105 Zeichnungen Dalis illustrieren Bibelstellen aus dem Alten und Neuen Testament. (Bild: Münchner Künstlerhaus)
Ausstellung

Entdeckungsreise mit Dali

Surrealistische Zeichnungen, Rock, Tanz, dazu Stoff aus Altem und Neuem Testament - wie das zusammen passt, zeigt das Münchner Künstlerhaus mit der Ausstellung "Biblia Sacra" von Salvador Dali, begleitet von einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm.

Ein Leben lang spielte Salvador Dali der Welt den Exzentriker vor. Inszenierte sich als eine Art lebende Karikatur mit hochgezwirbeltem Schnurrbart. Er lebte an der Grenze des Wahnsinns, nahm die Rolle des Provokateurs und Tabubrechers ein. Aber Dali hatte auch eine religiöse Seite. Seine Farbgrafiken gelten als bedeutendste Bibel-Illustrationen des 20. Jahrhunderts.

Das Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz präsentiert demnächst 105 Aquarelle und Bleistiftzeichnungen zum Alten und Neuen Testament. Die Ausstellung „Biblia Sacra“ läuft vom 11. Juli bis 3. September. Neben den Bildern finden Betrachter die passenden Bibeltexte. So soll der Besuch der Ausstellung zur Entdeckungsreise werden, dreimal wöchentlich können Interessierte an Führungen teilnehmen. Sie finden beispielsweise Illustrationen zu Pfingsten oder zur Flucht nach Ägypten. Dabei überzeichnet Dali die Wirklichkeit, bis sie Betrachtern völlig fremd vorkommt.

Von Pfingsten und dem Turm zu Babel

So stellen Maler Pfingsten, eines der Hochfeste im katholischen Kirchenjahr, gewöhnlich mit einer Taube dar. Dali hingegen entschied sich für Kleckse wie goldene Zungen, die auf graue Wolken treffen. Die Kreise malte er stellvertretend für die Gesichter der Apostel und nummerierte sie. Das Bild erinnert dabei an eine Explosion.

Auf einem anderen Aquarell, dem Turm zu Babel, zeigt Dali exakt, wie der Bau des Turmes in die Höhe getrieben wird. Die Spitze ist bereits im Himmel verschwunden. Die Architektur, ein löchriger Bau, steht dabei sinnbildlich für die Menschheit, die am Turmbau aufgrund der verschiedenen Kulturen und Sprachen zerbricht.

Auf einer weiteren Zeichnung ist kein Strich zu viel. Der schwungvoll gemalte Reiter – Josua, Nachfolger von Moses, der Sonne und Mond befiehlt anzuhalten – zeichnet sich durch virtuose Linienführung und Sparsamkeit aus. Die Menschen waren fasziniert davon, mit wie wenig Pinselstrichen Dali auskam. Das Bild ähnelt im Gegensatz zu den anderen Illustrationen der Höhlenmalerei.

Bilder im Kopf

Die Ausstellung kann deshalb auch als Resümee all seiner Werke gesehen werden. Der Künstler zeigt, wie Bilder im Kopf mit verschiedenen Macharten visualisiert werden können. Die Zeichnungen fertigte Dali zwischen 1963 und 1965. „In den 1960er Jahren war das schon eine kühne Sache“, sagt Mechtild König-Kugler. Die Kunsthistorikerin führt interessierte Besucher durch die Ausstellung.

Dalis Weg zur Kirche

Als Sohn eines angesehenen Notars in Figueras (Katalonien) am 11. Mai 1904 geboren, erhielt Dali auf der Kunstakademie in Madrid eine solide akademische Ausbildung. Da sein Vater Atheist war, öffnete er sich anfangs weniger der religiösen Seite. Doch als er nach dem zweiten Weltkrieg aus Amerika zurückkehrte, weckte die Hiroshima-Bombe in ihm die Kritikfähigkeit. Immer mehr beschäftigte er sich mit der katholischen Kirche.

Dalis Illustrationen entstanden auf Anregung von Freunden, darunter das Ehepaar Giuseppe und Mara Albaretto aus Turin. Albaretto, ein frommer Mann, der seine eigentliche Bestimmung im Priesteramt sah, fühlte sich zu einer neuen Ausgabe der Bibel berufen und beauftragte seinen engen Freund Salvador Dali, die Illustrationen zu fertigen.

Ein Kulturprogramm, darunter Open-Air-Kino, Tanzdarbietungen und Lesungen, begleitet die Ausstellung im Münchener Künstlerhaus. In der hausinternen Lithografiewerkstatt demonstrieren Experten verschiedene Drucktechniken. Wer Spaß am Handwerk hat, kann in Workshops sowohl eine eigene Lithografie als auch eine Radierung erstellen.

Luther-Thriller zum Jubiläum

Die Dali-Ausstellung „Biblia Sacra“ nehmen die Initiatoren außerdem zum Anlass eine eigens auf das Künstlerhaus zugeschnittene Fassung des Musicals „Luther – Rebell Gottes“ zu zeigen. Der Thesenanschlag des Reformators Martin Luther jährt sich in diesem Jahr zum 500. Mal. Der Komponist Christian Auer und die Autorin Nina Schneider verdichten im Musical das Leben Martin Luthers sowohl mit Stilmitteln der Rockmusik als auch mit kirchenmusikalisch-archaischen Klängen zu einem Thriller. Die Titelrolle spielt Thomas Borchert, Christian Auer tritt als Erzähler auf und der evangelische Pfarrer Hans-Christian Glas beleuchtet den Lebensweg des Mannes, der sich allein gegen alle geltenden Autoritäten wandte und dessen Lehren die Welt für immer verändern sollten. Das Musical wird am 10. und 11. Juli im Festsaal des Künstlerhauses aufgeführt.