Was löst Warten in mir aus? Wie gehe ich mit meiner Zeit um? Jeder kennt das Gefühl, das sich jedoch – je nach Situation des Wartens – immer wieder neu darstellt. Dabei ist auch klar: Das Warten verfügt über verschiedenste Facetten und impliziert zahlreiche Aspekte – wie das romantische Warten, das ungewisse Warten, das sehnsuchtsvolle Warten, das endlose Warten, das kontrollierte Warten, das Warten in den verschiedenen Lebensphasen, das Endzeit-Warten, das entschleunigende Warten, das politische Warten und das Warten, auf dass Wünsche in Erfüllung gehen.
Zehn Künstler, zehn Herangehensweisen
So unterschiedlich wie das Warten ist, sind auch die Herangehensweisen der zehn ebenfalls komplett unterschiedlichen Künstler, die für die Ausstellung am Münchner Bahnhof zu diesem Thema Arbeiten angefertigt haben. Zehn vollkommen verschiedene Installationen sind auf diese Weise entstanden, die von Video-Streams über Kunstwerke und geschichtlich aufgearbeitete dokumentarische Einblicke bis hin zu Performances und einer sogar eigens für das Projekt produzierten kostenlosen App reichen. Letztere bietet Hörstücke über das Thema „Warten“ sowie Anregungen, wie die Wartezeit – und das als App nicht nur auf den Bahnhof München beschränkt – effektiv genutzt werden kann.
Damit offenbaren die zehn Künstler mit ihren Werken – quer über den Münchner Bahnhof verteilt – zugleich einen weiteren Aspekt des Themas: Warten kann kreativ sein – ein Lernprozess, der die Sinne für die Wahrnehmung des eigenen Ichs und der räumlichen Umgebung sensibilisiert. Zeit kann dadurch neu und anders erfahrbar werden – und das besonders auch vor dem Hintergrund der momentanen schnelllebigen Zeit, in der die effiziente Nutzung von Zeit im Zentrum des Lebens und Arbeitens steht.
Mittlerweile das 13. „RischArt_Projekt“
Das war auch der Grund, warum die Initiatoren der Ausstellung, die Münchner Bäcker Gerhard und Magnus Müller-Rischart, sich bei ihrem mittlerweile 13. „RischArt_Projekt“ dieses Themas annahmen. Als Inhaber einer Münchner Bäckerei-Kette wissen sie um die Um-, Ein- und Aussteigeplätze als Orte des Wartens – und auch des Einkaufens, und das auch aus der Perspektive der dort beruflich tätigen Menschen, wie Kuratorin Katharina Keller weiß: „Auch die Menschen, die hier arbeiten, warten – zum Beispiel auf Kundschaft.“ Zusammen mit Keller sind Vater und Sohn Müller-Rischart mittlerweile ein eingespieltes Team beim Umsetzen ihrer ungewöhnlichen Kunstförderinitiativen im öffentlichen Raum.
Unter dem Signet „RischArt“ regt Gerhard Müller-Rischart seit 1983 Künstler an, Kunst unter neuen Rahmenbedingungen in die Öffentlichkeit zu bringen. Entstanden war die Idee zur 100-Jahr-Feier des Bäckereibetriebs, für die begleitend ein Kunstprojekt geschaffen wurde. Inzwischen sind die Projekte Teil des kulturellen Lebens in München. 2008 erhielt Gerhard Müller-Rischart dafür vom Oberbürgermeister der Stadt die Medaille „München leuchtet“ in Gold. 2013 bekamen Gerhard und Magnus Müller-Rischart sogar den Deutschen Kulturförderpreis.
13. RischArt_Projekt „WarteZeit“:
Die Ausstellung ist bis 19. Juli täglich von 10-20 Uhr im Hauptbahnhof München zu besuchen und – zum Teil begleitet von Mitarbeitern – interaktiv zu erleben. Die künstlerischen Installationen sind an mehreren Orten des Hauptbahnhofs zu finden. Der zentrale Ausstellungsort ist in der Hauptschalterhalle, wo auch Info-Broschüren aufliegen und Ansprechpartner für Fragen zur Verfügung stehen. Dort ist auch der Treffpunkt für die Kuratoren-Führung am 12. und 19. Juli um 11 Uhr.