen während der Schulferien durch Praktika die verschiedenen Berufe näher zu bringen. Betriebe seien hier gefordert, mehr an den Schulen für ihre Arbeit zu werben, und auch mehr betriebliche Ausbildung anzubieten.

Ältere Beschäftigte als Fachkräftereserve

Eine weitere Fachkräftereserve sind die älteren Beschäftigten. Diese 50 bis 64-Jährigen machen bereits ein Viertel aller Beschäftigten in Oberfranken aus. „Allerdings liegt die Beschäftigungsquote in dieser Altersgruppe nur bei 45 Prozent“, so Holtzwart. „Da sind also noch deutliche Reserven vorhanden.“ Freilich müssten diese Menschen erst qualifiziert und weitergebildet werden. „Die haben ihre Kenntnisse vor 30 oder 40 Jahren vermittelt bekommen. Da hat sich in der Zwischenzeit vieles weiter entwickelt.“ Zuerst müssten diese Arbeitnehmer beraten und dann altersgerecht ausgebildet werden. „Was wir anstreben, sind kurze Ausbildungsabschnitte mit Zertifizierung.“

Einen Zuwachs an Fachkräften könnte auch der Zuzug von qualifizierten Migranten bringen. Hier ist die Tendenz, so Holtzwart, allerdings negativ. Daher sei es wichtig, die bereits hier lebenden Migranten stärker zu fördern. Drei Viertel der arbeitslos gemeldeten Migranten haben keinen Schulabschluss. Hier bestünde also dringend Fortbildungsbedarf. Auch müssten ausländische Qualifikationen geprüft und anerkannt werden, um nicht höher Qualifizierte zu über­sehen.

Schließlich wagt Holtzwart einen Ausblick in die Zukunft: „Was wir verändern müssen, ist auch unser Denken über Arbeitslosigkeit. Wir müssen die Zeit ohne Arbeit begreifen als eine Phase der Weiterbildung, in der wir uns nachhaltig qualifizieren können.“ Die Bundesagentur für Arbeit als Weiterbildungsinstitut.