Ein städtischer Mitarbeiter desinfiziert vor dem Karneval Toiletten beim berühmten Sambadrome in Rio de Janeiro gegen die Mücke Aedes aegypti, die Viruskrankheiten wie Zika, Dengue, Gelbfieber und Chikunguna überträgt. Bild: Imago/Agencia EFE
Brasilien

Militär gegen Mücken

Das brasilianische Militär will mit einer Großoffensive die Moskitoart "Aedes aegypti" bekämpfen, die den sich rasant ausbreitenden Zika-Virus überträgt. Das Virus wird für schwere Fehlbildungen bei Säuglingen verantwortlich gemacht. Verteidigungsminister Aldo Rebelo betonte am Mittwochabend bei der Vorstellung des Programms: "Wir müssen alle Kräfte des Staates und der Gesellschaft bündeln."

Die gleiche Mücke soll auch Krankheiten wie Gelb- und Denguefieber sowie das Chikungunya-Fieber übertragen. Auch andere Mückenarten können diese Viren verbreiten. Sie wird deshalb auch Denguemücke oder Ägyptische Tigermücke genannt. Die Gelbfiebermücke ist eine 3 bis 4 Millimeter kleine, dunkel gefärbte Stechmücke mit weißen Streifen auf den Beinen und einer weißen Zeichnung auf dem Halsschild, die an eine Leier erinnert. Der Stechrüssel ist schwarz. Sie brüten meist in kleinen Wasserpfützen und auch in Wassertanks. Neben der chemischen Bekämpfung werden in Feldversuchen auch gentechnisch veränderte Mückenmännchen ausgesetzt, die als Virusträger ungeeignet sind oder deren Nachkommen kurz nach der Geburt absterben.

Tausende Soldaten im Einsatz

In 356 Städten und Gemeinden sowie tausenden Schulen soll über die Gefahr aufgeklärt und Moskitos und deren Eiablageplätze vernichtet werden. 160.000 Soldaten, 30.000 Mitglieder der Marine und 30.000 Militärs der Luftwaffe sollen eingesetzt werden. Für die direkte Bekämpfung der Moskitos mit Insektenschutzmitteln sollen rund 50.000 Soldaten eingesetzt werden.

In dem Land gibt es über eine halbe Millionen Infektionen mit dem Virus, der im Verdacht steht, bei der Infizierung von Schwangeren schwere Fehlbildungen bei deren Babys auszulösen.

Bisher wurden in Brasilien seit vergangenem Jahr schon 4180 Fälle von Schädelfehlbildungen (Mikrozephalie) festgestellt, 68 Babys starben bisher. Babys kommen mit zu kleinen Schädeln auf die Welt; geistige Beeinträchtigungen sind die Folge. Das Gesundheitsministerium sieht einen klaren Zusammenhang zu dem zuvor kaum bekannten, ursprünglich aus Afrika stammenden Zika-Virus, der sich schon in über 20 Ländern auf dem amerikanischen Kontinent verbreitet hat. In Brasilien gibt es bereits zwölf Fälle, wo Schwangere, deren Kinder mit Schädelfehlbildungen geboren wurden, sich zuvor mit Zika infiziert hatten. Mikrozephalie führt meist wegen eines zu kleinen Gehirns zu geistiger Behinderung. Vor der starken Ausbreitung galt das Zika-Virus als eher harmlos – Symptome sind leichtes Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Hautrötungen. Auch aus Nicaragua wurden nun die ersten zwei Zika-Fälle gemeldet.

WHO mit Krisensitzung

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) prüft wegen der dramatischen Ausbreitung des mysteriösen Zika-Virus die Ausrufung eines globalen Gesundheitsnotstands. Dazu sei für kommenden Montag eine Krisensitzung internationaler Virusexperten einberufen worden, teilte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan mit. Der Erreger ist schon in 23 Ländern auf dem amerikanischen Kontinent aufgetaucht. Chan sprach von einer „explosionsartigen“ Verbreitung des gerade für schwangere Frauen gefährlichen Zika-Virus.

Möglicherweise gebe es allein in Brasilien bereits 1,5 Millionen Zika-Fälle. In ganz Amerika könnte es ohne energische Gegenmaßnahmen zu 3 bis 4 Millionen Ansteckungen kommen, befürchtet die WHO. Im Fall der Ausrufung eines weltweiten Gesundheitsnotfalls würde die WHO für alle Staaten dringende Maßnahmen zur Vorbeugung von Ansteckungen sowie zur Eindämmung des Zika-Erregers empfehlen. Dazu können Vorsichtsmaßnahmen bei Reisen gehören. Die WHO betonte jedoch, es bestehe kein Grund für Angst oder gar Panik. „Zika ist nicht Ebola“, sagte der zuständige WHO-Direktor und Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten, Marcos Espinal.

Auch Touristen können sich infizieren

Zudem haben sich mehrere aus Lateinamerika zurückgekehrte deutsche Touristen infiziert. Von den bislang bestätigten Zika-Fällen in Deutschland stammt mindestens einer aus Bayern. „Der Patient hatte sich Anfang Januar auf der Insel Martinique aufgehalten und ist mittlerweile bereits wieder genesen“, teilte das Gesundheitsministerium am Donnerstagabend mit. Experten zufolge besteht derzeit im Freistaat keine Gefahr, sich mit dem Virus anzustecken, das sich aktuell in Süd- und Mittelamerika sowie der Karibik ausbreitet. Grund dafür ist, dass die übertragenden Mücken derzeit in Deutschland nicht aktiv sind und keine nachhaltigen Übertragungszyklen aufbauen könnten. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist der Mitteilung des Ministeriums zufolge nur in Ausnahmefällen denkbar. Die Gesellschaft für Virologie sieht aber keine Gefahr für Deutschland. „Es gibt derzeit keinerlei Anzeichen dafür, dass es zukünftig zu einer Übertragung von Zika-Viren über angesiedelte Moskitos in Deutschland kommen wird“, erklärte Christian Drosten. Er leitet an der Universitätsklinik in Bonn das Institut für Virologie. Die Mückenart Aedes aegypti kommt in Deutschland nicht vor.

Angst vor dem Karneval und Olympia

Bisher gibt es keinen Impfstoff, aber viele Unklarheiten. Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff kündigte für nächsten Dienstag ein Krisentreffen der Gesundheitsminister des südamerikanischen Staatenbundes Mercosur an. Vor dem nächste Woche beginnenden Karneval und den Olympischen Spielen im Sommer sollen auch in der Hauptveranstaltungsstätte, dem Sambadrom in Rio de Janeiro, die Moskitos mit Spezialmitteln bekämpft werden, damit keine Gefahr für die Besucher besteht, es werden bis zu eine Million Menschen zum Karneval erwartet.

Das Zika-Virus

ist 1947 erstmals bei einem Affen aus dem Zikawald Ugandas in Afrika festgestellt worden. Es tauchte anschließend vereinzelt auch in Asien auf und dann stärker 2013 in Französisch-Polynesien auf. Aber erst seit 2015 gibt es einen massenhaften Ausbruch, der in Brasilien seinen Anfang nahm und inzwischen ganz Lateinamerika betrifft. In Deutschland wurde laut Robert-Koch-Institut als erstes bei zwei Reiserückkehrern aus Haiti eine Infektionen diagnostiziert. Reisende, die binnen drei Wochen nach der Rückkehr aus einem von Zika betroffenen Land Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen oder Hautrötungen feststellen, sollten laut RKI einen Arzt aufsuchen und auf die Reise hinweisen. Ein Bluttest kann dann definitiven Aufschluss geben.

(dpa/avd)