In Schieflage geraten: Der Bremer Landesbank sind Schiffsbeteiligungen zum Verhängnis geworden. (Bild: Imago/Rainer Unkel)
Bremer Landesbank

Havarie mit Ansage

Während Bayern sein Landesbank-Schiff längst wieder flottbekommen hat, muss im Norden der Republik ein Institut aus höchster Seenot gerettet werden. Die Bremer Landesbank (BLB) hatte offenbar in der Vergangenheit gezockt, was das Zeug hält und bekommt nun die Quittung dafür. Das legen zumindest Medienberichte nahe. Jetzt soll die NordLB einspringen.

Der seinerzeit ebenfalls an der Weser lebende Baron Münchhausen hätte wohl seine helle Freude an den Worten von Stephan-Andreas Kaulvers gehabt: „Wir machen kein Geschäft, das wir nicht inhaltlich und vom Risiko her vollständig verstehen“, sagte der Chef der Bremer Landesbank einmal. Er zählte sein Haus seit jeher zu den Ehrbaren der Banken-Branche. Und die Rot-Grüne Landesregierung klopfte dem Instituts-Chef auf die Schulter. Recherchen der ARD zeichnen nun ein anderes Bild. Auf ihrem Portal tagesschau.de holt sie zu einem Rundumschlag gegen das Management der Bank und die Politik des Landes Bremen aus.

Brave Bürgerbank mit Hang zum Zocken?

„Nach außen brave Bürgerbank, im Hintergrund Zockereien mit ,finanziellen Massenvernichtungswaffen‘“, fasst der Sender seine Recherchen zusammen. In dem Bericht bekommt auch der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel sein Fett weg, der sich in der Vergangenheit als „Marxist“ nicht gerade als Freund der Banken hervorgetan hatte. Die BLB aber hielt der Professor für eine „sehr effektive, sehr gute Bank“. Sie habe nie krumme Geschäfte gemacht.

Gefährliche Papiere im Portfolio

Verboten waren die Geschäfte zwar nicht, dafür aber hoch spekulativ. So handelte die BLB laut ARD lange Zeit mit sogenannten Credit Default Swaps (CDS), die Starinvestor Warren Buffett einst als „finanzielle Massenvernichtungswaffen“ bezeichnet hatte. Es sind Papiere für Kreditausfallversicherungen. Von ihnen hatte die BLB laut ARD-Recherchen zwischen 2006 und 2010 durchgehend Bestände in Höhe von drei bis vier Milliarden Euro gebunkert. Dennoch soll Kaulvers anlässlich der Bilanz-Pressekonferenz im Jahr 2009 betont haben, dass die BLB kein Geld in riskante internationale Investments gesteckt habe. Wie sich herausstellen sollte, was das eine höchst kühne Bemerkung.

Schiffsbeteiligungen führen zum Niedergang

Dem ARD-Bericht zufolge hatte die Landesbank dabei noch Glück. Das CDS-Geschäft bescherte ihr zwar Verluste, die Bombe platzte aber nicht. Für den Niedergang waren letztlich Schiffsfinanzierungen verantwortlich. Ende 2015 machten sie demnach mehr als das Fünffache des bilanziellen Eigenkapitals aus. Das klingt nicht nur gefährlich, das ist es auch: In einem Interview mit dem Weser-Kurier musste der BLB-Chef jetzt einräumen, dass rund die Hälfte des Schiffsportfolios „leistungsgestört“ sei. Das seien Schiffe, „die ihre volle Zins- und Tilgungsleistung nicht mehr erbringen können“. Dazu zitiert die ARD einen früheren Manager der Bremer Landesbank mit den Worten: „Das war intern lange bekannt. Trotzdem gab sich die Bank der Illusion hin, die Kredite würden eines Tages zurückgezahlt.“ Ein anderer „Insider“ erklärte dem Sender, dass zuletzt „vor allem das Prinzip Hoffnung“ regiert habe. Den noch Mitte April vermeldeten Gewinn und eine „Stärkung“ der Substanz bezeichnete er als „reine Augenwischerei“.

Grüne Aufsichtsratschefin weist Mahnung von Ratingagentur zurück

Die Politik in Bremen ließ sich schon früher gerne von der Bank besänftigen. So nahm die grüne Bremer Finanzsenatorin und BLB-Aufsichtsratschefin Karoline Linnert die Landesbank gegenüber der Ratingagentur Moody’s in Schutz. Die Agentur hatte die BLB mit Verweis auf die CDS-Papiere und die Schiffsbeteiligungen auf den höchst unerfreulichen Wert C- herabgestuft. Die Grünen-Politikerin soll damals allen Ernstes gesagt haben, dass die Bank für ihre „seriöse Geschäftspolitik abgestraft“ werde. Und die Bremer Politik zögerte dann auch nicht lange, als die Landesbank 2012 auf Drängen der europäischen Finanzaufsicht mit 480 Millionen Euro Eigenkapital versorgt werden musste.

Wenn sie nicht zurücktritt, dann, glaube ich, wird die Aufarbeitung in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zwingend sein.

CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp zur Rolle der grünen Finanzsenatorin

Zum Überleben braucht das Institut nun erneut viel Geld, es fehlen angeblich 400 Millionen Euro. An der Weser fliegen die Fetzen, die Opposition fordert lautstark den Rücktritt der grünen Finanzsenatorin Linnert. „Wenn sie nicht zurücktritt dann, glaube ich, wird die Aufarbeitung in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zwingend sein“, sagt CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp. In dem Ausschuss soll geklärt werden, wie es zu der Schieflage der Bank kommen konnte.

Dass die BLB unter den Schirm der NordLB schlüpfen wird, ist derweil so gut wie sicher. Offen ist nur, in welcher Form das geschehen wird. Laut Medienberichten hält die NordLB bereits 55 Prozent der Anteile der Bremer Landesbank, das Land Bremen 41 Prozent. Vier Prozent der BLB gehören dem Sparkassenverband Niedersachsen. Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD) gab im Handelsblatt bereits die Marschrichtung vor: Entweder übernehme die NordLB die Anteile des Landes für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag, oder Bremen erhalte einen Anteil von sechs bis sieben Prozent am Konzern, sagte Schneider, der zugleich Aufsichtsratschef der NordLB und Aufsichtsratsmitglied der BLB ist. „Die Bremer Landesbank muss vollständig unter das Dach der NordLB. Nur so können wir die Risikotragfähigkeit der Bank sicherstellen“, machte er klar.